Der Canyon
stattfindet.«
»Das gehört zu den Dingen, die Sie nichts angehen, General.« Zum ersten Mal verzogen sich Masagos Lippen ganz leicht zur Andeutung eines Lächelns. Dabei wurden sie fast weiß.
»Meine Air-Force-Crew muss gebrieft werden –«
»Ihre Besatzung und die Piloten werden alle notwendigen Informationen sowie die Koordinaten erhalten, sobald wir in der Luft sind. Die Spezialeinheit bekommt ihren Einsatzbefehl unterwegs.«
Der General reagierte nicht darauf, nur ein Muskel an seinem Kiefer zuckte.
»Ich will, dass ein Transporthubschrauber bereitsteht, binnen Sekunden einsatzfähig, der eine Ladung von bis zu fünfzehn Tonnen transportieren kann.«
»Darf ich die benötigte Reichweite erfahren?«, fragte der General. »Sonst haben wir vielleicht ein Treibstoffproblem.«
»Der Tank wird zu zweiundsiebzig Prozent gefüllt.« Masago klatschte die Akte zu und schob sie in seine Tasche. »Begleiten Sie mich zum Helipad.«
Er folgte dem General durch den Warteraum, zu einer Seitentür hinaus und über eine große, kreisförmige Asphaltfläche, auf der ein schnittiger schwarzer Sikorsky Pave Hawk mit knatternden Rotoren wartete. Am östlichen Horizont wurde es allmählich hell, der Himmel verfärbte sich von Blau zu Blassgelb. Der Planet Venus stand zwanzig Grad über dem Horizont, ein ersterbender Lichtpunkt im strahlenden neuen Morgen.
Masago ging zu dem Helikopter und machte sich nicht die Mühe, sich gegen den starken Luftzug der Rotoren zu schützen, die sein schwarzes Haar aufpeitschten. Er sprang an Bord, und die Tür schloss sich. Die Rotoren heulten auf, der Staub wirbelte in Wolken um sie her, und gleich darauf hob der große Vogel ab, drehte die Nase gen Norden und stieg rasch in den Morgenhimmel auf.
Der General sah dem verschwindenden Pave Hawk nach und wandte sich dann mit einem Kopfschütteln und einem gebrummten Fluch wieder dem Terminal zu. »Verdammter Bastard von einem Zivilisten.«
2
Nachdem sie es geschafft hatten, sich in den oberen Canyons wiederzufinden, waren sie die ganze Nacht im Licht des buckligen Mondes marschiert. Tom Broadbent blieb stehen, um zu Atem zu kommen. Sally trat hinter ihn, legte eine Hand auf seine Schulter und stützte sich auf ihn. Die Badlands lagen in nächtlicher Stille vor ihnen, Tausende kleiner grauer Hügel, die aussahen wie Aschehäufchen. Vor ihnen befand sich eine Vertiefung im Sand; auf dem ausgedorrten Schlick am Grund schimmerten weiße Alkalisalze. Der Himmel im Osten hellte sich auf, bald würde die Sonne aufgehen.
Sally versetzte dem trockenen Schlick einen Tritt, eine weiße Staubwolke stieg auf und trieb davon. »Das ist jetzt das fünfte ausgetrocknete Wasserloch.«
»Anscheinend ist der Regen von letzter Woche nicht bis hier gefallen.«
Sie ließ sich vorsichtig auf einem Felsen nieder und musterte Tom von der Seite. »Ich fürchte, diesen Anzug haben Sie ruiniert, Mister.«
»Valentino würde in Tränen ausbrechen«, sagte Tom und rang sich ein Lächeln ab. »Sehen wir uns lieber mal dein Bein an.«
Sie ließ ihn ihre Jeans hochkrempeln, und er entfernte vorsichtig den provisorischen Verband. »Kein Anzeichen für eine Infektion. Tut es weh?«
»Ich bin so müde, dass ich es nicht mal spüre.«
Er warf den Verband beiseite und holte einen sauberen Seidenstreifen aus der Tasche, den er vorhin aus dem Anzugfutter herausgerissen hatte. Sanft band er ihn um ihr Bein und spürte eine plötzliche, rasende Wut auf den Mann, der sie entführt hatte.
»Ich klettere mal auf diesen Kamm und sehe nach, ob der Bastard immer noch hinter uns her ist. Ruh dich eine Weile aus.«
»Gerne.«
Tom krabbelte den steilen Hang eines nahen Hügels hinauf und achtete darauf, sich unterhalb des Kamms zu halten. Die letzten drei Meter bis zur Kuppe kroch er auf dem Bauch und spähte dann über den Rand. Unter anderen Umständen hätte Tom den Anblick der prächtigen Landschaft, durch die sie gewandert waren, sehr genossen, aber diesmal weckte sie nur Argwohn in ihm. In den vergangenen fünf Stunden hatten sie mindestens zwanzig Kilometer zurückgelegt und versucht, sich einen möglichst großen Vorsprung vor ihrem Verfolger zu verschaffen. Er glaubte nicht, dass der Mann ihre Spur während der Nacht verfolgen konnte, aber er wollte sich vergewissern, dass sie ihn auch wirklich abgeschüttelt hatten.
Er machte es sich bequem und wartete. Die Landschaft schien vollkommen menschenleer zu sein, aber viele tiefer gelegene Landstriche und Schluchten konnten
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