Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
gestern gewesen, erinnerte er sich noch genau an den nächsten Wortwechsel.
Sha-Kaan wartete, bis sie fort waren, suchte den Himmel ab, schnüffelte in der Luft nach einer Spur von den Skar und begann zu reden, nachdem er dem nächsten Vestar den Impuls geschickt hatte, ihm aufzuwarten.
»Ich will dir drei Dinge sagen«, erklärte er. »Mein Name ist Sha-Kaan, und ich bin von der Brut Kaan. Deine Welt ist
durch meine Brut nicht gefährdet, und du musst dein Zunge hüten, weil die anderen von meiner Art nicht so nachsichtig sind wie ich.«
»Nachsichtig? Du bringst mich zum Lachen. Du nennst dieses Gemetzel dort nachsichtig?«
»Ich nenne es Überleben«, sagte Sha-Kaan mit der sanften Stimme, die er benutzte, wenn er ängstliche Vestare beruhigen musste.
»Wie kann das Überleben sein? Ihr habt ihre Häuser zerstört, ihre Flügel und Körper verbrannt, bei Tage ihren Himmel verdunkelt. Ich glaube nicht, dass sie einverstanden wären, wenn du ihnen erklärst, dass dies zu eurem Überleben notwendig war. Bis gestern haben sie vermutlich noch nicht einmal etwas von der Brut Kaan gehört.«
»Aber sie hatten von den Skar gehört, und sie dienen den Skar. Aus diesem Grund waren sie unsere Gegner, auch wenn sie es selbst nicht wussten. Dies ist ein Krieg, und sie sind die Verbündeten eines Feindes. Sie haben eine Seite gewählt, die nicht die unsere war.« Wäre Sha-Kaan fähig gewesen, wie ein Mensch die Achseln zu zucken, dann hätte er es in diesem Augenblick getan. Doch er zog nur die knochigen Augenbrauen hoch und sah, wie Septerns Haltung sich ein wenig änderte. Der Magier entspannte sich.
»Aber haben sie, ich meine die Flugmenschen, haben sie vom Krieg gewusst?«
»Die Skar hätten ihnen alles über die Drachen erzählen sollen – und über die Gründe, warum sie auserwählt wurden, den Drachen zu dienen, genau wie du es erfahren sollst.«
»Vielen Dank, das beruhigt mich«, sagte Septern. »Aber sage mir, wie die Flugmenschen den Drachen als Verbündete dienen konnten. Das will mir nicht einleuchten.«
Sha-Kaan hob den Kopf und richtete sich langsam auf.
»Das ist eine Frage, die man nicht so leicht beantworten
kann«, sagte er. »Außerdem sollten wir uns an einen sicheren Ort begeben. Meine Diener werden dir Essen geben und dich begleiten. Ich erwarte dich im Brutland der Kaan.«
»Wer sagt denn, dass ich nicht sofort wieder durch den Riss zurückwill?« Jetzt endlich kam ein Funkeln in Sha-Kaans Augen. Mit einem Atemstoß ohne Feuer warf er Septern von den Beinen.
»Ich sage es«, erwiderte er mit erhobener Stimme. Septern zuckte zusammen und presste die Hände auf die Ohren. Sein Gesicht war bleich, und er hatte Angst. »Du und deine Dimension, ihr könnt für die Kaan sehr wichtig sein. Im Gegenzug können wir euch vor anderen, weniger nachsichtigen Bruten beschützen. Und glaube mir, zerbrechlicher Mensch, eines Tages hätte euch eine andere Brut gefunden, wenn du nicht glücklicherweise mich getroffen hättest.
Ich erwarte dich also im Brutland, und du wirst dort zu den Alten der Kaan sprechen. Die Vestare werden dir helfen, doch sie können deine Sprache nicht verstehen, und du wirst auch ihre Gedanken nicht lesen können. Bis wir uns wieder sehen, solltest du dich beruhigen und deinen Geist öffnen, weil diese Welt viel größer ist, als du es dir vorstellen kannst.«
Damit hatte er die Flügel geöffnet und war davongeflogen. Er spürte Septerns Blicke im Rücken und kämpfte den Impuls nieder, ins Bewusstsein des Mannes einzudringen. Dies war ein großer Mann, daran bestand kein Zweifel. Er verstand die Magie der Dimensionsreisen, er konnte sie kontrollieren, und dies war für die Kaan etwas ungeheuer Wertvolles. Er hatte sich nur einmal umgeschaut und im Flug unter dem Leib hinweg den Kopf nach hinten gedreht. Die Vestare waren schon dort, sie würden ihn beschützen.
Sha-Kaan hatte vor Freude gebrüllt und war zum Brutland geflogen.
9
Kard, Kerela und Barras standen schweigend im Dunst, der in der Morgendämmerung knöcheltief über den Boden kroch. Dicht vor ihnen waberte der Dämonenschirm, durch den gesichtslose hellblaue Phantome schossen. In den dunklen Stunden der Nacht hatte man die Schemen nicht gesehen, doch nun verstärkten sie die ohnehin schon vorhandene Furcht vor dem Schirm. Späher am Nordtor hatten berichtet, dass Senedai sich allein dem Kolleg näherte – durch Straßen, in denen bis vor kurzem noch die Bürger von Julatsa friedlich ihren Geschäften
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