Der Chaos-Pakt
fragte er.
»In den Wald? Wir müssen eben vorsichtig sein. Meinst du, es ist wichtig?«
Nylan lächelte unsicher. »Wer weiß schon, was wichtig ist? Ich habe das Gefühl, dass es richtig ist, aber den Grund kann ich wieder einmal nicht nennen.«
»Hat dir deine Logik eigentlich geholfen, den Wald zu verstehen?«
»Ich bin nicht sicher, ob ich ihn wirklich verstehe.«
»Du bist schon wieder zu logisch.« Die rothaarige Frau lächelte Nylan an. »Du musst lernen, deinen Gefühlen mehr zu vertrauen.«
»Das ist schwer, nachdem ich mein ganzes Leben damit verbracht habe, sie zu unterdrücken.«
»Es wird schon werden.« Ihr Lächeln wurde breiter.
»Langsam, viel zu langsam, wie es scheint.«
»Wir tun, was wir können.«
Dagegen konnte er nicht mehr viel einwenden.
Statt die Klammern von Sylenias Sattel auf seinen zu verlagern, legte Nylan einfach den Sattel des Kindermädchens auf seine Stute und richtete den Sitz für Weryl ein. Für den relativ kurzen Ritt zum Wald würde ihm auch der kleinere Sattel reichen.
»Wollt Ihr wirklich Euren Sohn an so einen Ort mitnehmen?«, fragte Sylenia, die an der Hintertür des Hauses stand. Sie hob Weryl hoch, bevor er eine Pfütze neben der Türschwelle erreichen konnte. »Nein, wir haben wirklich keine Zeit, dich schon wieder zu waschen, junger Mann.«
»Er ist dort sicher. So sicher wie an jedem anderen Ort«, fügte Nylan hinzu, als ihn ein leichtes Stechen hinter den Augen daran erinnerte, dass seine erste Aussage eine Art Ungleichgewicht darstellte. Halb abwesend fragte er sich, ob unter dem unmittelbaren Einfluss des Waldes überhaupt eine menschliche Kultur hätte entstehen können, da alles, was als gutes Benehmen gelten konnte, zwangsläufig mit einer gewissen Unaufrichtigkeit verbunden war.
»Ihr hört mir überhaupt nicht zu«, klagte Sylenia.
»Nylan, wo bist du?«, fragte Ayrlyn lächelnd.
»Ich denke an die Zukunft der guten Sitten, wenn es nicht mehr möglich ist zu lügen.« Er bückte sich, um die Riemen festzuzurren.
»Das liegt aber noch weit in der Zukunft.« Ayrlyn rückte das Zaumzeug des Braunen zurecht und blinzelte, als die Stute den Kopf herunternahm, sodass der rothaarigen Frau die Morgensonne ins Gesicht schien.
»Es ist doch nicht klug, den Jungen mitzunehmen in ...«
»Wahrscheinlich nicht, aber ich habe das Gefühl, dass es richtig ist.« Außerdem überlegte er sich, dass die Cyadoraner alles andere als freundlich mit Weryl und Sylenia umgehen würden, wenn sie die beiden erwischten. Allerdings musste er in Gedanken hinzufügen, dass Sylenia ziemlich resolut war und womöglich würde fliehen können. Er runzelte die Stirn. Es wurde immer schwieriger, sich etwas vorzumachen.
»Viel schwieriger«, bemerkte Ayrlyn.
»Ihr Engel ... Ihr redet miteinander, als wärt Ihr mitten im Gespräch, dabei habt Ihr kein Wort gesagt.«
Nylan nahm dem Kindermädchen Weryl ab und brachte ihn auf seinem Sitz unter.
»Oh, Ferdchen.«
»Ja, du wirst jetzt reiten.« Der Ingenieur schnallte Weryl an und überprüfte die Schwerter an der Hüfte und im Schultergeschirr. »Alles bereit?«
»Ich bin bereit.«
»Ihr zwei.« Sylenia hob den improvisierten Besen. »Ihr werdet herumstöbern und die Nase in Dinge hineinstecken, die man besser in Ruhe lässt und dann ...«
»Wahrscheinlich«, gab Nylan zu. »Aber du willst doch sicher nicht unter der Herrschaft der Cyadoraner leben wollen, oder?« Er zog das Pferd herum und ruckte an den Zügeln.
»Die sind sogar noch schlimmer als Tregvo.« Sylenia schauderte. »Aber passt im Wald nur gut auf Euch auf.«
»Das werden wir«, versprach Ayrlyn. »Und das nächste Mal darfst du mitkommen.«
»Lieber nicht. Ein verzauberter Wald ist nur etwas für Engel.«
»Dann erfüllst du ja beinahe die Voraussetzungen«, sagte Ayrlyn freundlich.
Sylenia sah ihnen nach, als sie den sanft geneigten Hang zum älteren Teil des Waldes hinunterritten. Der jüngere Bewuchs auf der Ebene, wo früher einmal Äcker gewesen waren, stand inzwischen beinahe mannshoch, einige Stämme waren bereits so dick wie die Handgelenke des Schmieds.
»Der Wald verliert wirklich keine Zeit«, bemerkte er, als er die Stute um einen Busch herum auf eine Schneise lenkte, die wahrscheinlich bald eine Art Waldweg sein würde.
»Er gewinnt in jedem Fall.«
Nylan verstand, was sie meinte. Selbst wenn die Cyadoraner bei ihrem Feldzug gegen Lornth Erfolg hatten, würde sich der Wald inzwischen so weit ausbreiten, dass sie ihn ohne die
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