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Der Cartoonist

Der Cartoonist

Titel: Der Cartoonist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Costello
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Unfall
verwickelt. Ich nehme an, Ihre Frau hat aus irgendeinem Grund die Herrschaft
über den Wagen verloren. Vielleicht war sie übermüdet oder ist zu schnell
gefahren. Diese Landstraßen sind schmal und haben viele Kurven, oft sind sie
auch schlecht markiert. Gut möglich, dass...«
    »Landstraße ?« , fragte Scott und hob den Kopf. Sein Gesicht wirkte
völlig ausgezehrt.
    Holley tauchte
zurück in den Lichtkegel über dem Schreibtisch. »Ja, eine von mehreren
Nebenstraßen, die kleinere Orte mit der Interstate verbinden. Der
Polizeibeamte, der den Unfall untersucht, hat berichtet, dass er über der
Sonnenblende die Quittung einer Reparaturwerkstatt nahe Byfield gefunden hat.
Probleme mit dem Kühler, hat er, glaube ich, gesagt. Sie war auf dem Rückweg
zur Hauptverkehrsstraße, als es passiert ist .«
    Das Summen in
Scotts Schädel verstärkte sich. Unsichtbare Ameisen schwärmten über seinen
Körper. Er sog den Atem ein, hatte dabei aber ein Gefühl, als sei ihm eine
Fischgräte im Hals stecken geblieben. Plötzlich drohte ihm der Gestank von
Holleys Pfeife den Magen umzudrehen. Benommen und unruhig hin und her
rutschend, schloss er die Augen.
    Er sah den
Volvo auf der Zeichnung vor sich, der eingedrückt an einer niedrigen Steinmauer
stand, während aus dem Kühler Dampf entwich. Das Wageninnere war dunkel und
verriet nichts. »Sie haben eine Steinmauer erwähnt .« Für Scott waren die ' Worte so bitter wie Galle.
    »Ja.« Holley
zog sich wieder in den Schatten zurück, so dass seine Stimme wie die eines
Geistes wirkte. »Sie sind gegen die Steinmauer geprallt, die den Friedhof von
Hampton Meadow umschließt .«
    24
    Als Scott ein
Kind von sechs oder sieben Jahren gewesen war, hatte ein Spielgefährte ihm irgendwann
einen Basketball zugeschleudert, der ihn so heftig in den Solarplexus getroffen
hatte, dass ihm die Luft aus den Lungenflügeln gepresst wurde. Sein Brustkorb,
aus dem jede Luft entwich, war gleichsam erstarrt Es war ihm so vorgekommen,
als habe er minutenlang nicht mehr Atem holen können. In dieser Zeitspanne
hatte sich sein Bewusstsein getrübt. Hinter seinen Augenlidern waren winzige
bunte Sternchen aufgeblitzt, während seine Finger zu kribbeln begannen. Genauso
fühlte er sich jetzt: so atemlos, als habe ihm jemand gewaltsam alle Luft aus
der Lunge gepumpt. Oder so, als habe ein unerwartet heftiger Stromschlag den
Mechanismus in seinem Brustkorb außer Kraft gesetzt, der den Atemfluss
regulierte, und ihm damit auch die Fähigkeit zu denken und zu abstrahieren
genommen.
    Auch diesmal
bemerkte ihn Caroline zunächst gar nicht, als er Kaths Zimmer auf der
Intensivstation betrat - und wieder hatte Scott das Gefühl, es sei nichts real.
Ihm ging der Gedanke durch den Kopf, dass sich ein Geist so fühlen mochte: zwar
durchaus imstande, alles zu beobachten, aber zu seiner Verzweiflung völlig
unfähig, Kontakt mit der Umwelt herzustellen und sich in das Leben ringsum
einzumischen.
    Gleich darauf
fiel ihm auf, dass Carolines Gesicht wachsbleich, schweißnass und vor Angst
verzerrt war und sie mit ihren Fäusten an den Mundwinkeln zerrte. Als sie sich,
während ihr Gesicht noch eine Spur bleicher wurde, umwandte und ihm zwischen
heftigen Schluchzern mitteilte, Kath habe gerade eben gesprochen, spürte Scott,
wie sich in seiner Brust alles verkrampfte. Im nächsten Augenblick hörte er es
selbst, vernahm Kaths Stimme, die so hohl klang, als dringe sie aus großer
Tiefe zu ihm herauf. Tot war das Einzige, was sie sagte, ehe sie von
Krämpfen geschüttelt wurde.
    Es begann
langsam, fast unmerklich: Ihr leidgeprüftes Gesicht erschlaffte, der Hals
blähte sich leicht auf, die Glieder begannen sachte zu zittern - und dann
erfasste das Beben ihren ganzen Körper, als sei eine Sicherung in ihrem
Nervensystem durchgebrannt. Während ihre Arme und Beine einen wilden Rhythmus
auf die Matratze trommelten, krümmte sich ihr Rückgrat, bis es knackte.
    Ehe Scott sich
rührte, ehe sich seine medizinische Ausbildung schließlich durchsetzte und er
das Offensichtliche diagnostizierte - einen epilepsieähnlichen, komatösen
Anfall —, empfand er ganz kurz eine irrationale Abscheu vor seinem Kind.
Während er zusah, wie sich Kath mit Zischlauten hin und her warf, ihre Augen
aus den Höhlen traten, der Mund schäumte und Urin die Vorderseite ihres
Nachthemdes befleckte, traf ihn eiskalt eine plötzliche, furchtbare Erkenntnis:
Irgendetwas Pechschwarzes, Mächtiges, Altersloses sickerte in schmierigen
Tropfen -

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