Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
hochrangigen Persönlichkeiten eine Vortragsreihe gehalten und einen großen Teil seiner Theorie zur Dimensionsmagie erläutert. Seine Vortragsmanuskripte hatte er dem Kolleg vermacht, das die Veranstaltung ausgerichtet hatte. So etwas sah Septern ähnlich – er war in Dordover geboren, fühlte sich aber keinem Kolleg sonderlich verbunden.
Es war nur schade, dass das ausrichtende Kolleg in diesem Fall Xetesk gewesen war.
»Kann man das glauben?«, sagte Erienne.
»So langsam kann ich verstehen, warum Styliann allein und ohne Hilfe so dringend nach Xetesk wollte«, meinte Denser.
»Glaubst du denn, er weiß von diesen Texten?«
»Ohne jeden Zweifel. Er und Dystran wissen es.«
Die Tür der Bibliothek ging auf, und Ilkar kam herein. Er massierte sich mit beiden Händen den Nacken, um sich zu entspannen. Denser informierte ihn.
»Und der nächste Schritt?«, fragte der Julatsaner kopfschüttelnd. »Was hat Styliann deiner Ansicht nach vor?«
»Er weiß, was wir tun müssen, und ihm ist die Bedeutung der Aufzeichnungen bewusst. Die Tatsache, dass er uns nicht schon in Parve darüber informiert hat, sagt mir vor allem eines. Er will in die Drachendimension mitkommen.«
»Warum?«, fragte Ilkar.
»Tja, möglicherweise traut er uns nicht zu, dass wir die Lösung allein finden. Aber angesichts unserer Fähigkeiten bezweifle ich das. Nein, ich glaube, er ist neugierig, was mir keine Sorgen macht, und er will vermutlich sehen, ob er für sich selbst und Xetesk einen Vorteil herausschlagen kann, und das macht mir durchaus Sorgen.«
»Einen Vorteil herausschlagen?« Erienne glaubte offensichtlich nicht daran.
»Ich sage ja nur, dass er sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen wird, mit den Drachen ein Abkommen zu treffen oder ein paar Garantien auszuhandeln, die Xetesk begünstigen.«
»Aber ohne uns kommt er nicht hin«, wandte Ilkar ein.
»Warum denn nicht?«
»Weil wir beide Schlüssel zu Septerns Werkstatt haben«, erklärte Ilkar. »Deshalb braucht er uns, um in die Drachendimension zu kommen. Offen gestanden bin ich auch recht zuversichtlich, dass die Kaan nicht so ohne weiteres auf seine Forderungen eingehen werden. Ich weiß nicht, ob er wirklich begriffen hat, wie mächtig sie sind.«
»Die Überheblichkeit des Herrn vom Berge kennt keine Grenzen«, sagte Erienne. Denser warf ihr einen scharfen Blick zu, sagte aber nichts.
»Dann nehmen wir ihn mit?«, sagte er.
Ilkar zuckte mit den Achseln. »Ehrlich gesagt, bleibt uns wohl kaum etwas anderes übrig. Ich bin sicher, dass Hirad und der Unbekannte es genauso sehen. Wir müssen zuerst den Riss schließen. Über Stylianns Motive können wir uns hinterher immer noch den Kopf zerbrechen.«
Denser nickte. »In diesem Fall, um auf deine vorherige Frage zurückzukommen, sollte unser nächster Schritt – oder besser mein nächster Schritt – eine Kommunion mit Styliann sein. Da wir einander anscheinend gegenseitig brauchen, sollten wir wenigstens wissen, wo jeder steht.«
»Also gut«, sagte Ilkar. »Und dann wecken wir die anderen und überlegen zusammen, wie wir hier herauskommen.«
»Wie läuft überhaupt die Schlacht?«, fragte Erienne. Jetzt wurde ihnen wieder der Kampflärm draußen bewusst.
»Wie es zu erwarten war. Die Wesmen stoßen gegen die Mauern vor, werden aber von Pfeilen und Sprüchen abgehalten. Ihre Katapultschüsse können wegen unserer Schilde die Mauern nicht erreichen, und bisher haben sie noch nicht versucht, höher zu schießen und das Kolleg selbst zu treffen. Sie wissen, was sie wollen, und das wissen wir auch, aber man kann nichts dagegen tun. Sie warten, bis
die Magier müde werden, darauf läuft es hinaus. Danach können sie dann mit einem ernsthaften Angriff beginnen, und früher oder später werden sie uns überrennen.« Ilkars Gesicht verriet nichts, aber Denser wusste, was in ihm vorging. Er musste zusehen, wie sein Kolleg erobert wurde, und er musste sogar weggehen, bevor es von den Feinden eingenommen wurde.
»Und die Dordovaner?«, fragte Denser.
»Nun ja, sie sind unsere einzige echte Chance. Wir schätzen, dass sie irgendwann morgen früh eintreffen, aber es ist wichtig, dass sie an der richtigen Stelle angreifen. Ihr Angriff ist wohl auch die beste Möglichkeit für uns, unbehelligt hier herauszukommen.« Ilkar hielt inne und kratzte sich am Kopf. »Wie auch immer, ich gehe ins Herz zurück. Erienne, gibt es Neuigkeiten von Thraun?«
»Er ist aufgewacht, schläft jetzt aber wieder. Körperlich ist er
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