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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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und doch hatte er überlebt, und die Galle in ihrem Hals schmeckte bitter. Sie hatte es damals nicht geschafft, ihn zu töten, und nun war sie in seiner Gewalt.

    Sie sah den Hass in seinen Augen. Einen tiefen, brütenden, schwärenden Hass. Er ging in Wellen von ihm aus. Mehr als sechs Jahre lang hatte er sie verfolgt, dies war nun offensichtlich. Die meiste Zeit über hatte sie in Sicherheit im Kolleg von Dordover gesessen und nicht an ihn gedacht. Warum sollte sie auch? Bei den Göttern, sie hatte ihn doch getötet, oder? Doch da stand er nun vor ihr, ihre Nemesis, er hatte sie ganz und gar in seiner Gewalt, und das war es, was sie wirklich ängstigte. Jetzt waren die Schwarzen Schwingen zum zweiten Mal in der Lage, ihre Familie und ihr Leben auszulöschen, und schon der Gedanke versetzte ihr einen schmerzhaften Stich in der Brust. Sie sah keine Möglichkeit, die Schwarzen Schwingen und vor allem Selik aufzuhalten.
    Welche Chancen hatten sie denn noch? Er würde sie jetzt nicht mehr gehen lassen. Wenn sie sich rundheraus weigerte, verurteilte sie Lyanna und vielleicht ganz Balaia zum Tode. Wenn sie sich ihm fügte, wäre das Ergebnis das gleiche. Sie saß in der Falle und konnte nichts tun, außer auf Zeit zu spielen, während sie die Scharfrichter geradewegs zu ihrem Kind führte. Sie schluckte schwer und war nahe daran, ohnmächtig zusammenzubrechen. Es verschwamm ihr vor Augen, und sie schwankte.
    »Nun?«, quetschte sie heraus.
    »Ich habe nicht die Absicht, sie sterben zu lassen, Erienne.« Er rief einen seiner Männer mit einem Fingerschnippen zu sich und winkte ihn zu einem der gestürzten Elfen, dessen Blutverlust lebensgefährlich schien. »Eine wirkungsvollere Hilfe unter Beteiligung von – wie soll ich es ausdrücken? Unter Beteiligung von magischen Kräften ist jedoch schon unterwegs.«

    »Wie bitte?« Alles stürzte wieder auf Erienne ein. Sie erinnerte sich an die Zeit als Gefangene in der Burg der Schwarzen Schwingen. Sie hatte dort erfahren, dass einige Magier Verrat geübt hatten und den Hexenjägern halfen. Ihr war bei diesem Gedanken übel geworden, und jetzt verstärkte er nur noch ihre Hoffnungslosigkeit.
    Selik lächelte, sein gelähmter Mund verzerrte sich gehässig. »Bewertet es nicht als Verrat, geschätzte Magierin. Seht es als Hilfe. Schließlich wollen wir ja alle dieses Chaos beenden, das die unkontrollierte Magie Eurer Tochter ausgelöst hat.«
    Erienne ging auf ihn los und wollte ihm mit bloßen Händen die Haut vom grässlichen Gesicht kratzen, doch er hielt sie mühelos auf.
    »Rührt sie ja nicht an«, knirschte sie. »Wagt es nicht, ihr irgendetwas anzutun.«
    »Ich? Erienne, Ihr missversteht mich. Ich habe wirklich nicht die Absicht, auch nur ein Härchen auf dem zweifellos hübschen Kopf Eurer Tochter zu krümmen. Auch kein anderer Mann der Schwarzen Schwingen wird ihr etwas tun. Es gibt andere, die wissen, was für die Mana-Kreatur, die Ihr in die Welt gesetzt habt, das Beste ist, und ich will dies gern ihren fähigen Händen überlassen.« Er zog sie nahe an sich, und seine Finger gruben sich tief in ihre Oberarme.
    »Wollt Ihr wissen, warum ich noch lebe? Auch nachdem Euer Spruch mein Fleisch vereist hat? Eure Rabenfreunde haben mich in den Keller geworfen, wo ich mit meinen Gefährten verwesen sollte. Sie hätten mich im Turm verbrennen lassen sollen, wo ich im warmen Blut Eurer Söhne lag.«
    Als ihre Jungs erwähnt wurden, sackte sie innerlich zusammen
und sah das Gemetzel vor sich, als sei es erst gestern gewesen. Die blicklosen Augen, die aufgeschlitzten Kehlen und das rote Blut. Das dunkelrote Blut, das überall war.
    »Nun, ich bin noch nicht fertig mit den Malanvai. Es gibt noch eine, die ich haben will, und das seid Ihr. Und jetzt seid Ihr mein, solange ich beschließe, Euch am Leben zu lassen. Wenn Ihr tot seid, kann ich wieder leben, ohne Euren verfluchten Schatten über mir zu spüren. Denkt darüber nach, Erienne Malanvai, und genießt Eure letzten Tage.«
    Er drehte sich abrupt um. Auf dem Schiff war es still, und sie konnte trotz der Tränen sehen, dass alle sie anstarrten. Ein Gedanke ging ihr immer und immer wieder durch den Kopf. Sie war verloren, doch Lyanna musste überleben.
    »Ihr tut mir Leid, Selik. Ihr seid nichts als ein Lakai für andere, die Euch weit überlegen sind«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Und wenn Ihr Euch jemals an dem Ort blicken lasst, an dem meine Tochter lebt, dann werden die Al-Drechar Euch so leicht auslöschen, wie man

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