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Der Chaos-Pakt

Titel: Der Chaos-Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt jr.
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zügelte und sich im auffrischenden Wind die Jacke zuknöpfte, »aber du redest immer so, als würde es noch ein nächstes Jahr geben.«
    »Ich denke, in diesem Jahr wird niemand Westwind angreifen. Karthanos hat eine Menge Goldstücke ausgegeben. Zu viele, als dass er die Absicht haben könnte, noch eine weitere Schlacht zu führen. Er hat in weniger als einem Jahr zwei Heere verloren. Und Lornth? Was haben sie denn noch, um es gegen uns ins Feld zu schicken? Dieses Cyador liegt weit im Süden und nach allem, was man hört, müssten sie erst Lornth einnehmen, ehe sie gegen uns vorgehen können.«
    Ayrlyn schob sich eine hellrote Strähne aus der Stirn, aber der Wind wehte das feine Haar immer wieder vor ihre Augen. »Ich dachte nicht an Westwind, sondern an dich.«
    »An mich?«
    »Was ist mit Gerlich passiert?«
    »Ich bin nicht wie er.«
    »Das weiß ich, aber weiß es auch Ryba? Oder, genauer gesagt, spielt es eine Rolle, dass du anders bist?« Abwesend wischte Ayrlyn sich wieder die Haare aus den Augen. »So gut wie alle Wächterinnen in Westwind würden sich jederzeit in einen Pfeilschuss oder einen Schwerthieb werfen, um dich zu retten. Wie lange wird Ryba das noch ertragen können? Du hast ihr bereits erklärt, dass du nicht bereit bist, zu ihren Bedingungen als Zuchthengst zu dienen. Damit bist du in sozialer Hinsicht ein Wallach.«
    Nylan zuckte zusammen. Ryba hatte die Wallache im ersten Winter schlachten lassen, als die Nahrung knapp wurde, und er konnte sich gut an seine Vorstellung erinnern, dass es ihm womöglich selbst eines Tages so ergehen würde. Ayrlyn deutete jetzt an, dass dieser Zeitpunkt früher kommen konnte, als er es für möglich hielt.
    »Ich kann sehen, dass dir solche Gedanken nicht völlig neu sind.«
    »Ich dachte an die Wallache im letzten Jahr«, räumte Nylan ein.
    »Das ... nein, so meinte ich das nicht.« Die Heilerin und Sängerin errötete, bis ihre Gesichtsfarbe beinahe den Haaren glich.
    »Wirklich nicht?«
    Ayrlyn lenkte ihren Braunen näher an seine Stute. »Weißt du, Nylan«, begann sie lächelnd, »manchmal bist du wirklich eine edelmütige, ehrenwerte Nervensäge. Wirklich, du bist eine still leidende, herzensgute Nervensäge. Nylan wird sich darum kümmern, Nylan wird es schon richten.« Das Grinsen wurde noch breiter. »Und dann tust du es.«
    »So schlimm bin ich doch gar nicht«, protestierte er. »Wirklich nicht.«
    »Ryba glaubt es aber.« Das Grinsen verschwand. »Ich meine es ernst. Warum lässt sie dich wohl so schwer arbeiten und mehr Waffen herstellen, als die Wächterinnen in den nächsten Jahren brauchen werden? Warum drängt sie darauf, dass du weitere Schmiede ausbildest?«
    »Ich habe mich auch gewundert, aber sie denkt sehr weit voraus.«
    »Es wird Zeit, dass wir das Gleiche tun.«
    »Wir?« Nylan zwang sich zu einem Grinsen.
    »Wir. Istril war die Letzte, die deine Gunst genießen konnte. Die allerletzte Gunst dieser Art.«
    »Ich dachte, Siret würde vielleicht ...«
    Ayrlyn legte die freie linke Hand auf den Griff ihres Kurzschwerts und zog es weit genug heraus, dass der Schwarze Stahl zu sehen war. »Wenn du das machst, brauchst du nicht auf Ryba zu warten, dann bist du schon vorher ein Wallach.«
    »Ich hab's begriffen, Frau.«
    »Und wenn nicht, werde ich es dir beibringen.« Ayrlyn schob die Klinge mit einem gespielt bösen Lächeln wieder in die Scheide. »Und du wirst auch nicht mehr allein schlafen.«
    Nylan stöhnte laut. Dann grinste er.
    Nach einem Augenblick grinste auch Ayrlyn.
    Der Wind heulte jetzt lauter und sie blickten hoch und sahen, wie der vordere Saum einer Wolke über der Klippe erschien.
    Ayrlyn schauderte. »Mir ist kalt. Können wir nicht zurückreiten?«
    Nylan nickte und ruckte an den Zügeln der Stute. Ayrlyn lenkte den Braunen neben Nylans Pferd und sie begannen den langen, schlammigen Rückweg nach Westwind.
    Ein Wallach? Waren das seine Zukunftsaussichten? Warum wollte er sich nicht der Tatsache stellen, dass Ryba bisher noch jeden Mann getötet oder vertrieben hatte, der sich ihr in den Weg gestellt hatte?
    Weil du ein Kind mit ihr hast? Weil du vor der unbekannten Welt Angst hast? Weil dein Verantwortungsgefühl den Kindern gegenüber, die du niemals haben wolltest, im Widerstreit mit deiner Vernunft liegt?
    Er versuchte, ein Seufzen zu unterdrücken und sich auf die Heilerin zu konzentrieren – auf die Frau, mit der er keine Kinder hatte und die ihn dennoch mehr liebte, als Ryba es je getan hatte.

 
XIV
     
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