Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition)
war, während Angus vor allem das wahrnahm, was unmöglich blieb. Natürlich hatte ich ihn seit meiner Rückkehr nicht mehr persönlich unterstützt. Wenn er allein das Material betrachtete, das ihm zur Verfügung stand, hatte er vielleicht sogar einen guten Grund, daran zu zweifeln, dass der Damm jemals vollendet wurde. Aus seiner Sicht war sein Versagen meine Schuld. Wie alles andere auch , dachte ich.
»Ich komme runter und seh es mir an, dann können wir darüber reden«, antwortete ich ihm. Es war im Grunde egal, ob ich heute oder an einem anderen Tag damit begann, meine neuen Ideen für den Damm auszuprobieren. Vielleicht konnte ich den mürrischen Mann sogar aufheitern, auch wenn ich im Grunde nicht daran glaubte.
Einige Stunden später standen wir vor dem Damm, mit dessen Bau mein Vater begonnen hatte. Inzwischen war er von mehr als dreifacher Mannshöhe. An der Basis lagen große, zwei mal zwei Schritt messende Steinblöcke. Darüber folgte eine Schicht kleinerer Steine, die jeweils nur einen halben Schritt maßen. In der Mitte blieb knapp unter der Krone ein Kanal frei, durch den das Wasser ablaufen konnte, damit es nicht übermäßig stieg und den Bau zum Einsturz brachte. Dahinter stand das Wasser schon recht hoch und füllte den schmalen Zugang zum Schäferwinkel von einer Seite bis zur anderen.
»Ich kann nicht höher bauen«, klagte Angus. »Das Fundament ist nicht breit genug, um das Bauwerk zu stützen. Wenn das Wasser weiter steigt, sickert es durch und unterspült das Fundament.«
Ich konnte ihm nicht ganz folgen. »Warum?«
Wieder seufzte Angus. »Es liegt am Druck. Je höher das Wasser steigt, desto stärker wird auch der Druck, vor allem unten am Grund. Und der Mörtel, den Euer Vater benutzt hat, ist für den Bau unter Wasser nicht geeignet. Er laugt jetzt schon aus.«
Der Gedanke, mein Vater könnte einen Fehler gemacht haben, störte mich zwar sehr, aber ich beherrschte mich. »Was ist, wenn das Wasser gefroren ist?«, fragte ich ihn.
»Was meint Ihr damit?«
»Ich könnte das Wasser hinter dem Damm gefrieren lassen«, erklärte ich.
»Es wird sich ausdehnen und die Steine sprengen. Sobald es schmilzt, bricht alles zusammen.« Er sprach, als redete er mit einem Kind.
»Es wird aber nicht schmelzen«, versicherte ich ihm.
»Dort strömt ständig frisches Wasser nach. Es wird dann trotzdem zerstören, was wir aufgebaut haben.«
»Dann lasse ich dieses Wasser ebenfalls gefrieren. Stellt es Euch so vor – ich verwandle das, was sich hinter der Staumauer befindet, in einen Gletscher. Wenn das Wasser steigt, gefriere ich es ebenfalls. Dann müsst Ihr nur noch eine Rückhaltemauer bauen, die gerade eben ausreicht, das neue Wasser festzuhalten, bis ich dies ebenfalls gefrieren kann.«
»Ich würde sagen, das ist … verrückt. Ihr könnt nicht ewig das Wasser gefrieren, und sobald es schmilzt, bricht alles zusammen.« Angus fuchtelte beim Sprechen erregt mit den Armen herum.
Jetzt riss mir der Geduldsfaden. »Das Bauwerk muss doch nicht ewig halten! Ich brauche es nur lange genug, um im Frühling eine verdammte Armee auszuschalten. Versteht Ihr das denn nicht, Angus? Alles andere ist mir egal. Ich will so viele verdammte Leute umbringen wie möglich.«
Sein Gesicht war zunehmend erbleicht, während ich gesprochen hatte. »Wenn dieses Ding bricht, während Männer da oben stehen, werden Leute umkommen, ehe die Armee überhaupt hier angekommen ist.«
»Dann werde ich eben etwas früher zum Mörder«, fauchte ich. »Passt auf.« Ich ging zur Mauer und wählte den größten Stein des Fundaments aus, der in der Mitte das alte Flussbett blockierte. Dort setzte ich die Sprüche ein, die ich Tag für Tag auf die Eisenbomben angewendet hatte, um eine Verzauberung zu erschaffen und Energie im Stein zu speichern. Inzwischen hatte ich mich so an den Ablauf gewöhnt, dass es trotz der Größe des Steins nur ein paar Minuten dauerte. Anschließend veränderte ich die Schutzsprüche, mit denen ich die Wärme speicherte, damit sie die Wärme aus dem Wasser auf der anderen Seite des Steins bezogen. Noch eine leichte Veränderung, damit es schneller ging – und ich setzte die Magie in Gang.
Zuerst geschah gar nichts. Deshalb führte ich Angus auf den Damm, damit wir das Wasser hinter der Mauer beobachten konnten. Zwar war es schwer zu erkennen, doch ganz unten entstand tatsächlich Eis. »Beginnt jetzt, vor dieser hier eine zweite Mauer zu bauen. Sie muss nicht einmal sehr stark sein, nur gerade
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