Der Clan
interessiere. Die Ballerina, vermutlich.«
Er überreichte ihr seine geprägte Visitenkarte.
Robert J. Carpenter 100 Hollyridge Drive Los Angeles, California 90068
»Falls ich kaufe, werde ich mit Scheck bezahlen. Natürlich erwarte ich nicht, daß Sie mir das Stück aushändigen, bevor der Scheck auch eingelöst ist. Der Preis bleibt?«
»Alle Preise von DeCombe sind fix«, sagte Cindy.
Er warf prüfende Blicke rundum. »Ihre Galerie ist wirklich sehr bemerkenswert, Mrs. Perino. Darf ich mich noch ein wenig umsehen?«
»Aber gewiß doch. Ich kann Ihnen auch ein paar andere Sachen zeigen, die eventuell von Interesse sind.«
Bei einem gemeinsamen späten Lunch mit ihm in der Quilted Giraffe schrieb er ihr einen Scheck über fünfzehntausend Dollar aus.
2
Roberta packte die DeCombe-Ballerina aus. Cindy hatte sie sorgfältig in eine mit Holzwolle ausgelegte Kiste verpackt, und Carpenter hatte die Kiste als Handgepäck im Flugzeug von New York mitgebracht.
»Fünfzehntausend Dollar«, murmelte Loren kopfschüttelnd.
»Und das ist erst der Anfang«, sagte Carpenter. »Ein ganz kleiner Anfang. Für eine später mal bedeutende Kunstsammlung.«
»Richtig«, sagte Roberta und erinnerte Loren daran: »Du selbst hast dich doch dafür entschieden. Da kannst du nicht gut den Kopf schütteln und gleichzeitig erwarten, daß es funktioniert.«
»Außerdem«, gab Carpenter zu bedenken und nahm einen Schluck Courvoisier, »ist, was Sie da haben, seine fünfzehntausend Dollar auch wert. Jeden einzelnen. Das Stück könnten Sie auf der Stelle jederzeit für zwölf weiterverkaufen, vielleicht sogar für die ganzen fünfzehn. Aber in ein paar Jahren ist es zwanzig oder fünfundzwanzig wert. Sie müssen das als Investition sehen. Nur meine Provision und meine Spesen sehen Sie nie wieder.«
»Ein schönes Stück, wirklich«, sagte Roberta. »Da müssen uns die fünfzehn Mille wirklich nicht reuen.«
»Ich nehme an, Sie haben nichts herausgefunden«, sagte Loren.
»Natürlich nicht. Ich sagte ja nicht einmal, daß ich wüßte, ihr Mann sei im Automobilgeschäft. Ich habe überhaupt keine einzige persönliche Frage gestellt, und sie auch nicht. Wir haben ausschließlich über Kunst gesprochen.«
»Wann treffen Sie sie wieder?« fragte Loren.
»Sicherlich nicht, bevor Sie mein Spesenkonto bei der United California Bank wiederaufgefüllt haben. Außerdem wäre es wohl ein Fehler, zu früh wieder zu erscheinen. Mindestens einen Monat Pause müssen wir lassen.«
»Für wen hält sie Sie?«
»Nun, für einen Kunstliebhaber, und zwar für einen, der auch die Mittel dafür hat. Sollte das Thema einmal zur Sprache kommen, werde ich mich als Bootsmakler ausgeben. Das ist ein ausreichend ausgefallenes Metier, um Nachforschungen zu erschweren und zu entmutigen.«
»Sind bisher schon irgendwelche Probleme aufgetaucht?«
»Ein einziges. Marcus Lincicombe. Er hat mich etwas eigenartig angesehen. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, daß er mich zuvor schon irgendwo gesehen haben kann, aber die Kunstwelt ist klein und ein Clan für sich. Es ist nicht unmöglich, daß wir einander schon irgendwo über den Weg gelaufen sind und er sich daran erinnert.«
»Sie haben mir doch versichert, niemals hier im Osten oder in Europa gearbeitet zu haben.«
»Ich habe auch niemals irgendwo anders als im Südwesten und in Kaliformen gelehrt. Aber es ist ja denkbar, daß Lincicombe irgendwann zu einer Ausstellung oder einem Festival bei uns im Westen war.«
»Schön, Professor. Hoffen wir, daß es nicht so war. Wo werden Sie bis zu Ihrer nächsten Reise nach New York erreichbar sein?«
»Bei mir zu Hause. Ich bin ja schließlich immer noch Professor für Kunstgeschichte, habe Unterrichtsverpflichtungen und eine Ausstellung zu hängen.« Er lächelte. »Und habe außerdem eine sehr kompetente Fälscherwerkstatt zu verbergen.«
»Gehen Sie keine Risiken ein, Professor«, sagte Loren. »Sie arbeiten jetzt für mich. Und für nicht wenig. Stellen Sie alle Unternehmungen, Fälschungen zu verkaufen, vorerst ein, bis unser Geschäft erledigt ist.«
»Gut, ich könnte mir natürlich das nächste Jahr als Forschungsurlaub frei nehmen und mich in dieser Zeit ausschließlich Ihrem Projekt widmen.«
»Tun Sie das. Ich habe etwas gegen Teilzeitbeschäftigungen.«
Eine Stunde später lag Loren wieder einmal bäuchlings auf dem Teppichboden ihres Schlafzimmers. Roberta ging mit einem Scotch in der einen und einer Zigarette in der anderen Hand herum und teilte
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