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Der Cartoonist

Der Cartoonist

Titel: Der Cartoonist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Costello
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diese Hand so wachsweich und kalt wirkte, sondern
vor allem wegen ihrer Augen.
    Sie standen
offen, so weit offen, als bemühe sie sich mit aller Kraft, sie aus den Höhlen
treten zu lassen. Wie die Augen einer Puppe starrten sie ins Leere.
    Wie Scott
verblüfft bemerkte, drückten sich in ihrem Gesicht nicht Schock oder Schmerzen
aus, vielmehr wirkte es völlig künstlich, unnatürlich. So wie eine aus
Elfenbein geschnitzte Maske, die äußerste Angst symbolisieren sollte. Es juckte
ihn in den Fingern, die Hand auszustrecken und Kath die Augen zu schließen.
Doch sofort schoss ihm ein schlimmer Gedanke durch den Kopf, der ihn bis ins
Innerste traf und daran hinderte: So etwas darf man nur bei Verstorbenen
tun, das darf ich nur bei Krista tun. »Kath«, flüsterte er, »Kath, ich
bin's, Daddy. Bitte ...« »Scott...«
    Caroline. Wie
leise, wie vom Kummer niedergedrückt ihre Stimme klang. Scott wollte ihr den Kopf
zuwenden, aber er gehorchte ihm nicht. Diese Augen... »Dr. Bowman?«
    Scott ließ Kaths
Hand los und drehte sich zu der unbekannten Stimme um. Es war der junge Arzt,
der über dem
    Krankenblatt
gebrütet hatte, als Scott auf die Station gekommen war. Er bedachte den Mann
mit einem kaum merklichen Nicken, um sich gleich darauf wieder Kath zuzuwenden.
    »Ich bin Dr.
Cunningham«, sagte der Mann mit starkem irischen Akzent.
»Ich habe Ihre kleine Tochter hier aufgenommen .«
    Innnerlich
murmelte Scott ein »Danke«, aber er brachte kein Wort heraus.
    Cunningham
ließ sich davon nicht beirren. »Abgesehen von einer bösen Schnittwunde an ihrem
Arm, die wir in der Notaufnahme genäht haben, hat sie keine weiteren
Verletzungen, soweit wir diagnostizieren konnten. Sofort nach ihrer Ankunft
haben wir eine Computertomographie durchgeführt, aber nichts von Bedeutung
finden können. Sie hat sich weder einen Schädelbasisbruch noch Hirnquetschungen
zugezogen. Vielleicht hat sie eine Gehirnerschütterung, aber ich bin mir da
nicht sicher. Wegen der Schnittwunde am Arm hat sie recht viel Blut verloren,
allerdings nicht so viel, dass sie eine Transfusion gebraucht hat .« Er deutete auf den Monitor über dem Bett. Ein
Kardiogramm, das Rhythmus und Intensität von Kaths Herzschlägen aufzeichnete,
lief stumm als grüne Linie mit Kurven und Zacken über den Bildschirm. »Ihr
Herzschlag ist stabil .«
    (das ist
alles ein Irrtum ... bin nicht wirklich hier... das passiert nicht wirklich)
    Scotts Hand
tastete nach der empfindlichen Schwellung an seinem Hinterkopf, die inzwischen
so groß wie ein Gänseei war. Bewusst drückte er so heftig auf die Beule, dass
ihn ein scharfer Schmerz durchfuhr. Das zumindest war real.
    Es ist wie
eine Gehirnerschütterung...
    »Eindeutig so
ein Fall, bei dem der Sicherheitsgurt lebensrettend war«, erklärte der Arzt.
»Allerdings hat ihr letztendlich wohl der Bursche, der sie gefunden hat, das
Leben gerettet. Er hat ihr die Wunde am Arm verbunden. Andernfalls hätte sie
wohl so viel Blut verloren, fürchte ich, dass es kritisch geworden wäre .«
    »Was ist denn
eigentlich mit ihr los ?« , fragte Scott, dessen Gesicht
höchste Verwirrung ausdruckte, in seiner Hilflosigkeit. »Warum ist sie ... so ?«
    »Ich halte es
für eine Art von Katatonie als Reaktion auf die Ereignisse. Das würde auch die
abgeschwächten, ansonsten aber normalen neurologischen Werte und den
gegenwärtigen Zustand innerer Abwesenheit erklären .« Mit offener Handfläche deutete er auf Caroline. »Caroline hat mir erzählt, dass
Sie Psychiater sind. Halten Sie Katatonie für eine annehmbare Diagnose ?«
    Für einen
winzigen Moment wurde Scott wieder zum Psychiater (gleich darauf wäre er kaum
fähig gewesen, den Begriff zu definieren, schon gar nicht, eine Diagnose
vorzunehmen), und in dieser Rolle musste er dem Assistenzarzt mit den wachen
Augen Recht geben. Es war genau die Art von Erklärung, die er im Fall eines
fremden Kindes angeboten hätte. Als Experte wusste er, dass traumatische
Situationen recht oft Zustände zeitweiliger Lösung aus der Realität erzeugten,
deren Grad variieren konnte. Sie reichten vom bewussten Abschalten bis zur
völlig unfreiwilligen und weit reichenden Abkapselung von der Umwelt.
    Aber sofort
regten sich erneut Zweifel in ihm, die ihn mit Angst erfüllten und das
Schlimmste befürchten ließen, so dass es ihn wieder in den Fingern juckte,
Kaths Augen zu schließen. Warum mussten ihre Augen auf diese Weise offen
stehen? Warum waren sie nur halb geöffnet und blinzelten? Warum wirkten

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