Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
Angst vor den tiefen Stürzen, die jeder Fehltritt nach sich ziehen konnte. Von Hirad Coldheart war allerdings auch nichts weniger als dies zu erwarten.
Die letzten paar Fuß sprang er herab, und seine Lederstiefel landeten mit einem satten Schmatzen in einer Pfütze. Er schloss Ilkar herzhaft in die Arme.
»Bei den Göttern, es ist schön, dich zu sehen, Ilks«, sagte er. Ilkar zog sich naserümpfend zurück.
»Du hast das Bad noch nicht gebaut, was?«, sagte er. Hirad grinste, dass seine weißen Zähne zwischen den dunklen Bartstoppeln leuchteten.
»Entschuldige, das sind die Felle. Ich habe hier oben keine Möglichkeit, sie zu gerben. In ein paar Tagen bringe ich sie nach Blackthorne, um es dort erledigen zu lassen.«
»Ich glaube nicht, Hirad«, wandte Ilkar ein. Das Strahlen des Barbaren verschwand, und er sah von einem alten Freund zum anderen.
»Dann ist es kein freundschaftlicher Besuch?«, fragte er.
»Bei diesem Wetter?« Ilkar wischte sich die Tropfen aus dem Gesicht.
»Wir erzählen dir alles, wenn du unsere Pferde und die Ausrüstung gefunden hast«, brummte der Unbekannte. »War diese Darbietung wirklich nötig?«
Hirad wurde ernst. »Ich kann kein Risiko eingehen, Unbekannter. Ich konnte nicht erkennen, wer es war, und auch Nos konnte es nicht sehen, solange er nicht nahe dran war. Die Jäger werden immer raffinierter.«
Der Unbekannte nickte. »Das kann warten«, sagte er. »Lass uns zuerst mal aus diesem Regen verschwinden.«
In Dordover brach ein schöner, warmer und sonniger Tag an, der überhaupt nicht zu der Kälte passen wollte, die am Vortag die Stadt gelähmt hatte. Der Duft der spät blühenden Blumen hing über dem Gelände des Kollegs in der Luft, und das Vogelzwitschern erweckte beinahe den Eindruck, es sei Frühling. Doch der Herbst neigte sich dem Ende zu, und Vuldaroq liebte es nicht, um diese Jahreszeit an warmen Tagen ins Schwitzen zu kommen. Er eilte durch den Kreuzgang zum Spiegelsaal, wo gewöhnlich die Würdenträger der anderen Kollegien empfangen wurden, wenn sie zu Besuch kamen. Zufrieden seufzend und mit wehenden Rockschößen betrat er die kühleren Räume.
Der Spiegelsaal war vollständig mit polierten Granitplatten ausgekleidet. In jeder Ecke gab es einen Springbrunnen oder einen Wasserfall, um eine friedliche, ruhige Atmosphäre zu schaffen. Korbstühle standen rings um einen niedrigen Marmortisch, und hinter den Türen, die dem Kreuzgang gegenüberlagen, befand sich der Steingarten. Die Magier liebten diesen Ort wegen der reizend angeordneten Teiche und Pflanzen, doch Vuldaroq hasste ihn, weil er die Sonnenhitze einfing. Heute würde er den Garten nicht betreten.
Im Saal warteten Heryst, der Lordälteste Magier, und General Ry Darrick, der brillante junge General, die gerade erst aus Lystern, dem vierten und kleinsten Kolleg Balaias, eingetroffen waren. Darrick schaute unter seinen hellbraunen Locken ein wenig verdrossen drein und fühlte sich offenbar nicht wohl in seiner Haut. Der groß gewachsene Offizier wechselte hinter dem sitzenden Heryst
von einem Fuß auf den anderen, als wollte er am liebsten gleich wieder das Weite suchen. Drei Becher und ein Krug standen neben einem großen Weidenkorb mit Früchten auf dem niedrigen Tisch.
»Ihr habt Euch aber Zeit gelassen«, sagte Vuldaroq und nahm empört zur Kenntnis, dass Heryst nicht einmal aufstand, als er den Raum betrat.
Heryst lächelte nur. »Es gibt viele Dinge, die meine Aufmerksamkeit in Lystern erfordern. Wir sind so schnell gekommen, wie es möglich war.«
»Schenkt Euch doch etwas Saft ein, Vuldaroq«, bot Darrick an. »Und setzt Euch. Ihr wirkt ein wenig erhitzt.«
Vuldaroq sah Darrick in die Augen. Der General zuckte mit keiner Wimper und schaute den Dordovaner freundlich an, bis dieser nach dem Krug griff.
»Eure Kommunion enthielt nicht viele Einzelheiten«, sagte Heryst. »Ich nehme aber an, Ihr steht vor einem Problem, das Dordover allein nicht lösen kann.«
Vuldaroq ließ sich auf dem Stuhl nieder, der unter seinem beträchtlichen Gewicht warnend knarrte und krachte. Er trank einen großen Schluck von der Mixtur Apfel- und Orangensaft und bemühte sich, wenigstens einen Anschein von Kontrolle über die Situation zu behalten.
»Wie Ihr vielleicht schon wisst, hat das Mädchen Dordover verlassen. Das wäre für sich genommen noch kein Problem, doch sie und ihre Mutter sind verschwunden, und zwar vorsätzlich untergetaucht, und wir haben Grund zu der Annahme, dass die Diener des
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