Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
hat Wort gehalten, und er hat unsere Hilfe verdient. Ohne ihn wären wir längst gestorben. Entfaltet eure Schwingen, junge Kaan, und lasst uns fliegen. Aber seid vorsichtig. Die Jäger sind überall.«
»Ja, Großer Kaan«, sagten Nos und Hyn.
»Ich führe euch.«
Sha-Kaan bewegte sich ein Stück durch den Choul, um etwas Platz zu haben, damit er seine Schwingen ausbreiten konnte. Es wurde allmählich ein schmerzhafter Vorgang, der nur durch den Kitzel der Jagd auf Beute ausgeglichen wurde. Doch selbst dieses Vergnügen wurde schal. Sha-Kaan war bereits ein alter Drache gewesen, als er in Balaia gestrandet war. Die feindlichen Bedingungen hatten ihn dem Tod erheblich näher gebracht. Doch es bestand noch Hoffnung. Die Al-Drechar konnten helfen. Sie hatten das Wissen und die Macht dazu. Wenn sie überlebten, dann konnte auch er überleben.
Er öffnete den großen Mund, atmete die Luft tief ein und öffnete die Muskeln über den Flammenkanälen. Die Kälte drang in die leeren Hautsäcke ein. Er fragte sich, wie viel frecher die Jäger erst werden würden, wenn sie erfuhren, dass die Drachen ausgetrocknet waren. Damit waren sie in den Augen der Jäger bei weitem nicht mehr so schrecklich, nahm er an. Andererseits, überlegte er, während er seine Klauen untersuchte und die Spitzen seiner riesigen Reißzähne mit der Zunge betastete, andererseits …
Sha-Kaan drehte sich um und beobachtete die beiden Drachen seiner Brut, die ihre müden Flügel bewegten
und die trockenen, knisternden Membranen streckten. Sie waren bereit und würden ihn nicht im Stich lassen.
»Kommt, Kaan. Wir werden hoch und schnell fliegen. Der Himmel soll uns tragen.«
»Der Himmel soll uns tragen«, antworteten die Kaan.
Sha-Kaan ging zum Eingang und sah sich mit scharfen Augen in der Finsternis um. Er sah nichts außer dem glatten, dunklen Fels, den Bäumen, die sich im Sturm beugten, und dem herunterprasselnden Regen.
»Balaia«, knurrte er. »Je eher wir hier verschwinden, desto besser wird es meinen Schuppen gehen.«
Mit einem Brüllen breitete er die Flügel aus, sprang in die Luft und gewann rasch an Höhe. Nos und Hyn-Kaan folgten ihm. Sha-Kaan stieg zum Gipfel auf, unter dem ihr Choul lag, und wartete kreisend auf die Brut.
Unten gab es eine Bewegung. Er bellte eine Warnung und gab den Befehl, schneller zu steigen. In einem dichten Gebüsch konnte er Metall schimmern sehen. Dann kam ein dumpfer Knall, der sogar das Heulen des Windes auf dem Gipfel übertönte. Ein langer Schaft stieg schnell auf, und Hyn-Kaan kreischte, als er seinen linken Flügel durchbohrte. Die Metallspitze schlug durch die Membran, und der Schaft riss das Loch weiter auf, als er hindurchging. Das Projektil flog hoch in die Luft und stürzte wieder zur Erde zurück.
Sha-Kaan brüllte und stürzte auf das Gebüsch hinunter. Die Angreifer waren schon in Verstecke gerannt, doch einer war nicht schnell genug. Der Große Kaan schnappte ihn mit dem Maul und trug ihn hoch in die Luft. Der winzige Körper wand sich verzweifelt zwischen seinen Kiefern. Über dem Gipfel des Berges drehte Sha-Kaan den Kopf herum und nahm den Menschen in die vordere Pranke. Er hielt ihn dicht vor seine Augen.
»Stürze. Wie du meine Kaan stürzen lassen wolltest.«
Sha-Kaan schleuderte die kreischende Gestalt in den Tod und sah nicht einmal nach unten, um den Aufschlag zu beobachten. Dann machte er kehrt und stieg wieder hoch zu Nos und Hyn, die über ihm kreisten.
Hyn hatte Schmerzen, die Wunde war aber nicht gefährlich.
»Willst du immer noch den Menschen helfen?«, sendete Nos.
»Sie sind nicht alle so«, entgegnete Sha-Kaan. »Hyn-Kaan, kehre zum Choul zurück, wenn du die Entfernung, die wir fliegen müssen, nicht schaffst.«
»Sobald wir die höheren Luftschichten erreichen, kann ich gleiten. Dort werde ich so schnell fliegen wie du. Bitte mich nicht zu bleiben, Großer Kaan.«
»Dann folge mir. Dies ist der Flug, der über unser Schicksal entscheidet.«
Brüllend stürzte er sich dem Wind und dem Donner entgegen, stieg hinauf in die Wolken und suchte nach den oberen Luftschichten, die ruhiger waren.
Erienne wachte vor Denser auf, als das erste schwache Morgenlicht durchs Fenster drang. Eigentlich hatte sie kaum geschlafen. Das Schiff war während des Sturms hin und her geschüttelt worden. Das Unwetter tobte immer noch, und seit Jevin sie alle kurz nach dem Abendessen unter Deck gescheucht hatte, lag sie im Dunklen neben ihrem Mann.
Es war seltsam. Komisch
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