Der Chinese
stolz auf unsere Frauen. Sie sind sehr stark.«
Hong sah in ihren Augen nur Unverständnis. Für die Frauen hier galt das Gleiche wie für die armen Frauen in China. Sie tragen immer schwere Lasten auf ihren Köpfen. Aber noch schwerere Lasten tragen sie unsichtbar mit sich herum. Sie ging mit der Dolmetscherin zum Bus zurück, der kurz darauf losfuhr. Die Polizisten auf den Motorrädern waren inzwischen zurückgekehrt. Hong ließ sich den Wind durch das offene Fenster ins Gesicht strömen.
Die Frau mit dem Zementsack würde sie nicht vergessen. Das Treffen mit Präsident Mugabe dauerte vier Stunden. Als er den Raum betrat, fühlte sie sich an einen freundlichen Schullehrer erinnert. Als er ihr die Hand gab, sah er an ihr vorbei, ein Mann in einer anderen Welt, der sie flüchtig streifte. Nach dem Treffen würde er sich nicht an sie erinnern. Hong dachte daran, dass dieser kleine Mann, der Kraft ausstrahlte, obwohl er alt und gebrechlich war, als blutdürstiger Tyrann beschrieben wurde, der sein eigenes Volk quälte, die Wohnplätze der Menschen zerstörte und sie von ihrem Land jagte, wenn es ihm passte. Aber andere sahen in ihm den Helden, der den Kampf gegen die überlebenden Kräfte des Kolonialismus nicht aufgab, der die Ursache aller Probleme Zimbabwes war, wie er unablässig betonte. Was dachte sie selbst? Sie wusste zu wenig, um eine feste Meinung zu haben. Aber Robert Mugabe war ein Mann, der in vieler Hinsicht Bewunderung und Respekt verdiente. Auch wenn nicht alles gut war, was er tat, so vertrat er im Grunde doch die Überzeugung, dass die Wurzeln des Kolonialismus tief reichten und nicht nur einmal, sondern viele Male ausgerissen werden mussten. Nicht zuletzt respektierte sie ihn, wenn sie von den heftigen Angriffen las, die die westlichen Medien ununterbrochen gegen ihn richteten. Hong hatte lange genug gelebt, um zu wissen, dass hochtönende Proteste der Grundbesitzer und ihrer Zeitungen oft nur dazu dienten, die Schmerzensschreie derer zu übertönen, die immer noch unter den vom Kolonialismus verursachten Qualen litten.
Zimbabwe und Robert Mugabe befanden sich im Belagerungszustand. Die Empörung der westlichen Welt war heftig gewesen, als Mugabe vor einigen Jahren die großen Farmen hatte annektieren lassen, die immer noch das Land dominierten und Hunderttausenden armer Eingeborener das Land wegnahmen. Der Hass auf Mugabe wuchs mit jedem weißen Farmer, der in offener Konfrontation mit den schwarzen Besitzlosen von Steinwürfen oder Schüssen getroffen wurde. Aber Hong wusste, dass Mugabe schon 1980, als sich Zimbabwe vom faschistischen Regime Ian Smiths befreit hatte, den weißen Farmern offene Gespräche angeboten hatte, um die entscheidende Frage des Grundbesitzes auf friedlichem Wege zu regeln. Man hatte sein Angebot mit Schweigen beantwortet, beim ersten Mal und über mehr als fünfzehn Jahre immer wieder. Mugabe hatte sein Angebot zu Gesprächen ständig wiederholt, ohne eine andere Reaktion als verächtliches Schweigen zu erhalten. Schließlich war es nicht mehr anders gegangen, eine große Zahl von Farmen war den Menschen ohne Land übertragen worden. Dagegen hatte es sofort Proteste der übrigen Welt voller Vorurteile gegeben. In dem Augenblick hatte sich das Bild Mugabes vom Freiheitskämpfer in das klassische des tyrannischen afrikanischen Führers verwandelt. Er wurde abgebildet, wie Antisemiten Juden abzubilden pflegen, man nahm diesem Mann, der die Befreiung seines Landes angeführt hatte, die Ehre und die Würde. Niemand sprach davon, dass er die früheren Führer unter Ian Smiths Regime, nicht zuletzt diesen selbst im Lande bleiben ließ. Er schickte sie nicht in die Gerichtssäle und an den Galgen, wie es die Briten mit aufrührerischen Schwarzen in den Kolonien getan hatten. Aber ein widersetzlicher weißer Mann war nicht das Gleiche wie ein widersetzlicher Schwarzer.
Sie hörte Mugabe reden. Er sprach langsam, die Stimme war mild und erhob sich auch nicht, als er von den Sanktionen sprach, die die Kindersterblichkeit ansteigen, den Hunger sich ausbreiten ließen und immer mehr seiner Landsleute zwangen, als illegale Einwanderer mit Millionen anderer nach Südafrika zu gehen. Mugabe sprach von der Opposition, die es im Lande gab. Es habe sich um Einzelfälle gehandelt, betonte er. Aber die ausländischen Medien berichteten nie von den Überfällen auf diejenigen, die ihm und der Partei treu sind. Immer sind wir es, die Steine werfen oder zum Schlagstock greifen,
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