Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
»Ich decke die Tür.«
»Gut«, sagte Hirad. »Und wo, zum Teufel, sind Denser und Erienne?«
Lyanna saß am Kopfende des Küchentischs auf einem Stuhl und wirkte schrecklich klein und verängstigt. Erienne hockte neben ihr, streichelte ihr Haar und flüsterte mit ihr, um sie zu beruhigen. Lyanna hielt ihre Puppe fest, und auch wenn sie gelegentlich nickte, wanderten ihre Blicke immer wieder zu den Protektoren, die regungslos in der Küche standen. Denser konnte ihre Angst verstehen.
Von den freundlichen, aber leicht abwesenden Blicken der Al-Drechar verfolgt, gesellte er sich zu Lyanna und Erienne.
»Wie geht es ihr?«, fragte er.
»Geht so«, antwortete Erienne.
Denser beugte sich hinunter und küsste Lyanna auf die Wange. »Du bist hier sicher, verstehst du?«, sagte er.
»Aber ich will bei euch sein«, klagte Lyanna.
»Da draußen ist es gefährlich, meine Liebe«, widersprach Erienne. »Hier drinnen bei Ephy und Clerry und Myra bist du besser aufgehoben, meinst du nicht auch?«
Lyanna sah sich in der Küche um und runzelte die Stirn. »Ich mag die Männer nicht. Warum tragen die Masken? Und warum sagen sie nichts?«
Erienne wandte sich an Denser, der die Augenbrauen hochzog. Es war sicherlich nicht der richtige Augenblick,
einer Fünfjährigen die Berufung der Protektoren zu erklären.
»Sie sind ganz besondere Soldaten und kommen von meinem Kolleg«, sagte Denser. »Mach dir keine Sorgen wegen der Masken, die tragen sie nur, damit sie besser kämpfen können. Sie sind hier, um auf dich aufzupassen.«
Lyanna nickte. »Alles klar.«
»Und jetzt hör genau zu, Liebes«, sagte Erienne. »Es wird hier sehr laut werden, und du wirst viele Schreie hören und Angst bekommen. Aber du darfst uns nicht suchen und zu uns kommen, weil das zu gefährlich für dich wäre. Wir kommen schon zurecht, macht dir unseretwegen keine Sorgen. Wirst du tapfer sein?«
»Ich versuche es«, versprach Lyanna.
»Braves Mädchen«, sagte Denser. »Und wenn du zu viel Angst bekommst, kannst du dich an eine der alten Frauen kuscheln. Sie lieben dich auch.«
Lyanna nickte.
Ein dumpfer Schlag hallte durchs ganze Haus.
»Es geht los«, sagte Denser. Er kniete sich hin und umarmte seine Tochter. »Bis bald.«
»Mach’s gut, Papi«, sagte Lyanna.
Auch Erienne umarmte sie. »Sei ein braves Mädchen und mach, was die maskierten Männer dir sagen, ja?«
Mit einem letzten Blick zu ihrer Tochter verließen sie die Küche und eilten zum Raben.
»Auf meinen Befehl, aber nicht vorher!«, brüllte Vuldaroq, als eine einsame Feuerkugel aufstieg und gegen einen Schild prallte. Er wandte sich an Gorstan, der in Arlen die Magier angeführt hatte. »Ich brauche konzentrierte Sprüche. Zerstört das Haus so weit wie möglich,
aber hört auf, ehe Ihr erschöpft seid, wenn Ihr nichts erreicht. Der gerade geschossen hat, war vielleicht ein Idiot, aber es war aufschlussreich, nicht wahr? Das war kein Schild von irgendeinem Kolleg.«
»Ja, mein Lord.«
»Nun gut, Feuer frei. Aber vergesst nicht, mich zu unterrichten, bevor die Kräfte ganz erschöpft sind. Ich habe noch einen Angriff zu befehligen.«
»War es das schon?«, fragte Hirad. »Ich …«
»Mann«, sagte Ilkar, der sich leicht wiegte. Er hatte beachtliche Bewegungen im Mana gespürt. »Jetzt geht es los.«
Einen Moment herrschte Schweigen, dann brachen die Sprüche über sie herein. Als galoppierte eine Herde riesiger Pferde übers Dach, schlugen die Feuerkugeln in den Schild der Al-Drechar. Überall blitzte es orange, gelb und weiß durch die Spalten in den Barrikaden und im Obstgarten hinter ihnen. Der Schild zischte, als er den Angriff ablenkte, und Hirad zuckte unwillkürlich zusammen. Der Lärm schmerzte in den Ohren, obwohl er die Hände darübergelegt hatte. Der Boden bebte unter seinen Füßen, vor ihm klapperten die Türen, über ihm schepperte der Schiefer auf dem Dach.
Hinter ihm krachten die Feuerkugeln in den ungeschützten Obstgarten, Flammen tanzten über die nassen Bäume, verkochten das Wasser und fanden knisternd und flackernd Nahrung. Hirad trabte zur verbarrikadierten Tür, sah hinaus, konnte keine weiteren Probleme entdecken und kam eilig zurück. Die wortlose Frage des Unbekannten beantwortete er mit hochgerecktem Daumen.
Wieder ein Licht und ein Krachen, als eine einzelne Feuerkugel die Barriere durchdrang und ins Dach schlug.
Sie schauten alle besorgt nach oben, doch der Schild hielt, und der Lärm über ihnen ließ nach, als das magische
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