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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
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ihm das Ding da auf zweihundert Meter nichts nützen.
    Eine Minute später waren sie in Position.
    Er betätigte den Abzug, gab einen längeren Feuerstoß ab, vollautomatisch, und der Rückstoß ließ die Waffe gegen seine Schulter prallen. Er blickte auf und sah die beiden zurück in die Schlucht rennen. Beide.
    Was zum Teufel —?
    Er hatte sie verfehlt. Er klemmte sich wieder hinters Zielfernrohr, gab einen weiteren Feuerstoß ab, dann noch einen – aber die Kugeln ließen nur den Sand vor ihren Füßen aufspritzen, während seine Beute im Zickzack auf die Felswand zurannte. Gleich würden sie um die Biegung im Canyon verschwinden.
    Mit frustriertem Brüllen stand er auf, stellte die Waffe auf Halbautomatik und schlitterte die Geröllhalde hinab. Er blieb stehen, kniete sich hin, feuerte erneut, aber das war ein dämlicher Schuss – sie hatten bereits den Schutz der Felswand erreicht.
    Wie hatte er sie verfehlen können? Was stimmte nicht mit ihm? Er streckte die Hand aus, zwang sich, die Faust zu öffnen – und bemerkte entsetzt, wie stark die Hand zitterte. Er war erschöpft, durstig, verletzt und hatte vermutlich Fieber – trotzdem, wie konnte er sie verfehlt haben? Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Er war nicht daran gewöhnt, aus so hoher Position steil nach unten zu schießen, und hatte deshalb den Kurvenabfall in der Flugbahn überkompensiert. Er hätte einen Probeschuss abgeben und dann das Ziel richtig anvisieren sollen.
    Stattdessen hatte er übereilt geschossen.
    Doch er hatte noch eine Chance. Die Felswände des Canyons waren sehr steil – die beiden waren darin gefangen. Er konnte sie immer noch töten – wenn es ihm gelang, sie einzuholen.
    Er hängte sich das Gewehr über die Schulter, rannte den Abhang hinab und sprintete ihnen nach. Er konnte sie drei–, vierhundert Meter vor sich sehen; sie rannten, der Mann stützte die Frau. Selbst auf diese Entfernung konnte Maddox erkennen, wie geschwächt sie war. Beide wurden rasch langsamer. Kein Wunder: Sie hatte seit sechsunddreißig Stunden nichts gegessen, und beide mussten mindestens ebenso durstig sein wie er. Obendrein humpelte sie stark.
    Er rannte ihnen nach, nicht allzu schnell, sondern in einer Geschwindigkeit, die er eine Weile durchhalten konnte. Der Sand war weich und erschwerte das Laufen, doch das kam ihm eher zugute. Er trabte den Canyon entlang, sparte sich die Kraft und war sicher, dass er sie langfristig einholen würde. In ihrer Panik liefen sie anfangs sehr schnell und bauten ihren Vorsprung aus, doch während Maddox sein gleichmäßiges Tempo beibehielt, begannen die beiden zu schwanken und langsamer zu werden. Um eine, zwei, drei Biegungen folgte er ihnen. Als er um die dritte Kurve kam, sah er die Frau fast zusammenbrechen, der Mann musste sie stützen. Maddox hatte den Abstand auf knapp zweihundert Meter verkürzt. Doch noch immer trieb er sich nicht zur Eile an, lief nicht schneller. Er wusste jetzt, dass er ihnen überlegen war: Er würde sie doch noch kriegen. Sie verschwanden um die nächste Biegung. Als er um die Ecke kam, waren sie sogar noch näher. Er konnte hören, wie der Mann auf Sally einredete, ihr Mut machte, während er sie weiterzog.
    Maddox ließ sich auf ein Knie fallen, zielte und gab einen langen Feuerstoß ab. Sie warfen sich in den Sand, und Maddox nutzte die Gelegenheit, viel Boden gutzumachen. Sie rappelten sich wieder auf, doch er war nun auf knapp hundert Meter an sie herangekommen.
    Sie stürzte, und er half ihr auf. Vierzig Meter noch. Selbst mit zitternden Händen konnte er sie gar nicht mehr verfehlen. Broadbent versuchte, ihr gut zuzureden, doch sie strauchelte – und dann gaben sie einfach auf. Sie drehten sich um und stellten sich ihm trotzig entgegen.
    Er zielte, überlegte es sich anders und ging gemächlich auf sie zu. Fünfundzwanzig Meter. Er schaltete die Automatik aus, kniete sich hin, zielte und schoss.
    Klick!
    Nichts. Die Automatik-Feuerstöße hatten das Magazin geleert. Unter lautem Gebrüll stürmten die beiden auf ihn los. Er tastete hastig nach seiner Pistole und konnte noch einen Schuss abgeben, doch dann ging die Frau auf ihn los wie eine Furie und packte die Waffe mit beiden Händen. Sie stürzten gemeinsam zu Boden, kämpften um die Pistole, und dann hatte er sie endlich fest in der Hand, rollte sich auf das Miststück, drückte ihr die Waffe an den Kopf und versuchte, den Finger um den Abzugbügel zu krümmen.
    Da spürte er den Lauf einer Waffe am Hinterkopf.

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