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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
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zugeknallt. Die Küchentür nach hinten raus. Er hörte Schritte auf dem Kies der Einfahrt knirschen, die sich rasch der Ecke näherten. Er duckte sich, schlüpfte hinter einen Busch neben der Terrassentür, spähte durch die Blätter und sah sie zur Garage gehen; ein Schlüsselbund klimperte in ihrer Hand. Sie verschwand im Innern. Gleich darauf dröhnte ein Motor auf, und der International Scout rollte aus der Garage und fuhr in einer Staubwolke die Einfahrt entlang und zum Tor hinaus.
    In Maddox kochte hilflose Wut hoch, eine Mischung aus Frustration, Enttäuschung und Zorn. Das Miststück wusste ja gar nicht, was sie für ein Glück hatte. Und er würde jetzt das Haus ohne ihre Hilfe durchsuchen müssen.
    Er wartete noch fünf Minuten, bis sich der Staub wieder gelegt hatte, stand dann auf, öffnete die Terrassentür, trat ein und schloss sie hinter sich. Im Haus war es kühl, und es roch nach Rosen. Er kontrollierte seine Atmung, beruhigte sich und konzentrierte sich voll auf die bevorstehende Durchsuchung.
    In der Küche fing er an, zügig und methodisch. Bevor er irgendetwas berührte, merkte er sich, wo und wie es stand, um es dann wieder in genau derselben Position abzustellen. Falls sich das Notizbuch nicht im Haus befand, wäre es ein Fehler, die Broadbents in Aufregung zu versetzen. Aber wenn das Notizbuch hier war, würde er es finden.

16
    Dr. Iain Corvus trat an das einzige Fenster seines Büros, das zum Central Park hin ausgerichtet war. Er konnte den Teich im Park sehen, eine helle, metallisch schimmernde Fläche, in der sich die Nachmittagssonne spiegelte. Ein Ruderboot glitt übers Wasser – Vater und Sohn bei einem Ausflug, jeder an einem Ruder. Corvus beobachtete, wie die Ruder langsam ins Wasser tauchten und das Boot über den See kroch. Der kleine Sohn schien Schwierigkeiten mit dem Ruder zu haben, und schließlich sprang es aus der Halterung, glitt ins Wasser und trieb davon. Der Vater stand auf und gestikulierte wütend, eine stumme, ferne Pantomime.
    Vater und Sohn. Corvus drehte es fast den Magen um. Die reizende kleine Szene erinnerte ihn an seinen eigenen Vater, ehemals ein hohes Tier am British Museum und einer der berühmtesten Biologen Englands. Mit fünfunddreißig – so alt war Corvus jetzt – war sein Vater bereits Mitglied der Royal Society, Träger der Crippen Medal und stand auf der Liste jener, die anlässlich des Geburtstags der Königin in den Adelsstand erhoben werden sollten. Corvus spürte ein Beben von altem Groll, als er an das Gesicht seines Vaters dachte, den Schnurrbart, die rot geäderten Wangen, das militärische Gebaren, die altersfleckige Hand, die stets einen Whiskey-Soda hielt, während er in sarkastischem Ton Zurechtweisungen verteilte. Der alte Bastard war vor zehn Jahren an einem Schlaganfall gestorben, umgekippt und hingeklatscht wie eine tote Makrele, dass die Eiswürfel nur so über den Aubusson-Teppich spritzten; das war in ihrem Haus in Wilton Crescent, London, passiert. Sicher, Corvus hatte einen Haufen Geld geerbt, aber weder das noch sein Name hatten ihm zu einer Stelle am British Museum verholfen, dem einzigen Ort der Welt, an dem er je hatte arbeiten wollen.
    Jetzt war er fünfunddreißig und noch nicht einmal Kurator, sondern immer noch Assistent in der Abteilung für Paläontologie, und wartete schon ewig auf einen festen Posten. Ohne einen Titel war er nur ein halber Wissenschaftler – im Grunde nur ein halber Mensch. Wissenschaftlicher Mitarbeiter. Allein die Bezeichnung stank förmlich nach Versagen. Corvus hatte nie so recht in die akademische Maschinerie in Amerika gepasst; er verstand sich nicht gut mit dem Rest der braven grauen Herde. Er wusste selbst, dass er überempfindlich war, sarkastisch und ungeduldig. Er hatte ihre Kindergarten-Spielchen nie mitgespielt. Vor drei Jahren hatte seine Beförderung auf eine richtige Stellung angestanden, doch sie hatten die Entscheidung hinausgeschoben; seine paläontologischen Forschungsreisen ins Tung-Nor-Tal in Zentralchina hatten keine Früchte getragen. Drei Jahre lang war er eifrig herumgeschwirrt, konnte aber kaum etwas vorweisen. Bis jetzt.
    Er sah auf seine Armbanduhr. Zeit für die verdammte Besprechung.
    Das Büro von Dr. W. Cushman Peale, Museumsdirektor, belegte den südwestlichen Turm des Museumsgebäudes und bot einen prächtigen Ausblick auf den Museum Park und die neoklassizistische Fassade der New York Historical Society. Peales Sekretärin führte Corvus hinein und kündigte ihn

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