Der Chaos-Pakt
habe. Das war nicht fair.«
»Manchmal ist das Leben richtig gemein.« Ayrlyn breitete neben Weryl etwas Stroh auf dem Boden aus und ließ sich vorsichtig nieder.
Weryl streckte sofort die Arme nach ihr aus und sie hob ihn hoch. »Du bist auch gleich dran. Dein Vater wird dir etwas zu essen geben.«
Nylan zog die Hose an, dann räumte er den Beutel mit den Vorräten aus und entschied sich für das letzte Stück gelben Käse, das möglicherweise nach Ziege, vielleicht auch nach anderen Tieren schmeckte. Vier harte Biskuits und drei Streifen getrocknetes Wildbret waren auch noch da. »Wir haben nicht mehr viel zu essen.« Er setzte sich zwischen Weryl und Ayrlyn aufs Stroh. »Wir brauchen Proviant.«
»Morgen müssten wir Lornth erreichen.«
»Ob uns dort jemand etwas zu essen verkauft?« Er brach ein Stück Biskuit ab und gab es dem silberhaarigen Jungen.
»Das weiß ich nicht. Wir werden ja sehen.« Ayrlyn schnitt zwei dünne Scheiben vom gelben Käse ab. Eine gab sie Weryl, die zweite bekam Nylan. Dann schnitt sie sich eine dritte ab.
»Wir können morgen auch den Hirten fragen, ob er uns etwas verkauft. Mehr als nein sagen kann er ja nicht.«
»Er wird ganz sicher nicht nein sagen, wenn er etwas erübrigen kann«, prophezeite Ayrlyn. »Es ist hier schwer, an Geld zu kommen. So ist es eben, wenn man auf dem Land lebt.«
»Ich hoffe, du hast Recht.«
Eine Weile aßen sie schweigend. Danach, als er Weryl lange genug im Heuschober herumgescheucht hatte, packte Nylan die bescheidenen Reste zusammen. Er hielt inne. »Es regnet immer noch.«
»Ich bin noch nicht müde ... und unser kleiner Freund ist es auch nicht.«
»Warum singst du nicht etwas?«, bat Nylan sie. »Etwas, das dir gefällt.«
»Glaubst du denn, unser Freund hält lange genug still?«
»Er ist müde, aber noch nicht schläfrig.«
»Ich kann es ja versuchen.« Ayrlyn ging zum Koffer, in dem die Lutar steckte, und holte das Instrument heraus. Auf einem Heuballen ließ sie sich nieder.
Nylan hob Weryl auf und setzte sich ihr gegenüber auf einen zweiten Ballen.
Als ihre Finger die ersten Saiten anschlugen, sah Weryl sofort zur Sängerin. »Ooooh ...«
»So gut bin ich gar nicht, Weryl, aber ich freue mich über die Schmeichelei.« Noch einmal schlug sie die Saiten an. »Wie wäre es mit einem fröhlichen Lied?«
»Mir soll es recht sein«, sagte Nylan. »Und Weryl wohl auch.«
Ayrlyn räusperte sich und begann.
Als ich ein junges Mädchen war, wollt ich mich nur vergnügen,
Jetzt bin ich alt und hab einen Mann und höre lauter Lügen.
Sagt er mir doch, sein Kater könnte reden,
und auch noch andre Sachen,
Erzählt mir Theorien von Quarks und meint,
ich müsste drüber lachen.
»Aaaalan... daa, daa«, machte Weryl, als sie zu Ende gesungen hatte.
»Ich glaube, das bedeutet so viel wie ›mehr davon‹«, übersetzte Nylan lachend.
»Nun ... dann soll er ein Lied über dich hören.«
»Nicht dieses Lied.«
»Warum nicht?«
»Es ist schrecklich.«
»Du wirst dich wohl daran gewöhnen müssen.« Die Heilerin grinste im Halbdunkel und das hellrote Haar schien von innen heraus zu leuchten.
Ein starker Schmied war Nylan und ein Magier auch
Wie ein Blitz sein Hammer auf den Amboss kracht'
In den Bergen schuf er Klingen für die Engelsgarde
Mit ihnen behaupteten die Engel ihre Macht.
Ein großer Magier war er und ein starker Schmied obendrein
Mit einer Klinge wie ein Blitz hat er erbaut den Turm.
Der Schwarze Turm steht felsenfest am Berg
Und trotzt dem Schnee und jedem Wintersturm.
»Na gut, na gut«, sagte Nylan, indem er Weryl aufhob und das Kind zu wiegen begann. »Und jetzt ein ruhigeres Lied?«
»Vielleicht das Lied der Sybraner?«
Er nickte.
Wenn weicher Schnee auf harte Steine fällt,
Wenn scharfer Wind durch starre Wälder weht,
Wenn schweres Eis die Welt gefangen hält,
Dann sing mir von der Zeit, wenn dieser kalte Bann vergeht ...
In der Mitte der zweiten Strophe fuhr Weryl in Nylans Armen auf und packte mit allen Fingern kräftig zu. Einen Augenblick lang glaubte Nylan zu sehen, wie die pummeligen Finger eine silberne Note einfingen, die durch den dunklen Raum schwebte.
Der Schmied blinzelte und sah nur silberne Staubflocken tanzen und verschwinden.
Das Kind war seltsam still, ein rätselhaftes Lächeln spielte um seine Lippen.
Ayrlyn sah Nylan an. »Er hat die Töne gesehen .«
»Wir haben sie auch gesehen. Ob es an ihm lag?«
Sie schüttelte den Kopf. »Haben wir denn
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