Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
Vom Netzwerk:
mit den Händen heraus. Das Gestein war morsch, und sobald das erste Stück entfernt war, ging es viel schneller voran. Die ganze Zeit über sprach er mit Sally, versicherte ihr immer wieder, dass alles in Ordnung war und er sie gleich herausholen würde.
    Ein weiterer Schuss.
    »Tom!«
    »Du Miststück! Du bist tot, sobald ich nachgeladen habe.«
    Tom stemmte einen Steinbrocken aus dem Boden, warf ihn beiseite, stemmte den nächsten heraus; er zerschnitt sich an den scharfen Kanten die Hände und arbeitete wie besessen. »Sally, wo hat er dich getroffen –?«
    »Am Bein. Ich glaube, es ist nicht so schlimm. Mach weiter!«
    Noch ein Schuss. Tom hämmerte auf den Fels ein, drosch den Meißel ins Gestein und stemmte immer mehr davon heraus, um das Loch zu vergrößern. Er konnte jetzt ihr Gesicht deutlich sehen.
    Die Steine lösten sich immer leichter, es ging schneller voran.
    Peng! Sally zuckte zusammen.
    »Herrgott, mach weiter!«
    Die Keilspitze brach ab, er fluchte, drehte die kurze Stange herum und arbeitete mit der anderen Seite weiter.
    »Es ist groß genug!«, rief Sally.
    Tom streckte die Arme hinunter, packte ihre Hand und zog, während sie sich unten abstieß. Sie schrammte durch den geborstenen Fels, die restlichen Knöpfe sprangen von ihrem Hemd. Es reichte nicht; ihre Hüfte blieb stecken.
    »Du bist tot, hörst du!«
    Tom stieß den Meißel ins Gestein und sprengte einen Brocken spröden Quarz heraus. Völlig gleichgültig bemerkte er, dass er damit eine Goldader freigelegt hatte, die den Bergarbeitern entgangen sein musste. Er warf den Brocken weg und stemmte den nächsten heraus.
    »Jetzt!«
    Er packte sie unter den Armen und zog sie heraus. Unten krachte der nächste Schuss.
    Sie lag auf dem Boden, starrend vor Dreck, nass und in zerfetzten Kleidern.
    »Wo bist du verletzt?« Besorgt suchte er sie ab.
    »Am Bein.«
    Tom riss sich das Hemd vom Leib, wischte das Blut ab und fand ein paar Schnitte an ihrem Unterschenkel. Er zupfte Steinsplitter heraus, die offenbar von der Kugel abgesprengt worden waren und sie getroffen hatten.
    »Sally, es ist nicht schlimm. Das wird wieder.«
    »Dachte ich mir.«
    »Miststück!« Das Kreischen klang hysterisch, völlig ausgeflippt.
    Zwei Schüsse krachten. Eine abgelenkte Kugel drang bis durch den Spalt und grub sich über ihnen in die Decke.
    »Wir müssen dieses Loch blockieren«, sagte Sally.
    Doch Tom war bereits dabei, Steinbrocken heranzurollen. Sie stopften sie in den Spalt und hämmerten sie fest hinein. Fünf Minuten später war der Riss verschlossen.
    Plötzlich schlang er die Arme um sie und drückte sie an sich.
    »O Gott, ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen«, sagte Sally schluchzend. »Ich kann es nicht glauben, ich kann nicht glauben, dass du mich gefunden hast.«
    Er hielt sie fest und konnte es selbst kaum fassen. Er spürte ihr wild klopfendes Herz. »Gehen wir.«
    Er half ihr auf, und sie rannten durch die Stollen, wobei Tom ab und zu die Taschenlampe schütteln musste, um sie zum Laufen zu bringen. Sie kletterten den Schacht hinauf und standen keine fünf Minuten später in der Hütte am Stolleneingang.
    »Er wird auf der anderen Seite rauskommen«, sagte Sally.
    Tom nickte. »Wir gehen außen herum.«
    Statt über den Hügelkamm zu klettern, rannten sie in den Schutz der Bäume am Grund der Schlucht; dort blieben sie stehen, um zu Atem zu kommen.
    »Was macht dein Bein? Kannst du laufen?«
    »Nicht so schlimm. Hast du da eine Pistole im Gürtel?«
    »Ja. Einen 22er Revolver mit einem Schuss.« Tom blickte auf die vom Mond beschienene Hügelflanke und stützte Sally mit einem Arm. »Mein Wagen steht am Tor.«
    »Er wird vor uns dort sein«, sagte Sally.
    Sie machten sich auf, die Schlucht hinab. Es war dunkel zwischen den hohen Kiefern, der Nadelteppich unter ihren Füßen war weich und knisterte nur ganz leise, außerdem wurden ihre Schritte von einer leichten Brise in den Baumwipfeln übertönt. Tom blieb ab und zu stehen und lauschte, ob der Entführer ihnen folgte, doch alles blieb still.
    Nach zehn Minuten verbreiterte sich die schmale Klamm zu einem breiten, ausgetrockneten Flussbett. Vor ihnen, ein wenig unterhalb, schimmerte das Licht der Blockhütte. Alles schien ruhig, doch der Range Rover des Entführers war verschwunden.
    Sie umgingen den Rand der Geisterstadt, die aber offenbar menschenleer war.
    »Glaubst du, er ist in Panik geraten und abgehauen?«, fragte Sally.
    »Das bezweifle ich.«
    Sie schlugen einen Bogen um die

Weitere Kostenlose Bücher