Der Cartoonist
mitten in
einem qualvollen Übergangsstadium befunden. In den letzten Wochen war sie durch
die harte Schule heftiger Nackenschläge gegangen und vom Mädchen zur
erwachsenen Frau gereift. Schließlich endete es damit, dass Scott sie in die
Arme nahm und tröstete. Als es später in Strömen regnete, küsste er sie, strich
ihr über das nasse Haar und flüsterte, es werde schon alles gut werden. Noch
ehe er die Mole verließ, war er bis über beide Ohren verknallt. Nachdem er sie
nach Hause gebracht hatte und zu seiner engen Koje in der Klinik zurückgekehrt
war, hatte er stundenlang mit einer Art Phantomschmerz im Herzen wach gelegen.
Sieben Monate
später, Kristas Bauch war inzwischen auf die Größe eines Basketballs
angeschwollen, heirateten sie. Einen Monat später kam
das Kind auf die Welt, das sie Kathleen Marie tauften.
Auch darüber
hatte Scott seit Jahren nicht mehr bewusst nachgedacht: über die Tatsache, dass
er nicht Kaths leiblicher Vater war. Anfangs, ehe Kath geboren war, hatte das
an ihm genagt. Aber selbst damals war ihm klar gewesen, dass dieses Nagen vor
allem mit seinem eigenen, ach-so-empflndlichen Ego zu tun hatte. Ein anderer Mann
war mit dem Mädchen, das er liebte, zusammen gewesen, ein anderer Mann war in
sie eingedrungen. Krista, die seine Empfindungen spürte, versicherte ihm, es
sei nur eine einmalige Sache gewesen, mit einem Jungen, in den sie die ganzen
letzten Schuljahre hindurch verschossen gewesen sei. »So was kann auch nur mir
passieren«, hatte sie an jenem Abend auf der Mole gesagt. »Ich probier's ein
einziges Mal - und schon bin ich schwanger .«
Aber als Kath
erst einmal auf der Welt war und ihn mit ihrem niedlichen, runden Gesicht zu verzaubern
begann, hatte er sich erneut bis über beide Ohren verknallt. Kath war ganz und
gar seine Tochter. Wehe jedem Mann, der sich
erdreisten sollte, das in Frage zu stellen.
Als das
Telefon im Fernsehzimmer schrillte, fuhr Scott wie in einem Krampf zusammen.
Kaths Puppe rollte von seinem Schoß auf den Fußboden, wo sie mit dem Kopf nach
unten als formloses Stoffbündel landete. Mit einem Satz schnappte er sich den
Hörer, der in der Hand der Mickymaus klemmte.
»Hallo?«
»Dr. Bowman?«
Es war Vince
Bateman. Angesichts der Uhrzeit und der Situation war Scott über diesen Anruf
ebenso erstaunt wie verärgert.
»Ich weiß, es
ist schon spät«, sagte Bateman, ohne Scotts Antwort abzuwarten, »aber ich habe
gerade ...«
»Hören Sie,
Vince«, unterbrach ihn Scott, »ich verstehe ja, dass Sie wegen der Besprechung
sauer sind. Tut mir Leid, aber ich kann mich im Augenblick nicht damit
befassen. Ich erwarte nämlich einen wichtigen Anruf und muss die Leitung
freihalten .«
»Um die
Besprechung geht's aber gar nicht«, erwiderte Bateman. »Außerdem ist sie trotz
Ihrer Abwesenheit bemerkenswert gut gelaufen. Ich rufe Sie in meiner
Eigenschaft als Stationschef an, Scott. Was ich eigen dich sagen wollte, ist
Folgendes: Gerade eben hat mich die Aufsicht auf der anderen Leitung
informiert, dass Sie am frühen Abend eine ziemliche Szene hingelegt haben, eine
Szene bei unserem medial veranlagten Patienten. Stimmt das ?«
»Ja, aber ...«
»Was, zum
Teufel, geht hier vor, Scott ?« In Batemans Stimme
schwang ein offener Vorwurf mit. »Nach dem, was die Schwester sagt, hätten Sie
den alten Mann ernsthaft verletzen können. Ein solches Verhalten macht sich gar
nicht gut, mein Freund. Was läuft da schief? Stehen Sie vielleicht unter
übermäßigem Stress ?«
Als er jetzt
darüber nachdachte, musste Scott zugeben, dass es tatsächlich nach einer
schlimmen Szene ausgesehen haben musste. Und es stimmte auch - er hatte es
selbst gemerkt, als die Schwester ihn daran gehindert hatte, den Mann weiter zu
schütteln dass er den Alten, gebrechlich wie er war, um ein Haar ernsthaft
verletzt hätte.
Dennoch merkte
Scott, wie ihn Batemans herablassender Unterton zur Weißglut brachte. Ganz
abgesehen davon, dass er dieses Gespräch jetzt nicht führen wollte.
»Wir sprechen
ein andermal darüber, einverstanden, Vince ?«
»Ich hätte
nicht angerufen, wenn ich die Sache nicht für wichtig gehalten hätte ...«
»Es geht um
den Zeichner und einige seiner Skizzen«, erklärte Scott. »Ich fürchte, Krista
und Kath sind in Gefahr, könnten einen Unfall mit dem Auto haben. Bitte
verstehen Sie, dass ich die Leitung freihalten muss. Krista hätte längst
anrufen müssen .« Als er seine Ängste in Worte fasste,
wären Scott fast die Tränen gekommen.
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