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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Schwärmer is Käse un Bäckling is Brot. Alles mies un schattnig.«
    »Haltet Euch zurück!« Dass die Mannschaftsverpflegung als Speise für seinen Tisch gut genug sein sollte, kam selbstverständlich, trotz aller gebotenen Sparsamkeit, nicht in Frage. Der Geizhals grübelte fieberhaft. Seine persönlichen Bestände waren mehr als kläglich, jetzt, wo das Schaf fort war. Ein neuerlicher Strahl des Ärgers traf ihn. Er schüttelte ihn ab. Immerhin, was er noch hatte, war der Hahn, den er jedoch ganz allein zu verspeisen gedachte. Dann war da ein viertel Fässchen stark eingesalzene Schweinskopfsülze, doch das war, selbst bei knappster Zubemessung, wahrscheinlich zu wenig für die Zahl der zu erwartenden … hoppla! Stouts Gedankenfluss kam ins Stocken. Wie viele Gäste erwartete er überhaupt?
    Laut begann er zu zählen, wobei er für jede Person einen Finger umbog: »Als Gäste erwarte ich, äh … natürlich Mister Gerald, den Ersten …« Gerald als Offizier einzuladen war eine Selbstverständlichkeit, Gleiches galt auch für den neuen Steuermann. »Dann Mister Ó Moghráin, äh … ferner Vitus von Campodios, meinen Schiffsarzt, weiterhin …« Er unterbrach sich, denn er wollte Ramiro García, den Mann, den alle Magister nannten, eigentlich übergehen, andererseits war dieser ein zahlender Passagier und ein Gelehrter dazu. »… auch den Magister García, weil er, äh … ein Freund des Arztes ist.«
    »Bin auch ’n Gack vom Cirurgicus, sogar ’n guter!«
    »Ihr haltet den Mund. Ihr seid Koch und sonst gar nichts.«
    Stout wollte sich in seinen Überlegungen keineswegs unterbrechen lassen. »Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, beim Magister García … nun, den hatte ich ja schon, ich glaube, das wär’s.«
    »Nix, nix, Herr Kaptein. Habt die beiden Hudelmetzen vergessen.«
    »Die beiden Hudel …? Ach so, Ihr meint die beiden Passagierinnen.« Das stimmte in der Tat, an die hatte er überhaupt nicht gedacht, obwohl die eine, die mit dem fülligen Busen, durchaus keinen unangenehmen Anblick bot. Die jungen Frauen würden zwei hungrige Mägen mehr sein, doch mochten sie immerhin für einige Auflockerung an der Tafel sorgen. »Nun ja, die beiden Damen sollen ebenfalls eine Einladung erhalten.«
    Der Geizhals blickte auf seine umgebogenen Finger und musste feststellen, dass er mit sechs Gästen zu rechnen hatte, was bedeutete, dass sich, seine Person ausgenommen, nicht weniger als sechs Esser an seinem Tisch mästen würden.
    Aber womit? Die Frage, was er anbieten konnte, war noch immer nicht geklärt. Irgendetwas musste es doch geben, das einerseits in ausreichender Menge vorhanden war, andererseits nicht aus der Mannschaftsküche kam.
    Irgendetwas.
    Und dann, ganz plötzlich, wusste er, was das sein konnte. Ja, das war’s! Dass er darauf nicht gleich gekommen war!
    Er winkte den Zwerg näher und besprach mit ihm alles Notwendige.
    »Und Er gebot den Wolken droben
    und tat auf die Türen des Himmels
    und ließ Manna auf sie regnen zur Speise
    und gab ihnen Himmelsbrot.
    Brot der Engel aßen sie alle,
    Er sandte ihnen Speise in Fülle.
    Er ließ wehen den Ostwind unter dem Himmel
    und erregte durch Seine Stärke den Südwind
    und ließ Fleisch auf sie regnen wie Staub
    und Vögel wie Sand am Meer;
    mitten in das Lager fielen sie hinein,
    rings um Seine Wohnung her.
    Da aßen sie und wurden sehr satt.«
    Stout, der am Kopfende des Kartentischs stand, legte die Bibel fort und blickte in die Runde. Seine Gäste hatten, während er die Verse aus dem 78. Psalm vortrug, die Augen gesenkt gehalten, doch nun, da er zum Ende gekommen war, blickten sie auf. »Amen! Guten Appetit und frohe Weihnacht!«
    Übergangslos wollte Stout sich setzen, doch Vitus unterbrach sein Vorhaben, indem er sich erhob. Er nahm sein Glas auf, welches mit einem feurigen Roten, den er aus seinen eigenen Beständen beigesteuert hatte, gefüllt war, und sprach: »Ladies und Gentlemen, erlaubt mir, dass ich zuerst auf unsere geliebte Herrscherin, auf Ihre Majestät Königin Elisabeth I. einen Toast ausspreche. Der Allmächtige schenke ihr Gesundheit, Reichtum und ein langes Leben.
God save the Queen!
Cheers!«
    »Cheers! Sláinte! Und frohe Weihnacht!«, kam es von allen Seiten, während man aufstand und miteinander anstieß. Die Gläser mit dem von Vitus gespendeten Roten erklangen hell.
    »Ich bitte, die Gläser schonend zu behandeln«, mahnte Stout, der nicht aus seiner Haut herauskonnte, »möchte sie in der Neuen Welt noch für

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