Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung
die Aufmerksamkeit auf den Xeteskianer.
Richmond wich schwer atmend zurück und legte kurz die Hand auf die Schulterwunde im Schwertarm. Hinter ihm zog Alun sich ein Stückchen zurück.
»Na, Rabenkrieger, das stopft dir das große Maul, was?«
Richmond sagte nichts.
»Du hättest nach Hause gehen sollen. Hier gibt es nichts außer dem Tod.«
Richmond wechselte das Schwert in die andere Hand und machte sich bereit. Sein Feind zog, wider Willen beeindruckt, die Augenbrauen hoch. Der Rabenmann wich nach rechts aus, als er hinter sich das Wispern hörte, mit dem ein Schwert aus der Scheide gezogen wurde.
»Bleib weg, Alun, das geht dich nichts an.«
»Doch es geht mich etwas an, sie haben meine Familie entführt.«
»Ach, der hingebungsvolle Vater. Was willst du denn hier?«, spottete der Kämpfer der Schwarzen Schwinge. »Bist du gekommen, um die Leichen abzuholen?«
»Bastard«, knirschte Alun. »Bastard!« Er sprang links an Richmond vorbei. Der Rabenmann reagierte sofort und schnitt dem Kämpfer der Schwarzen Schwinge den Weg zu Alun ab, aber sein Gegner war nicht mehr da. Er hatte geahnt, wie Richmond reagieren würde, und war zur anderen Seite ausgewichen. Jetzt stieß er Richmond das Schwert in die Brust.
Richmond keuchte vor Schmerzen und ging in die Knie, das Metall brannte heiß zwischen seinen Rippen. Der Stahl wurde herausgerissen, und er brach vornüber zusammen. Sein Blut verteilte sich auf Kleidung und Haaren. Er hörte ein kurzes, triumphierendes Lachen, in der Ferne hörte er jemanden rennen, und dann verstummte die Welt um ihn.
Talan stürmte in den Gang, Will folgte dicht hinter ihm. Direkt vor ihnen lag eine Leiche in einer Doppeltür, rechts führte eine Treppe nach oben. Talan hielt inne, um zu lauschen. Er konnte Thraun hören, der offenbar schon im oberen Stockwerk angekommen war. Er runzelte die Stirn. Es war viel zu ruhig, von Richmond und Hirad konnte er überhaupt nichts hören.
»Lasst uns angreifen, angreifen!«, rief er und polterte die Treppe hinauf. Will stimmte in seinen Ruf ein und folgte ihm.
Alun sah, wie Richmond zu Boden ging, dann machte er kehrt und floh auf dem Weg, den er gekommen war. Sein Herz schrie in seiner Brust, er schwitzte am ganzen Körper, und er zitterte. Er war allein in einer Burg voller Stahl und Tod. Im Flur blieb er stehen und war in Versuchung, in die Nacht davonzulaufen. Nein, ganz allein war er nicht. Irgendwo in diesem Haus waren seine Frau und seine Kinder. Er wählte den Weg, der zurück ins Haus führte. Er musste Will finden.
Isman sah lächelnd zu, wie Alun fortlief. Er hätte ihn verfolgt, doch es gab noch andere, die viel dringender seiner Aufmerksamkeit bedurften. Und vorher, so überlegte er sich, sollte er sich möglicherweise auch noch um die Magier kümmern.
Travers torkelte durch die obere Etage, hämmerte unterwegs gegen Türen und schrie, um die Leute zu wecken. Der Lärm, den der Rabe machte, erfüllte seine Burg, und seine Einsamkeit und seine Verfassung beschleunigten seinen Schritt. Er blieb nicht stehen, um sich zu vergewissern, ob die Männer seine Rufe gehört hatten. Dazu war keine Zeit. Sollten die Feinde die Zwillingsjungen als Erste erreichen und sie freilassen, dann würde eines Tages ein Pesthauch über Balaia wehen. Die Söhne einer Magierin – es konnte kaum etwas Schlimmeres geben als dies. Sobald die Jungen tot waren, wurde es auch Zeit, die Zusammenarbeit mit ihrer Mutter zu beenden.
Denser lag auf dem Rücken, als die Katze ihn biss. Er spürte, wie sie Kraft von ihm bezog, und wusste, dass sie sich stärkte, selbst wenn seine Kräfte verebbten. Doch es gab ein Gleichgewicht. Es gab immer einen Ausgleich. Undeutlich nahm er rings um sich Stimmen wahr, mindestens eine davon richtete sich an ihn, doch er konnte nicht antworten. Noch nicht. Mit der rechten Hand streichelte er die Katze, während das Tier sein Blut trank. Sie würden es schaffen, und das Abzeichen des Kommandanten würde ihm gehören. Travers war dem Untergang geweiht. Er lächelte.
Die Katze hatte sich gestärkt und sah ihn mit lodernden Augen an. Ihre Geister verbanden sich, und er sandte ein Bild des Hauptmanns in ihr Bewusstsein. Suche ihn und kehre zurück, sagte er. Bringe ihn zu mir. Du weißt, was du zu tun hast.
Die Katze blinzelte einmal, langsam.
Ich werde auch ohne dich überleben. Geh.
Die Katze war damit zufrieden und gab ein Schnurren von sich, das beinahe schon ein Knurren war, sie entfernte sich
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