Der Clan
kannten. Der Konservator zeigte sich beeindruckt und stimmte am Donnerstag für Masons Wahl in den Vorstand.
Am Freitag wählte der neue fünfköpfige Vorstand Loren zum Vorstandsvorsitzenden und Angelo Perino zum geschäftsführenden Generaldirektor von XB Motors.
3
Angelo hatte ein Luxusapartment in Detroit angemietet. Er mußte jetzt soviel Zeit dort verbringen, daß er es Geldverschwendung fand, dauernd im Hotel zu wohnen. Er hatte Betsy dringend gebeten, nicht dorthin zu kommen. Es war ihm zwar gelungen, einmal eine Mannschaft von Privatdetektiven abzuschütteln und außer Gefecht zu setzen. Aber er zweifelte daran, daß Loren die Idee aufgegeben hatte, kompromittierende Fotos von ihm und Betsy zu bekommen.
Er wartete in dieser Detroiter Wohnung bis acht Uhr, weil er hoffte, sie werde anrufen, damit sie sich irgendwo treffen konnten. Aber sie rief nicht an, und so ging er einfach nur ins Red Fox Inn zu einem Steak und einer Flasche Chateauneuf du Pape. Es war das Restaurant, aus dem seinerzeit der berüchtigte Jimmy Hoffa spurlos verschwunden war.
4
Betsy hatte an diesem Abend etwas anderes vor.
Als Tom Mason an der Tür ihrer Suite im Renaissance Center erschien, trug sie enganliegende schwarze Hosen und einen losen Sweater, der wie nachlässig von einer ihrer Schultern gerutscht war und den Eindruck erweckte, als fiele er jeden Moment auch von der zweiten.
»Miß Betsy ... Sie verzeihen mir sicher, wenn ich Sie nicht mit Viscountess Soundso anspreche. Kommt Mr. Perino auch zu unserem Dinner?«
»Mr. Perino ist Familienvater, Tom, ob Sie es glauben oder nicht. Er hat fünf Kinder und ist nach Connecticut heimgeflogen, er wird seine Gründe gehabt haben.«
»Ach so, ja dann ...«
»Aber was denn? Setzen Sie sich doch, Tom. Bourbon?«
Tom Mason lächelte. »Ob Sie es glauben oder nicht, Miß Betsy, ich bin ein etwas aus der Art geratener Kentuckyer. Ich trinke lieber Scotch.«
»Und wie halten Sie es mit Martinis?«
»Es gab mal eine Zeit, da hatte ich einen Ruf wie Donnerhall, was Martinis angeht.« Er lachte spitzbübisch.
Betsy lachte zurück. »Na, dann kommen Sie mal her und helfen. On the rocks oder ohne?«
»Na, wenn Sie mich so fragen, Miß Betsy, ohne. Ganz ohne.«
»Dann mahlen Sie mal ein bißchen Eis klein.«
Tom machte sich ans Werk. »Was ist eigentlich passiert, Miß Betsy?« erkundigte er sich nach einer Weile vorsichtig. »Haben wir die Firma Ihrem Vater weggenommen? Ich habe so den Eindruck.«
»Ganz recht, ja. Sofern er nicht wieder die Kontrolle über die Aktienanteile der Stiftung zurückbekommt, was durchaus passieren könnte. Außerdem, Tom, wenn Sie jetzt nicht aufhören, mich Miß Betsy zu nennen, dann kriegen Sie von mir einen Tritt in gewisse Weichteile.«
»Wie wäre es mit Lady Neville?«
Sie lachte. »Ihre Durchlaucht, die Viscountess Neville. Wie alt war ich, als wir uns kennenlernten, Tom?«
»Och, zwanzig, einundzwanzig, denke ich.«
»Sehen Sie. Als ich Angelo kennenlernte, war ich sechzehn. Er hat mich auch immer Miß Betsy genannt, bis - na ja, jetzt ist er der Vater meines Sohnes John. Haben Sie das gewußt?«
»Ich habe davon gehört, ja.«
»Also, nennen Sie mich nicht mehr Miß Betsy, Tom!«
Sie setzten sich mit ihren Martinis. Betsy brachte eine Käseplatte, Obst und Eiswaffeln aus dem Kühlschrank, die sie zuvor vom Zimmerservice hatte kommen lassen.
»Hören Sie zu, Tom«, sagte sie. »Wir haben Sie nicht hergeholt, Angelo und ich, damit Sie nur den Jasager für uns spielen. Das haben wir Ihnen aber schon gesagt. Wir haben sie nominiert, weil wir jemanden mit Urteilskraft und Köpfchen haben wollten. Ben Marple hatte die entscheidende Stimme für die Mehrheit, und er hat Sie unter dieser Voraussetzung akzeptiert. Angelo und ich wollten jemanden, der durchaus auch einmal gegen uns stimmen kann, aber wenn, dann nur mit guten und rein sachlichen Gründen, und nicht, weil er an den Marionettenfäden meines Vaters hängt. Denn die Firma soll künftig anders geführt werden als bisher.«
»Dafür ist es auch verdammt höchste Zeit, wenn Sie mir die Bemerkung erlauben«, sagte Tom Mason.
»Wissen Sie, Tom, Nummer eins war ein richtiges Ungeheuer. Ich glaube nicht, daß Sie sich überhaupt eine Vorstellung davon machen können.«
»Ach Gott, ich bin alt genug, um mich daran zu erinnern, daß auch der alte Ford ein Bewunderer Hitlers war.«
»Andererseits«, sagte Betsy, »muß man immer bedenken, daß das Kamel eigentlich ein Pferd sein sollte,
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