Der Captain ist 'ne Lady
Rosa für Dankbarkeit, Bewunderung und Sympathie. Weiß und Rosa kombiniert passen gut für ein Begräbnis. Tut mir leid, das möchten Sie wahrscheinlich nicht hören. So, was gibt es noch?” Er lächelte erneut, als ihm die Worte seiner Großmutter einfielen. “Ach ja, dunkles Rosa und leuchtendes Rot bedeuten Liebe und Respekt. Dunkelrote Rosen verschenkt man, wenn man liebt.”
“Sonst noch etwas?”
“Mir fällt nur noch ein, dass Knospen, die sich noch nicht geöffnet haben, für ein nicht gewecktes Herz stehen.”
“Mal sehen, ob ich das richtig verstanden habe”, erwiderte Meredith. “Wenn eine Frau von einem Mann dunkelrote Rosenknospen bekommt, ist er nur hinter ihr her, richtig?”
Cinco wurde rot. Das sah man sogar trotz der starken Bräunung seiner Haut.
Meredith fand es unglaublich, dass ihr kleiner Scherz diesen harten Texaner in Verlegenheit gebracht hatte. Dadurch wirkte er gleich viel menschlicher. Bevor Cinco sich wieder gesammelt hatte, erreichten sie den Stall, und Meredith erinnerte sich schlagartig daran, was hier auf sie wartete. Abbys Reitunterricht!
Jetzt gab es keinen Ausweg mehr. Sie zögerte kurz, dann ergab sie sich in ihr Schicksal.
Cinco hatte schon den Stall betreten, als er merkte, dass Meredith ihm nicht folgte. Er drehte sich um und ging zu ihr zurück. “Alles in Ordnung?”, fragte er und hielt ihr die Hand hin. “Ich weiß nicht, warum Sie solche Angst vor Pferden haben, aber Sie können sich gern an mir festhalten, wenn Sie sich dann wohler fühlen.”
“Ich habe keine Angst”, behauptete sie und griff nach seiner Hand. “Na schön, ich bin ein wenig ängstlich.”
Er wollte weitergehen, doch sie hielt ihn zurück. Also blieb er stehen und wartete darauf, dass sie noch etwas sagte.
“Wahrscheinlich hat das mit dem Tod meiner Mutter angefangen”, fuhr sie fort und sah ihm dabei erwartungsvoll in die Augen.
“Wie alt waren Sie denn damals?”
“Gerade erst vier”, erwiderte sie gedankenverloren und wirkte plötzlich entrückt, als wäre sie in eine andere Zeit versetzt worden, weit weg von der Ranch.
“Was hat das mit Pferden zu tun?” Er trat näher an sie heran und hielt ihre Hände fest. “Was hat der Tod Ihrer Mutter damit zu tun?”
“Alles”, erwiderte sie leise und konzentrierte sich wieder auf ihn. “Mein ganzes Leben hat sich verändert, als meine Mutter mich verließ.”
“Sie verließ? Haben Sie nicht eben gesagt, sie wäre gestorben?”
“Mir kam es mit meinen vier Jahren so vor. Auch mein Vater hat sich so verhalten, als hätte sie uns im Stich gelassen. Ich glaube, für ihn war es wie ein Betrug, als meine Mutter starb. Ich …”
“Meredith”, unterbrach er sie, um ihr in ihrem offensichtlichen Schmerz zu helfen, “wenn Sie nicht wollen, brauchen Sie mir das nicht zu erzählen. Und Sie müssen auch ganz sicher nicht reiten, wenn es Ihnen schwerfällt.”
“Nein, nein, ich möchte darüber reden. Ich habe es endlich überwunden, und ich muss mit meinem Leben weitermachen.”
Cinco war nicht klar, wie sie das meinte, aber er hielt sie nicht länger zurück und ließ sie sprechen.
“Meine Mutter hatte einen kleinen Hund. Hercules hieß er. Er war weiß und flauschig. Die Rasse habe ich vergessen. Für mich gab es nichts Niedlicheres als Hercules. Ich habe zwar mit ihm gespielt, aber er war eindeutig der Hund meiner Mutter. Er folgte ihr auf Schritt und Tritt. Nach ihrem Tod winselte und jaulte er ständig. Ich habe mich bemüht, ihn zu trösten, aber er hat mich abgelehnt.”
Tränen schimmerten in ihren Augen, doch sie hörte nicht auf.
“Nach dem Begräbnis war Hercules fort. Ich weinte wegen meiner Mutter und wegen des Hundes. Mein Vater war wütend, weil ich wegen eines Hundes traurig war, obwohl gerade erst meine Mutter gestorben war. Ständig hat er mir vorgehalten, dass es keine Beziehung zwischen einem Menschen und einem Tier geben kann. Das würden sich die Leute bloß einbilden.”
“Aber …”, setzte Cinco an, weil er diese Haltung völlig falsch fand, doch Meredith winkte ab.
“Lassen Sie mich ausreden”, bat sie. “Im Grunde wusste ich schon, dass mein Vater nicht recht hatte und er einfach unsere Beziehung zu dem Hund nicht begriff. Trotzdem hat es lange gedauert, bis ich über den Verlust von Hercules hinweg war. Ich konnte mit niemandem darüber reden, und ich war noch viel zu klein, um ihn zu suchen. Ich wusste gar nicht, wie ich das anstellen sollte. Und hätte ich ihn gefunden, hätte ich
Weitere Kostenlose Bücher