Der Chaos-Pakt
Ziegelsteinmanufaktur.« Ayrlyn beugte sich vor und betrachtete die Straße und die Schneeflächen, zwischen denen schon der Erdboden zum Vorschein kam. »Außer Tierfährten kann ich hier nichts entdecken. Hasen, Rehe und ein alter Abdruck einer Schneekatze, würde ich sagen.«
»Es würde mich auch wundern, wenn die Einheimischen so weit heraufkommen würden, aber man kann ja nie wissen.« Nylan trieb seine Stute über den rauschenden kleinen Bach zum kleinen Ziegelbau, dessen Fenster verrammelt waren. Vor dem Gebäude standen zwei wie Brotlaibe geformte Brennöfen, die das Kernstück der Ziegelmanufaktur darstellten. Die Lehmgrube selbst, die rechts und ein Stück unterhalb der Öfen lag, war voller Wasser, in dem Eisbrocken schwammen.
Der Schmied zügelte sein Pferd an der Grube und betrachtete die eingestürzten Seitenwände. Dann schüttelte er den Kopf. »Jetzt brauchen wir auch noch eine Pumpe. Jedes Mal, wenn ich glaube, ich hole ein wenig auf, passiert irgendetwas, das mir noch mehr Arbeit macht.«
»Damit bist du nicht allein.« Ayrlyn zügelte auch ihren Braunen und drehte das Gesicht in die Sonne. »Ohne den Wind ist es fast warm.«
»Es ist tatsächlich ziemlich warm«, widersprach Nylan. Mit einer theatralisch anmutenden Bewegung öffnete er seine Jacke.
»Für diejenigen, die im sybranischen Kühlhaus aufgewachsen sind, mag es warm scheinen. Für normale Seelen ist es immer noch so kalt wie auf anständigen Welten im Winter.«
»Was als anständig gilt, ist in erster Linie eine Geschmacksfrage, meine geliebte Heilerin.«
»Du hast mich noch nie als geliebte Heilerin bezeichnet, nicht einmal im Scherz.«
»Ich hätte es schon viel früher tun müssen. Daran gedacht habe ich jedenfalls.«
»Es ist mir wichtig, so etwas zu hören. Ich kann deine Schmerzen spüren, mein geliebter Ingenieur, aber meine Fähigkeit, die Ströme der Ordnung in einem Körper zu spüren, macht mich nicht zur Gedankenleserin, auch wenn manche Leute das glauben.«
»Du hast mich auch noch nie als geliebten Ingenieur bezeichnet«, gab Nylan zurück.
»Geschieht dir recht.« Ayrlyn grinste und machte eine ausholende Geste. »Es scheint alles in Ordnung zu sein.«
»Ich mache mir jetzt eher Gedanken wegen der Mühle. Wir mussten sie einfach stehen lassen, wie sie war.«
»Deine Heldentaten auf dem Schlachtfeld haben dich in einen Zustand versetzt, in dem du längere Zeit nicht viel ausrichten konntest, und dann fiel schon der erste Schnee.«
»Das waren keine Heldentaten«, erwiderte Nylan bedrückt. »Und du warst auch nicht besser dran, wenn ich mich recht entsinne.« Der Ingenieur klopfte seinem Pferd auf die Flanke und bugsierte es bergauf an den Brennöfen vorbei zur unvollendeten Sägemühle. Im Augenblick war dort nichts weiter als eine freie Fläche mit dem Fundament der Mühle zu sehen. Der Mühlgraben war bereits von einer aus Steinen und Ziegeln gebauten Mauer eingefasst. Welche Schwierigkeiten er im letzten Herbst allein schon damit gehabt hatte, die Achse des Mühlrades herzustellen!
Der Schmied ruckte an den Zügeln und lenkte die Stute durch den knietiefen Matsch bergauf zur dunklen Mauer, die sich von der Wand der Schlucht zu seiner Rechten bis zum Hang eines Hügels mehr als hundert Ellen weiter rechts erstreckte.
Dicht vor dem Wasser, das kristallklar und eisig blau bergab perlte, hielt er das Pferd wieder an. Eisbrocken lagen auf dem gefrorenen Sand und am felsigen Ufer des Bachlaufs. Zwischen den beiden Abläufen des Mühlteichs klaffte ein zackiges Loch in der Staumauer.
»Wer war das?«, fragte Ayrlyn, die ihr Pferd etwas weiter unten gezügelt hatte.
»Wahrscheinlich das Eis«, meinte der Schmied kopfschüttelnd. »Ich würde sagen, es dauert noch zwei Achttage, bis der Boden getaut und wieder fest genug geworden ist, um mit den Reparaturen zu beginnen. Im nächsten Jahr müssen wir das Wasser im Herbst ablaufen und beide Schieber offen stehen lassen.«
Die Stute schnaubte unwillig und Nylan ließ sie wieder bergab laufen, bis sie den Schneematsch hinter sich gelassen und die schmale Straße vor der Ziegelmanufaktur erreicht hatten. Während er auf Ayrlyn wartete, sah er sich in der Umgebung um. Die Mühle zu bauen würde sehr anstrengend werden. Vielleicht waren deshalb in alten Zeiten die Müller immer so wohlhabend gewesen. Irgendwie war er auf einmal nicht mehr sehr angetan von dem Gedanken, die Mühle zu errichten.
»Ich weiß nicht«, meinte Ayrlyn, als sie das Pferd neben ihm
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