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Der Cartoonist

Der Cartoonist

Titel: Der Cartoonist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Costello
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einem anderen in
die Schuhe zu schieben .«
    Kath lachte.
»Sind wir bald da ?« , fragte sie nach kurzer Pause.
    »Ist nicht
mehr weit. Bist du müde ?«
    »Hm .« Sie wischte sich etwas Feuchtes aus dem Augenwinkel. »Hoffentlich
geht's Daddy gut .«
    »Bestimmt, Liebes.
Du hast doch gestern Abend selbst mit ihm gesprochen, am Telefon .«
    Der Volvo
schwenkte gerade in eine scharfe Kurve, die erst über einen Buckel und dann
steil hinunter führte. Vorsichtig lenkte Krista den Wagen durch die Kehre und
sah danach zu Kath hinüber.
    »Tja«, sagte
Kath ohne rechte Überzeugung. »Allerdings ... Mom!!«
    Aus purem
Instinkt heraus - ihr blieb nur noch Zeit, einen kurzen Blick auf den kommenden
Straßenabschnitt zu werfen
    - trat Krista
mit voller Kraft auf die Bremse, so dass der Wagen wild herumschleuderte und
sich drehte.
    16
    Die leichte
Brise gewann schnell an Kraft, wurde zum tosenden Wind, der sich so schnell
vorwärts zu bewegen schien, als laufe er vor irgendetwas - etwas Düsterem -
davon. In der Ferne dröhnten Donnerschläge wie Fußtritte von Riesen. In
scharfem Gegensatz zu diesen Geräuschen, die nur sporadisch zu hören waren,
hatte sich eine unheimliche Stille, die Ruhe vor dem Sturm, über alles gelegt.
Es war eine Stille, die einen verrückt machen konnte, eher trostlos als friedvoll,
die Art von toter Stille, die einem düstere Gedanken eingibt.
    Scott, der in
dieser Stille einsam und allein dasaß, zog nur wenig Trost aus dem kalten
Würfel des Lichts, mit dem ihn das Fernsehzimmer umgab. Die Nacht da draußen
kam ihm fast flüssig vor, flüssig wie schwarzes Wasser, das sich an den
Scheiben sammelte und nur darauf wartete, dass er die Lampen gedankenlos
löschte, damit es hineinströmen und ihn verschlingen konnte. Als ihn ein
Luftzug an seinem Platz neben dem Mickymaus-Telefon streifte, bekam er eine
Gänsehaut, denn er trug nur ein kurzärmeliges Hemd. Schon seit zwei Stunden saß
er mit Kaths Flickenpuppe im Schoß da.
    Als er jetzt
seine Position im Sessel verlagerte, war er dankbar dafür, dass das Quietschen
die Stille unterbrach, die kurz zuvor noch so unantastbar gewirkt hatte. Er
fühlte sich genauso steif wie an dem Tag, an dem er fast ertrunken wäre,
deshalb stand er auf und ging zur Stereoanlage hinüber. Er wählte etwas, das er
sich bisher nur ein einziges Mal angehört hatte: Bachs >Goldberg-Variationen<,
gespielt von Glenn Gould. Die Anlage im Musik- und Fernsehzimmer war alt und
ihre automatische Steuerung längst kaputt. Unbeholfen
senkte Scott die Nadel auf die LP. Es gab ein raues, knirschendes Geräusch ...
und dann füllten kühle, präzise Klavierakkorde den Raum. Er
stellte die Lautstarke so ein, dass die Musik gerade noch zu
hören war.
    Danach ging er
zu dem kleinen Kellerkühlschrank hinüber, fischte das letzte Sixpack Bier
heraus und kehrte zu seinem Platz am Telefon zurück. Nachdem er eine Dose
aufgerissen und sie mit einem einzigen wohltuenden Schluck geleert hatte,
erfasste ihn unverzüglich ein leichtes Schwindelgefühl.
    Es war noch
nicht so spät, dass Krista nicht mehr hätte anrufen können. Es konnten hundert
harmlose Dinge dazwischen gekommen sein und er wusste nur allzu gut, dass Krista
sich von ihrem Ziel durch nichts abbringen ließ, wenn sie sich etwas Bestimmtes
in den Kopf gesetzt hatte. Wenn sie jetzt mit ihrer Tochter nach Boston fuhr,
dann tat sie genau das, mochte kommen, was da wolle. Und nichts, wenn nicht
gerade ein Wirbelsturm oder eine nukleare Katastrophe, würde sie daran hindern.
    Als er an Kristas
- manchmal enorme - Willensstärke dachte, musste Scott trotz all seiner Sorgen
und Ängste lächeln. Während der Jahre seiner Facharztausbildung war es Kristas
Stärke gewesen, die ihn mehr als einmal davor bewahrt hatte, den ganzen
verdammten Bettel einfach hinzuschmeißen. Krista war eine Kraft an sich; selbst
in ihrer Abwesenheit ließ sich ihre Präsenz nicht leugnen. Das ganze Haus
strahlte ihre Berührung, ihren Geschmack, ihr Wirken aus.
    Während Scott
die zweite Dose Bier aufriss, ertappte er sich dabei, dass seine Gedanken
unwillkürlich zu dem Tag zurückwanderten, an dem er ihr zum ersten Mal begegnet
war.
    Er war damals
seit genau drei Wochen in Sandy Point, Neufundland gewesen und hatte sich
gerade erst in Doktor Friths Praxis für Allgemeinmedizin eingearbeitet. Scott
war für Frith eingesprungen, nachdem der praktische Arzt einen zweiten
Herzinfarkt erlitten hatte. Wie der erste Infarkt war auch der zweite recht
glimpflich

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