Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
Muskeln ab. Er hatte einen Streitkolben dabei. »Meine Mutter liegt dort draußen, und der Gestank ihres verfaulenden Leichnams dringt mir jedes Mal in die Nase, wenn ich Luft hole. Mein Herz ist gebrochen, und doch muss ich hier stehen und zuhören, wie Ihr um Zeit bittet, um Eure eigene elende Haut zu retten.«
»Ich verstehe Eure Schmerzen …«, begann Kerela.
»Ihr versteht überhaupt nichts«, fauchte der Mann. »Wie viele Eurer Familienangehörigen sind bisher gestorben, um die Magier zu beschützen, die Julatsa schon viel zu lange gemästet hat?«
»Und wer hat Euch vor dem Tod durch die Wesmen gerettet?« , fragte Kerela. Barras sah, dass sie sich kaum noch beherrschen konnte. »Es waren die Magier, die sich geopfert haben, damit Ihr Euch hinter die Mauern retten konntet. Bitte glaubt nicht, uns seien unsere Mitbürger egal.«
»Wir sind nicht Eure Mitbürger«, sagte der Mann. Seine Stimme trug weit, denn die Menge schwieg und lauschte aufmerksam dem Wortwechsel. »Und wir verlangen, dass Ihr den Schirm entfernt, damit wir kämpfen können.«
»Wenn die Dordovaner kommen, dann werden wir kämpfen. Und wenn Kards Soldaten die Führung übernehmen, dann könnt Ihr folgen«, sagte Kerela, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass ihre Worte vor den Mauern gehört werden konnten.
»Sie hätten schon vor Tagen eintreffen müssen«, sagte der Mann, dessen Gesicht jetzt rot anlief. »Wie lange sollen wir eigentlich noch diese Lüge schlucken? Entfernt sofort den Schirm.«
»Und wenn ich mich weigere?«
»Dann könnten wir gezwungen sein, selbst ein Opfer zu erbringen.«
Barras’ Herz setzte einen Schlag lang aus, und die Übelkeit, die nach dem grässlichen Anblick draußen vor dem Nordtor entstanden war, nahm noch zu. Er konnte sehen, dass Kerela nicht mit dieser Antwort gerechnet hatte. Er beschloss, sich selbst einzuschalten, und verstärkte die Kraftstimme ein wenig.
»Würdet Ihr wirklich Julatsaner töten, um uns zum Handeln zu zwingen? Würdet Ihr noch mehr Unschuldige ermorden?«
»Keine Unschuldigen. Magier.« Die Menge merkte auf. Offensichtlich waren nicht alle in den Plan eingeweiht, der da vor ihren Augen offenbart wurde. »Nicht alle Magier genießen das gleiche Maß an Schutz wie Ihr.«
»Und was gedenkt Ihr draußen zu tun, wenn wir den Schirm entfernen? Wir sind jetzt schon zu wenige. Wenn wir uns weiter zersplittern, wird uns noch mehr Schaden zugefügt.«
»Julatsa ist Euch egal«, sagte der Mann und erhob die Stimme noch weiter. »Euch geht es nur darum, das da zu erhalten.« Er deutete mit dem Streitkolben auf den Turm, und die Leute begannen wieder zu rufen. »Wie viele müssen
eigentlich noch in dem Ding sterben, das Ihr geschaffen habt, bevor Ihr Dummköpfe bemerkt, was los ist? Wir müssen die Tötungen unterbinden.« Er machte einen Schritt vorwärts und wurde von einem Soldaten zurückgestoßen. Voller Hass hob er den Streitkolben und knallte ihn dem Soldaten auf den Helm. Der Bewaffnete brach zusammen, unter seinem Helm quoll Blut hervor.
Sofort schlug ein anderer Soldat mit dem Schwert zu und traf den Angreifer an der Hüfte. Er schrie auf und stürzte, und die Masse begann zu toben. Die Menschen drängten nach vorn gegen die verzweifelte Verteidigung von Kards gut aufgestellten Truppen. Barras schrie noch einmal, sie sollten sich beruhigen, doch nicht einmal seine verstärkte Stimme konnte den Mob aufhalten. An den Rändern der Menschenmenge gab es ein Gerangel zwischen den Einwohnern und den Kollegwächtern, und eine Gruppe löste sich aus der Menge, um zum Mana-Bad zu rennen, wo viele Magier einquartiert waren.
Das drängendste Problem war buchstäblich die Menge, die von allen Seiten näher kam. Vorläufig blieb noch ein Schritt Platz zwischen ihnen und Kards Männern, deren Schwerter in der Morgendämmerung blitzten. Die Waffen schreckten die Vordersten ab, die nicht den Wunsch hatten zu sterben. Hinter der ersten Reihe bestand dieses Risiko allerdings nicht.
»Schnell«, befahl Kerela. »Alle zusammen. Sonnenlicht. Bestreicht die ganze Umgebung, und dann rennt ihr zum Turm. Kard, schützt Eure Augen, wenn Ihr das Befehlswort hört. Gebt es weiter durch die Reihen.«
»Jawohl, Lady.« Kard ging rasch hinter seinen Männern vorbei und gab den Befehl weiter.
Barras ließ die Kraftstimme fallen und konzentrierte sich auf den neuen Spruch. Es war eine flache Form, und
als er seine Wahrnehmung ins Mana-Spektrum verschob, sah er die gelbe Scheibe an Leuchtkraft
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