Der Bund der Illusionisten 1
wir sprachen über andere Dinge. Offensichtlich handelte es sich bei den anderen, von denen Temellin gesprochen hatte, um Sklaven auf der Flucht. Ein Massenexodus von etwa einhundert Karden, die sich in den Schutzhäusern überall in der Stadt versteckt hielten. Wirâ die Magoriâ würden sie in die Sicherheit der Illusion führen.
» Wie lange wird es dauern?«, fragte ich.
» Ein paar Tage. Und bitte, stell mir keine Fragen über die Illusion, denn ich weià nicht, ob ich dir etwas sagen darf.«
Ich deutete auf die Höhle. » Kannst du uns hierüber etwas erzählen? Habt ihr diese Gänge gebaut? Diese Höhle?«
» Ein groÃer Teil davon ist natürlich. Der Rest wurde von den Leuten von Madrinya und den Magori gebaut. Es waren einmal unterirdische Keller und Kühlräume, Lagerräume. Als Madrinya an Tyrans gefallen ist, wurde der unterirdische Teil der Stadt von denjenigen Magori verborgen, die überlebt hatten. Seither benutzen wir ihn.«
Ich versuchte, ihm noch mehr Einzelheiten zu entlocken, aber er lächelte nur und schwieg.
Ganz allmählich tröpfelten die Leute in kleinen Gruppen in die Höhle.
Die gewöhnlichen Karden waren zu sehr mit ihrer eigenen Angst beschäftigt, um sich für uns zu interessieren, aber es waren auch weitere Magori bei ihnen; selbst inmitten so vieler Leute konnte ich sie spüren. Sie kamen zu uns und stellten sich vor. Sie waren freundlich, aber distanziert. Ich sah, wie Pinar mit einigen von ihnen sprach und sie zweifellos davor warnte, Brand oder mir zu trauen.
Und dann machten sie sich alle auf den Wegâ ein Strom von Menschen, die in der Düsternis einem neuen Leben entgegengingen, und wir beide wurden von der Strömung mitgerissen. Da ich auf sie eingestimmt war, spürte ich ihren gedämpften Jubel, ihre unterdrückte Aufregung. » Sie sind so glücklich!«, sagte ich zu Brand. » Ich glaube nicht, dass ich jemals so viel Freude bei so vielen Menschen auf einmal erlebt habe. Esâ es ist beinahe ansteckend.«
Neben mir hob Garis lachend ein kleines Kind hoch, das seiner Mutter zusetzte. » Jetzt nicht, mein Junge«, sagte er und packte sich den Jungen auf seinen Rücken, wo er schlieÃlich mit dem Kopf auf Garisâ Schulter einschlief.
Seine Mutter seufzte erleichtert. » Vielen Dank, Magor«, sagte sie. » Er ist richtig schwierig geworden, seit sein Vater gestorben ist, aber er gehorcht gut, wenn die Anweisungen von einem Mann kommen.« Sie war eine kleine Frau mit muskulösen Armen und Beinen und einem dünnen Rumpf. Sie trug kein Sklavenhalsband, was allerdings auch von den anderen niemand tat.
» Warst du eine Sklavin?«, fragte ich neugierig.
» Oh, ja. Wir beide, mein Mann und ich.« Sie deutete mit einem Daumen auf ihren Sohn. » Und er ist als Sklave geboren. Kommt einem irgendwie falsch vor, dass jemand unfrei geboren werden kann, was? Mein Mann ist als Sklave gestorben, und das ist auch falsch. Er hat in den Ställen des Herrn gearbeitet, wo ihn ein Gorklak aufgespieÃt hat. Es hat drei Wochen gedauert, bis er gestorben ist.« Sie warf Garis einen besorgten Blick zu. » Meine Mutter hat immer von den alten Zeiten gesprochen, als die Magori noch unter uns wandelten. Sie sagte, dass sie Heiler waren. Hättet ihr meinen Mann heilen können, Magor, wenn wir ihn euch hätten bringen können?«
Garis blickte unglücklich drein. » Ich weià es nicht. Wenn die Verletzungen richtig schlimm waren, möglicherweise nicht. Wir verfügen nur über die Fähigkeit, den Heilungsprozess zu beschleunigen. Wir können keine Wunder wirken, weiÃt du. Aber dein Mann wäre nicht unter Schmerzen gestorben.«
Die Frau schüttelte traurig den Kopf. » Es wird gut sein, wenn die Magori wieder über unser Land herrschen. Schiebt es nicht zu sehr raus, Magor. Wir sind es müde zu warten.«
Brand beugte sich zu mir und flüsterte mir etwas ins Ohr. » So viel zu alldem, was Tyrans bietet: Frieden, Handel, Stabilität, Wohlstand. Merke dir, Derya: Freiheit ist das Wichtigste. Die Freiheit zu haben, sich für die eigene Regierung, für die eigene Lebensweise entscheiden zu dürfenâ oder für den Tod.«
Garis, der die letzten Worte mitbekommen hatte, sagte mit unterdrücktem Grimm: » Sie werden sie bekommen, schon bald. Wir sind das Warten ebenfalls leid.«
Ich wollte etwas
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