Der Cartoonist
dran. »Hallo?«
Als er die
männliche Stimme hörte, klammerte sich Scott an die vage Hoffnung, jemand habe
ihm vielleicht einen widerlichen Streich gespielt... Aber als er sich meldete,
stellte sich der Mann am anderen Ende der Leitung als Beamter der
Straßenpolizei vor.
»Mit Ihnen
alles in Ordnung, Dr. Bowman?« Im Hintergrund konnte Scott jemanden schluchzen
hören ... Caroline.
»Nein ,« erwiderte er, »mir geht es nicht gut. Ist es ... ?«
»Ja, Sir. Ich
fürchte, es ist wahr. Es tut mir Leid, dass ich es Ihnen über Telefon mitteilen
muss, ich hätte es lieber persönlich getan. Aber Miss Patterson hier ist sofort
ans Telefon geeilt, als ich ihr von dem Unfall erzählt habe. Zu diesem
Zeitpunkt
hatte ich keine Ahnung von den näheren Umständen und wusste nicht, wen sie
benachrichtigen wollte
»Wo ... wo
...«, stammelte Scott und fugte, fast brüllend, hinzu: »Was ist mit Kath? Was
ist mit meiner Tochter ?«
»Ihre Tochter
ist im Krankenhaus«, erklärte die Stimme. Scott spürte, dass sie etwas
zurückhielt, und das machte ihm noch mehr Angst. »Ihr Zustand gilt als
kritisch. Tut mir Leid, aber mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Schaffen Sie es allein
zum Allgemeinen Krankenhaus in Danvers? Falls nein, kann ich Sie in etwa
zwanzig Minuten abholen lassen ...«
»Nein ... Ich
nehme mir ein Taxi .« Er hörte sich die Worte, sagen,
ohne ihre Bedeutung zu begreifen. »Wie weit ist es ?«
»Mit dem Auto
eine halbe Stunde, direkt nördlich vom Flughafen. Der Taxifahrer kennt's
bestimmt. Schaffen Sie's auch wirklich?« »Wie kommt Caroline hin ?« »Ich nehme sie in meinem Wagen mit .« Scott legte auf.
Sobald die
Verbindung abgebrochen war, wurde ihm bewusst, dass nichts von allem real sein
konnte. Es war ein Traum. Und falls kein Traum, dann eine vom Alkohol
hervorgerufene Halluzination. Aber es konnte unmöglich real sein. Nein, es
war nicht wirklich passiert.
Es ist eine
Art Schock, hörte er sich selbst zu einem vom Kummer niedergedrückten
Patienten sagen, zu einem älteren Herrn, dessen Ehefrau - sie waren dreißig
Jahre verheiratet gewesen - gerade gestorben war. Das war erst ein paar Tage
her. Scott hatte mit bewusst verhaltener Stimme, wie es sein Beruf verlangte,
gesagt: Es ist wie eine Gehirnerschütterung, wie der Schock beim Einschlag
einer Granate, wenn man so will Es trübt die Sicht, verzerrt die Wirklichkeit.
Aber das geht vorbei, hatte er dem weinenden alten Mann versichert. Es
geht vorbei und dann folgt eine Zeit der Trauer. Und später werden Sie Ihr
Leben weiterleben ...
Das waren
Worte, die er irgendwo gelesen hatte. Jetzt waren sie nichts als leere Phrasen.
Die Riemen der
TWA-Flugtasche umklammernd, verließ Scott seinen Platz am Telefon. In der Halle
blieb er mitten im Strom der Passanten stehen ... inmitten all dieser
zielbewussten Menschen, lächelnden Menschen, Menschen, die genau wussten, wohin
sie wollten ... ach ja ... auch er musste ja zu einem bestimmten Ort, den man
ihm genannt hatte ...
Scott verließ
die Flughafenhalle mit ihren grellbunten Fähnchen und den aufdringlichen
geometrischen Deckenmustern und trat in die äußere Wartezone hinaus. Sein
übriges Gepäck hatte er völlig vergessen. Ein Schwarzer in einer
burgunderfarbenen Uniform führte ihn zu einem Taxi und half ihm hinein. »Zum
Krankenhaus in Danvers«, sagte Scott Der Taxifahrer schaltete den Zähler ein.
»Das für Allgemeinmedizin?«
Als Scott
nickte, fuhr das Taxi mit quietschenden Reifen los. Vom Rücksitz aus starrte
Scott aus dem Fenster, auf die blinkenden Lichter der Stadt So viele Lichter...
Das
Krankenhaus für Allgemeinmedizin in Danvers, ein weitläufiger Flachbau, setzte
sich aus alten Gebäudetrakten und später hinzugefügten Anbauten zusammen. Ein
wortkarger alter Mann, der zum Aufsichtspersonal gehörte, geleitete Scott vom
Foyer aus durch mehrere klinisch sabbere Gänge zur
Notaufnahme. Dort erwartete ihn ein müde wirkender grauhaariger Mann in Anzug
und Weste, der sich als Jim Holley vorstellte. Als richterlicher Beamter des
Bezirks war der Mediziner in Fällen unnatürlichen Todes für die Klärung der
Ursachen zuständig. Anfangs dachte Scott, der Beamte werde sich gleich bei ihm
entschuldigen und ihm mitteilen, es sei alles ein großes, unverzeihliches
Missverständnis, bedauerlicherweise habe man die Personen verwechselt: Tut
uns Leid, Sir, wenn wir Ihnen durch diesen Schnitzer unnötig Kummer bereitet
haben.
Aber nein, der
hohläugige Beamte fragte ihn, ob er es
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