Der Chaos-Pakt
alle so feindselig? Liegt es daran, dass diejenigen, die etwas besitzen, grundsätzlich jede Veränderung hassen? Gibt man uns die Schuld, weil wir einige Veränderungen ausgelöst haben?«
»Das könnte sein, aber genau weiß ich es nicht.« Ayrlyn stellte sich in den Steigbügeln auf und zog sich die klammen Sachen vom Körper. »Lach nicht.«
»Ich dachte nicht im Traum daran.« Nylan tat so, als würde er die Straße anstarren, dann runzelte er die Stirn und sah genauer hin. »Es sieht aus, als hätte es hier kaum geregnet. An der Oberfläche ist der Boden feucht, aber der Staub ist nicht einmal richtig nass geworden und am Hügel scheint es noch völlig trocken zu sein.«
»Es regnet eben nicht überall gleich viel.«
»Nur immer dort, wo wir gerade sind. Und wir haben leider nicht viel Kleidung. Die Ledersachen waren heute Morgen hart wie Eisen.«
»Du musstest aber nicht unbedingt die Hosen anziehen.«
»Hätte ich sie jetzt nicht angezogen, dann wäre ich nie mehr hineingekommen.«
»Immer dieses Gejammer«, schalt Ayrlyn ihn.
»Du warst es doch, die sich gerade die Kleider von der Haut gezupft hat.«
»Die Sachen sind nicht richtig trocken geworden und meine Satteltaschen sind nicht dicht. Der zweite Satz Kleidung ist sogar noch feuchter.«
»Da kommt jemand schnell geritten.« Nylan deutete auf eine Staubwolke im Tal, in das die Straße führte. Hinter der Kuppe eines weiteren, niedrigeren Hügels konnten sie auf der rechten Seite etwas erkennen, das ein steinerner Turm sein mochte, daneben die oberen Stockwerke einiger weißer Gebäude. »Glaubst du, das ist Lornth?«
»Ich weiß nicht, was es sonst sein sollte, auch wenn ich noch nie hier war.«
Auf halber Höhe des Hügels waren jetzt Reiter zu sehen, die nach kurzer Zeit die Hügelkuppe direkt vor ihnen erreichten und sich in raschem Trab den Reisenden näherten.
»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass sie hinter uns her sind.«
»Ob es mit dem purpurnen Reiter zu tun hat, den wir heute Morgen gesehen haben?«, überlegte Ayrlyn.
»Der womöglich ein Bote aus Lornth war?« Nylan lachte müde. »Ja, er war sicher ein Bote und hat berichtet, dass zwei gefährliche Engel unterwegs sind, um das mächtige Lornth anzugreifen.«
»Dir wäre so etwas zuzutrauen.«
»Nicht ohne den Laser, aber der existiert nicht mehr.«
»Ich frage mich immer noch, wie viel der Laser bewirkt hat und was dein Werk war.«
Nylan fragte sich das auch, aber dies war wohl nicht der richtige Augenblick, sich über das Zusammenwirken von Ordnungs-Feldern und Ingenieurskunst den Kopf zu zerbrechen.
Aus dem Dunst schälte sich ein kompletter Zug Bewaffneter heraus, die das dunkle Purpur von Lornth trugen.
»Sie sehen nicht gerade freundlich aus«, bemerkte Nylan. Unwillkürlich tastete er nach den Griffen der Schwerter, um sich zu vergewissern, dass er sie jederzeit ziehen konnte. Den Bogen ließ er, wo er war, eingewickelt und hinter dem Sattel festgebunden. Auf größere Entfernungen konnte er ohnehin nicht sehr gut zielen.
»Wir reiten einfach weiter«, schlug Ayrlyn vor.
Nylan befolgte ihren Vorschlag, ließ aber die Bewaffneten nicht aus den Augen. Tatsächlich, es war ein kompletter Zug, der von einem Mann mit braunem Haar und braunem Bart angeführt wurde. Die breiten Schultern des Offiziers schienen beinahe das Hemd zu sprengen. Einen Brustharnisch trug er nicht, ein kleiner runder Schild war neben den Sattel geschnallt und schützte das rechte Knie.
Die Reiter aus Lornth stellten sich quer über die ganze Straße auf. Der Staub legte sich vor den Beinen ihrer Pferde.
»Halt, Engel!«
Die Engel zügelten die Pferde, bevor sie mit den Bewaffneten aus Lornth zusammenprallten.
»Da Ihr die Haare der Himmelsdämonen habt, müsst Ihr die Dunklen sein.« Der Bewaffnete hob die Hand, als wollte er die große Klinge aus dem Schultergeschirr ziehen. Er heftete den Blick auf Nylan.
»Wir sind Reisende.« Nylan legte die Hand auf die Schwarze Klinge, die er in Westwind geschmiedet hatte, aber er zog sie nicht aus der Scheide.
»Da!«, machte Weryl. »Da!«
Du bist mir eine schöne Hilfe, dachte der Schmied.
»Wir kommen in Frieden nach Lornth.« Auch Ayrlyn hatte jetzt die Finger an den Griff des Schwerts gelegt.
Der Bewaffnete entspannte sich etwas, während er sie genauer betrachtete. »Ein Mann und eine Frau ... und ein Kleinkind.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, es soll nicht heißen, dass Tonsar eine Familie hingemordet hat, nicht
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