Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
Dieses erste Treffen war so verheerend gewesen, dass er nicht einmal mehr daran denken wollte. Wie war es nur möglich, dass er alles so vermasselt hatte?
Er hatte es jedoch genossen, bei der Diskussion mit den Stadträten zuzuhören, auch wenn sein Wissen über städtische Finanzierung (das ihm der Oberste Schreiber des Asenius-Kontors eingetrichtert hatte) und städtische Abwasserprobleme (die Teil seines Unterrichts beim Architektur-Gelehrten der Tyranischen Akademie gewesen waren) seinen Vater nicht beeindruckt hatte. Temellin wollte, dass er Magorfähigkeiten besaß.
Und er selbst hatte alles noch viel schwieriger gemacht. Wie sollte er seinem Vater jetzt noch seinen Bruder vorstellen, wenn er ihm gegenüber dessen Existenz regelrecht geleugnet hatte? Und dabei hing möglicherweise so viel davon ab. Was, wenn die Lösung der Probleme der Illusionierer von einer zukünftigen Zusammenarbeit mit den Magori abhing?
Er zog eine Grimasse, vermisste Tarran und wusste, dass sein Bruder irgendwo litt und einen Kampf führte, der niemals zu einem Sieg für die Illusionierer zu führen schien. Jeder Gedanke an seinen Bruder war auf eine Weise schmerzlich, die ihm beinahe das Herz brach. Ein solches Schicksal hatte Tarran nicht verdient.
Als das Klopfen an seiner Tür erklang– es war Eris mit einem Krug warmem Wasser für seine Morgenwäsche–, war er erleichtert. Es war besser, irgendetwas zu tun, als herumzuliegen und nachzudenken.
Jeden Morgen, wenn Ligea aus dem Bett stieg, griff sie als Erstes nach dem Lehmklumpen, den die Illusionierer ihr geschickt hatten. Sie pflegte ihn in der Hand zu halten, bis er seine Gestalt veränderte und sich neu bildete, um zu einer Büste von Temellins Kopf zu werden. Jedes Mal, wenn sie das tat, sah sie eine Darstellung seiner Wirklichkeit. Auf diese Weise konnte sie sich vergewissern, dass er am Leben war und es ihm gut ging. Auf diese Weise konnte sie sich erinnern. Sie betrachtete ihn gewöhnlich einen Moment, während sie an ihn und ihren Sohn dachte.
Und dann legte sie ihn hin und kümmerte sich wieder um ihr Leben.
Als sie ihn an diesem Morgen in den Händen hielt, wirkte Temellin ernst, lächelte nicht und schien beschäftigt.
» Vielleicht ist Arrant noch nicht angekommen«, dachte sie. » Er würde nicht so aussehen, wenn sein Sohn bei ihm wäre, oder?«
Natürlich nicht. Er würde hocherfreut sein. Aber Arrant würde bald eintreffen, und sie würden zusammen sein. Vater und Sohn. » Nicht mehr lange«, flüsterte sie. » Liebe ihn, Tem. Mach es besser als ich.«
6
» Es gibt zwei Arten von Waffenklassen«, erklärte Temellin ihm, während sie nach dem Frühstück zur Magoroth-Akademie gingen. » Die normale, die allen Kriegern offensteht und die sich nicht von der Ausbildung unterscheidet, die du vermutlich in Tyrans gehabt hast, und die Magorschwert-Ausbildung, die du beginnen wirst, sobald du dein Schwert erhalten hast. Einige der Klassen– hauptsächlich die fortgeschritteneren– unterrichtet Firgan, und ein Theuro namens Yetemith kümmert sich um den größten Teil der fortgeschrittenen Anfänger dazwischen. Yetemith ist ein bisschen mürrisch, aber er ist ein sehr guter Lehrer.«
Arrant nickte; er hoffte, dass Firgan an diesem Tag nicht da sein würde. Er hatte nicht vergessen, wie übel sich der Mann bei seiner Begrüßung verhalten hatte, als sie Cabochon an Cabochon gelegt hatten. Er hatte ihn damit erschüttern wollen, und das hatte er auch geschafft. » Verflucht«, murmelte Arrant leise vor sich hin. » Er hat mich dazu gebracht, ihn von Anfang an zu fürchten.«
Als sie auf dem Übungsgelände der Magoroth-Akademie ankamen, trainierten Garis und Yetemith gerade in der Mitte, während die Studenten von den Lehmziegelbänken aus zuschauten, die sich an den Seiten des Platzes befanden. Hohe Wände umgaben den Hof, und die Studenten drängten sich dort, wo eine Mauer Schatten auf die Bänke warf. Köpfe drehten sich zu Arrant um, und es gab gedämpftes Geflüster und ein bisschen Aufregung, bevor die Schüler ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Kampf richteten.
Arrant nutzte die Gelegenheit, um sie unbemerkt zu mustern. Ihm am nächsten saß eine der schönsten jungen Frauen, die er je gesehen hatte. Sie wäre noch attraktiver gewesen, hätte sie nicht angesichts der unzähligen Schweißtropfen, die die beiden Männer bei ihrem unerbittlichen Kampf in die Luft schleuderten, die Nase gerümpft.
» Elvena Korden«, flüsterte Temellin. » Siebzehn Jahre
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