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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Auswahl der Männer?«
    Der Kommandant zögerte kurz. »Ja. Aber nehmt McQuarrie als Maat, er ist bewährt wie kaum ein anderer. Im Augenblick ahnt er noch nichts von seinem Glück. Bringt die Verwundeten zum Doktor und prüft, welche Piraten zu
Falcons
werden können. Ach ja, und nehmt nicht mehr als zwanzig Mann für den Handstreich. Achtet darauf, dass es handfeste Burschen sind, die mit der alten Besatzung schnell fertig werden.«
    »Aye, aye, Sir. Ist das alles, Sir?«
    »Ja. Das heißt, nein. Mir wäre lieb, wenn die Burschen sich freiwillig meldeten.«
    »Jawohl, Sir.« Fernandez grüßte und verschwand.
    Tipperton hatte unterdessen den Weg in die Kajüte zurückgefunden, drückte sich herum und machte sich an dem Globus neben dem Kartentisch zu schaffen. Taggart schnaufte:
    »Habt Ihr McQuarrie gefragt, wie viele taugliche Männer unter den Piraten sind?«
    »Mit Verlaub, nein, Sir.« Der Schreiber drehte ziellos an dem Globus, unterbrach sein Tun aber erschreckt, als er Taggarts vernichtender Blicke gewärtig wurde.
    »Nein? Was heißt nein?«
    »Nun, Sir, McQuarrie befand sich noch im Orlopdeck, wo er geholfen hatte, die Verwundeten zu versorgen. Er konnte also noch nicht …«
    »Schon gut.« Der Kommandant klang strenger als gewollt, denn die Antwort gefiel ihm. Es war verständlich, dass McQuarrie helfen wollte, denn einige der verwundeten
Falcons
gehörten seit Jahren zu seiner Wache. Da konnte der andere Auftrag warten. »Ich nehme an, Doktor Hall hat inzwischen einen Überblick gewonnen, meine Empfehlung an ihn, er möge sich umgehend in meiner Kajüte einfinden.«
    »Sir, heißt das …?«
    »Ja, das heißt es!«, polterte Taggart. »Und ich bitte mir flinke Beine aus!« Tipperton eilte im Laufschritt hinaus, was bei ihm aussah, als liefe er über heiße Asche.
    Wenig später klopfte es an der Tür, und der Kommandant, diesmal ganz Gentleman, rief: »Nur herein, mein lieber Doktor! Ihr werdet nicht glauben, wer bei mir ist!«
    »Wui, wui, ’s kann ich wohl holmen. Der Vitus ist’s un auch der Magister. Un das hier, das is Hewitt!«
    Nun war es an Taggart, Mund und Nase aufzusperren. Er hatte zwar schon mehrfach fragen wollen, wo der Zwerg, von dem er wusste, dass er zu Vitus’ besten Freunden gehörte, wohl sei, doch hatte er es über der Hektik der Ereignisse immer wieder vergessen. Dabei war ihm der Zwerg Enano besonders lieb, weil unter seinen Kindern ebenfalls eines war, das der Allmächtige mit einem Buckel geschlagen hatte. »Nun«, Taggart grinste halbseitig, »das ist aber ein angenehmer Überfall!«
    Der Winzling griente zurück. »So isses wohl, nich?« Dann wiederholte er: »Un das hier, das is’n Gack von uns, Hewitt, Herr Kaptein!«
    »Ahem, ja.« Taggart wurde dienstlich. Sein erfahrenes Auge taxierte den jungen Mann und kam zu dem Schluss, dass der Anblick durchaus vielversprechend war. »Wie heißt du?«
    Hewitt straffte sich. »Ich bin Hewitt, Sir.«
    »Das weiß ich, der Zwerg sagte es bereits. Hast du keinen Vornamen?«
    Noch ehe der junge Matrose antworten konnte, schauten sich Vitus und der Magister erstaunt an. Der Gedanke, dass Hewitt, der stets nur einfach Hewitt gerufen worden war, einen zweiten Namen haben sollte, war gänzlich ungewohnt.
    Der Angesprochene schluckte. »Doch, Sir. Natürlich, Sir. Eustace. Ich heiße Eustace mit Vornamen.«
    »Eustace? Eustace Hewitt? Ziemlicher Zungenbrecher!« Taggart stellte fest, dass ihm der Vorname des Burschen ähnlich wenig gefiel wie sein eigener. Ein Gefühl der Verbundenheit kam in ihm auf. »Nun, äh … Eustace Hewitt, verstehst du etwas von Seemannschaft?«
    »Wenn Ihr gestattet, Sir«, mischte Vitus sich ein, »antworte ich für Hewitt: Ja, er versteht etwas von Seemannschaft. Eine ganze Menge sogar.«
    Der Magister ergänzte: »Immerhin so viel, Capitán, dass er uns, schiffbrüchig, wie wir waren, über das halbe Westmeer gesegelt hat. Im Beiboot der
Gallant

    »Westmeer? Beiboot?
Gallant?
« Der Kommandant verstand nicht, schob die sich aufdrängenden Fragen aber beiseite. Alles zu seiner Zeit, das war seine Devise. Im Übrigen schätzte er es nicht, wenn ihm die Gesprächsführung aus der Hand glitt. »Nun, Hewitt, gute Männer kann ich immer brauchen. Was hieltest du davon, ein
Falcon
zu werden?«
    »Ein
Falcon
? Oh, Sir! Sir, es wäre mir eine Ehre, unter Euch dienen zu dürfen!« Hewitts Augen leuchteten. Wie so viele Gleichaltrige hatte er schon als Junge immer davon geträumt, irgendwann einmal bei dem

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