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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Ihr tun?«
    Vitus erklärte es ihm.
    Wenig später machte Stout, von Gerald und Ó Moghráin an den Beinen gehalten, unbeholfene Kopfstände in seiner Kajüte, wobei die Offiziere sich abmühten, seinen Körper ruckartig nach oben zu reißen, immer in der Hoffnung, der Stein möge sich durch die Erschütterung lockern und den Abflusskanal in der Blase freigeben.
    Endlich, nach einem Dutzend vergeblicher Versuche, sagte Vitus bedauernd: »Die Blase, Sir, ist ein Organ von begrenzter Dehnungsfähigkeit. Wir können nicht tatenlos zusehen, wie sie, bedingt durch die Tätigkeit Eurer Nieren, voller und voller wird und schließlich zu reißen droht. Ich werde deshalb einen Steinschnitt machen müssen.«
    Stout jammerte: »Jesus Christus, was hat das nun wieder zu bedeuten?«
    »Ich werde Eure Haut unterhalb des Skrotums öffnen, um an den Stein zu gelangen.«
    »Mich aufschneiden? Dort? Kommt nicht in Frage!«
    »Sir!« Vitus wurde energisch. »Wollt Ihr lieber bei lebendigem Leibe platzen?«
    »Nein, äh … natürlich nicht. Gibt es denn gar keine andere Möglichkeit?«
    »Ich könnte Euch katheterisieren. Das ist eine Methode, den Harn abfließen zu lassen, aber glaubt mir: Der Erfolg wäre nur von vorübergehender Dauer. Früher oder später würde der Stein den Blasenausgang wieder verschließen.«
    »Dann los, in Gottes Namen.«
    »Gut.« Vitus brauchte einen Augenblick, um sich zu sammeln. Die Operation eines Steins war alles andere als ein chirurgischer Spaziergang. Sie verlangte viel Geschick, höchste Konzentration und gute Nerven. »Magister, nimm die Schüssel aus dem Stuhl und stell sie auf den Boden. Gut so, und nun besorgst du zwei Laternen und hängst sie über diesem Platz auf, ich brauche mehr Licht.« Er wandte sich an den Kapitän. »Sir, seid so gut und setzt Euch wieder. Und versucht, Euch zu entspannen. Mister Ó Moghráin, zieht bitte den Vorhang fort, er behindert mich. Mister Gerald, ich brauche ein fünf Fuß langes Tau mit einer Schlinge an jedem Ende. Durchmesser der beiden Augen ungefähr fünf Zoll.«
    »Verlasst Euch auf mich, Cirurgicus.« Gerald fragte nicht lange, sondern eilte davon.
    Dennoch vergingen noch quälende Minuten, bis Stout, der immer wieder von Schmerzwellen gebeutelt wurde, operationsbereit war. Vitus trat vor ihn hin und schob ihm die beiden Schlingen des von Gerald bereitgestellten Taus zunächst über die Füße, dann weiter hinauf bis in die Kniekehlen. Anschließend bog er Stout den Kopf nach vorn, damit er ihm das Tau in den Nacken legen konnte. Als der Kapitän mühsam wieder hochkam, zog er automatisch mit Hilfe des Taus seine Knie an den Körper.
    »Das Tau ist nur eine Vorsichtsmaßnahme«, erklärte Vitus seinen drei Helfern. Sie standen um den Kranken herum und hatten jeder eine ganz bestimmte Aufgabe. Gerald, der sich im Rücken des Kapitäns befand, sollte ihn aufrecht halten und ihm, von hinten herumgreifend, den Hodensack anheben, und Ó Moghráin und der Magister, links und rechts vor Stout postiert, sollten ihm die Beine an den Knien auseinander ziehen. »Ich bin sicher, Gentlemen, Ihr werdet Euer Möglichstes tun, dennoch: Ein Patient mit derartigen Schmerzen ist immer unberechenbar. Deshalb das Tau, mit dessen Hilfe verhindert wird, dass er plötzlich mit den Beinen nach unten tritt.«
    Die drei nickten. Ihre Mienen verrieten die Anspannung. Der Geizhals stöhnte zum Gotterbarmen.
    Vitus trat einen Schritt zurück und überprüfte noch einmal die bereitliegenden Instrumente. Alles schien komplett. Das Schiff machte ruhige Fahrt, gottlob, denn die Operation würde auch so schwierig genug werden. Er verabfolgte dem willenlosen Stout eine weitere Portion Laudanum und holte tief Luft. »Gentlemen, habt Ihr ihn fest im Griff? Gut. Also dann, fangen wir an.«
    Stouts Skrotum war stramm nach oben gezogen und gab den Blick frei auf das Mittelfleisch, die Partie zwischen Anus und Hodensack. Die Fläche war stark behaart. Vitus ließ sich vom Magister ein kleines Schermesser reichen und rasierte die Operationsstelle sorgfältig aus. Dann gab er das Messer zurück.
    Was jetzt kam, war unangenehm, musste aber sein. Er kniete sich vor den Patienten hin und strich sich Zeige- und Mittelfinger der linken Hand dick mit Salbe ein. Dann steckte er die Finger tief in den Anus, schräg nach oben. Er versuchte, mit den Fingerspitzen an die Blase heranzureichen, was ihm auch nach kurzer Zeit gelang. Das Hohlorgan schien ziemlich voll zu sein. Er suchte, prüfte, tastete

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