Der Captain ist 'ne Lady
Michigan nach Kanada wollte.”
“Kanada?”, fragte Cinco überrascht und war nicht sicher, ob er es richtig verstanden hatte.
“Genau. Der Verdächtige ist offenbar nie in Texas gewesen und schon gar nicht auf der Gentry-Ranch.”
Als Sheriff Alvarez schwieg, begriff Cinco, was er mit der schlechten Neuigkeit gemeint hatte. “Also hat ein anderer auf unserem Grund und Boden Sabotage verübt.”
“Ja, so sieht es aus. FBI und Rangers ziehen ihre Leute von der Ranch ab und stellen in unserer Gegend auch keine weiteren Ermittlungen an”, erklärte der Sheriff. “Jetzt liegt es an uns beiden herauszufinden, wer hinter den Anschlägen steckt.”
Cinco beendete das Gespräch mit dem Sheriff und kehrte zum Hauptgebäude der Ranch zurück. Die Anschläge waren nicht gegen Meredith, sondern gegen die Gentrys gerichtet gewesen.
Rourke war nie hier gewesen. Der Raucher unter Merediths Fenster, der Brandstifter, der Kerl, der das Pferd verletzt hatte – das war ein anderer gewesen, jemand, der die Gentrys hasste.
Cinco seufzte. Er hatte Meredith beschützen wollen, und stattdessen hatte er sie in neue Gefahr gebracht. Wie hatte er bloß so dumm sein können? Er hätte wissen müssen, dass Rourke nicht durch Gewaltakte auf der Ranch auf sich aufmerksam machen würde. Der Mann war verrückt, aber nicht dumm. Cinco selbst hatte Meredith erklärt, Rourke würde auf große Entfernung schießen. Das wäre seine Art, sich zu rächen. Wieso hatte er sich nicht selbst danach gerichtet und stattdessen wertvolle Zeit verloren?
Unzählige Gedanken gingen ihm durch den Kopf, aber in erster Linie dachte er an eine ahnungslose und schutzlose blonde Pilotin, die er mehr als alles andere auf der Welt liebte.
Die er liebte? An Liebe hatte er schon lange nicht mehr gedacht. Liebte er sie wirklich? Zweifellos kamen seine Gefühle in die Nähe von Liebe, und er empfand für Meredith sogar mehr als damals für Ellen. Er war jedoch zu klug, um an eine dauerhafte Beziehung mit Meredith zu glauben. Sie war Pilotin und zog die Großstadt vor. Nach Rourkes Verhaftung würde sie bald die Gentry-Ranch verlassen und in ihre eigene Welt zurückkehren.
Daran wollte er im Moment nicht denken, weil er keine Lösung für dieses Problem kannte. Außerdem hatte er zurzeit genug andere Schwierigkeiten, die er lösen musste. Welcher Kerl kannte sich auf der Ranch so gut aus, dass sie ihn bisher nicht geschnappt hatten. Und wer hasste die Gentrys so sehr, dass er derartige Gemeinheiten beging?
Meredith lachte über den kleinen Sketch, den zwei Jugendliche im Stall darboten. Sie hatten den Text geschrieben und die Kostüme selbst gemacht, um ihre Freunde zu unterhalten, und sie waren sogar ziemlich gute Schauspieler.
Verstohlen blickte sie zu Bryan, der sich missmutig in eine dunkle Ecke zurückgezogen hatte und sich von den anderen fernhielt. Er wirkte sehr verloren. Meredith hatte in ihm bisher einen Jungen gesehen, aber von Abby wusste sie nun, dass er von allen der Älteste war, nämlich siebzehn. Und er war bereits in große Schwierigkeiten geraten.
Meredith wollte mit ihm sprechen und sich dafür entschuldigen, dass es beim Tanz zu einer unangenehmen Situation gekommen war. Außerdem wollte sie ihm Mitgefühl und Trost schenken. Bisher hatte sich jedoch dafür noch keine passende Gelegenheit ergeben.
Abby hatte ihr erzählt, dass Bryan seit dem Tanz auch nur noch gelegentlich zu den Kursen gekommen war und sich dann jeweils von den anderen abgesondert hatte. Meredith vermutete, dass dies alles aus Verlegenheit wegen des peinlichen Vorfalls geschah. Es war auch möglich, dass Bryan es ihr verübelte, dass sie mit Cinco weggegangen war. Nun wusste sie nicht, wie sie sich mit ihm wieder anfreunden sollte.
In den vergangenen zwei Wochen hatte Cinco sie so hermetisch abgesichert, dass sie an keinem Kurs teilgenommen und schon gar nicht mit einem der Jugendlichen geredet hatte. Offenbar traute Cinco ihr nicht zu, auf sich selbst aufpassen zu können. Seit dem Verschwinden seiner Eltern konnte er vermutlich gar nicht mehr anders. Wäre ihr etwas Ähnliches zugestoßen, würde es ihr auch so gehen.
Leider verstand sie nicht viel von zwischenmenschlichen Beziehungen und wusste nicht, wann der richtige Zeitpunkt gekommen war, um etwas zu sagen. Das hatte sie nie gelernt. In ihrem ganzen Leben hatten ihre zwischenmenschlichen Kontakte aus dem Erteilen und Empfangen von Befehlen bestanden. Erst auf der Ranch hatte sie Freundschaft, Fürsorge und
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