Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung
Kollegien
anberaumt worden war. Das Geheimnis von Dawnthief sollte bald ans Licht kommen.
Doch an den Toren von Xetesk gab es Ärger. Eine Menge Ärger.
Will hatte sich kurzerhand geweigert, die Stadt zu betreten, und er wollte keinesfalls neben Denser und dem Hausgeist reiten. Er zitterte immer noch leicht, und seine Nerven hatten sich nicht erholt. Immer noch suchten ihn Alpträume heim, die ihn freilich nicht ganz so sehr plagten wie die grauen Stellen im Haar.
Und Hirad erst. Hirad wollte nicht, dass die beiden Katalysatoren in die Stadt gelangten, doch er hatte noch nicht mit Denser darüber gesprochen. Seiner Ansicht nach brauchten sie ein Unterpfand für die Verhandlungen, und Ilkar stimmte ihm zu.
Denser selbst war ungewöhnlich kurz angebunden. Er brütete über etwas, das er während der Kommunion erfahren hatte.
Ilkar hatte große Angst. Er hatte Xetesk noch nie besucht – was für einen Julatsaner nicht weiter verwunderlich war –, doch er wusste, dass er hinein musste. Das Gleiche galt für Erienne. Was Jandyr und Thraun dachten – Letzterer inzwischen wieder in menschlicher Gestalt, aber sehr müde –, konnte er nur raten. Wahrscheinlich waren sie verwirrt. Und gewiss wünschten sie, sie wären dem Raben nie begegnet. Nur Erienne lächelte, und aus irgendeinem Grund – er wusste nicht recht warum – machte ihm dies Sorgen. Die meiste Zeit ritten sie schweigend und hielten sich auf den Hauptstraßen, da sie nicht mehr verfolgt wurden, doch sie blieben vorsichtig.
Hirad, der lange Zeit schweigend geritten war, den Unbekannten angestarrt und Denser böse Blicke zugeworfen hatte, ließ sich schließlich herab, mit dem Dunklen Magier
zu reden. Ilkar trieb sein Pferd nach vorn, um das Gespräch zu verfolgen.
»… dich noch nicht ganz abgeschrieben, Denser. Ich will nur wissen, wo du stehst.«
»Ich bin nicht sicher, ob ich dir folgen kann.«
»Ich meine damit, ob du dich auf die Seite des Raben oder auf die deiner Meister stellst.«
Denser dachte eine Weile darüber nach. »Wenn du mich das vor einer Woche gefragt hättest, dann hätte ich mich auf der Stelle für Xetesk entschieden. So habe ich empfunden, als wir uns getroffen haben. Aber jetzt kann ich keine klare Antwort mehr geben. Warte – lass mich erklären, bevor du etwas sagst.
Ich glaube, dass Balaia vor einer Katastrophe steht, wenn wir Dawnthief nicht in die Hände bekommen und benutzen, um die Wytchlords zu vernichten. In dieser Hinsicht stimme ich mit meinem Meister darin überein, dass der beste Weg zum Erfolg über den Raben führte und immer noch führt.
Doch was Sol angeht, so haben sie mich in die Irre geführt; sie haben auch dein Vertrauen und deine Überzeugungen verletzt und damit die Erfolgsaussichten erheblich beeinträchtigt. Das kann ich ihnen nicht verzeihen, denn es war eine bewusste Entscheidung, ausgerechnet Sol zu schicken, und ich bin nicht sicher, ob ich ihnen abkaufen kann, dass wir tatsächlich nur versehentlich die Opfer eines Experiments geworden sind.«
»Was willst du damit sagen?«
»Ich will damit sagen, dass irgendjemand womöglich sehr daran interessiert ist, dass ich … dass wir scheitern.«
»Aber …« Hirad verstand gar nichts mehr. »Aber wenn wir scheitern …«
»Nicht alle in Xetesk sind davon überzeugt, dass wir der
Bedrohung durch die Wytchlords mit einem Spruch begegnen müssen, aber alle wollen, dass Dawnthief gefunden wird. Auf dem Berg ist ein Machtkampf im Gange, und wer Dawnthief besitzt, kann ihn für sich entscheiden. Ilkar wird dir sicher gern erklären, dass die meisten Entscheidungen in Xetesk von politischen Intrigen gefärbt sind.«
»Also gut.« Hirad versuchte, es zu durchdenken. Er rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Nase. »Wer hat dich denn nun geschickt?«
»Mein Meister Nyer.«
»Nun, das wäre doch schon einmal ein Anfang, oder?«
»Allerdings«, stimmte Denser zu. »Ich spreche in der Kommunion mit ihm, und er hat mich auch vor möglichen Gefahren in der Stadt gewarnt.«
»Wo ist dann das Problem? Wird er dich nicht beschützen?«
»Es ist möglich, dass er es versucht. Andererseits war er derjenige, der Sol zu uns geschickt hat. Schau mal, ich glaube, wir sollten lieber anhalten und reden, bevor wir weiterreiten.«
Hirad nickte. Sie ritten ein Stück vom Weg ab, und Will brachte den Ofen in Gang.
»Xetesk ist anders als Dordover«, erklärte Denser, als er einen Becher Kaffee in der Hand hatte.
»Das will ich doch hoffen, verdammt
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