Der Clan
wortlos.
»Ich bezweifle gar nicht«, sagte Betsy, »daß sie dir eine gute Ehefrau ist. Aber ich wäre noch besser gewesen.«
»Vielleicht beliebst du dich daran zu erinnern, daß du selbst gerade verheiratet warst, als ich Cindy heiratete.«
»Ach was«, sagte sie. »Du wußtest doch, was arrangiert und abgemacht war. Du hättest auf mich warten können.«
Aber er schüttelte den Kopf.
»Sie haben eine Mordswut«, sagte sie. »Der Alte und mein Vater, meine ich. Und ich übertreibe nicht. Wenn sie nur glauben könnten, es würde ihnen nichts passieren, würden sie dir mit Wonne persönlich den Hals umdrehen.«
»Ich habe ihnen doch nichts getan«, meinte Angelo achselzuckend. »Nicht wirklich.«
»Es geht darum, was du da geschrieben und veröffentlicht hast. Sie sind davon überzeugt, daß Thurman dich als Quelle hatte, für das, was er in seinem großen Artikel schrieb. Du weißt, was ich meine.«
Natürlich wußte es Angelo. Guy Thurman hatte in einem der großen Nachrichtenmagazine einen zwanzig Seiten langen Artikel über die Familie Hardeman veröffentlicht.
Die Qualitäten, die aus Vätern große Männer machen, vererben sich bekanntlich leider nur allzu selten auf ihre Söhne. Ganz im Gegenteil sogar läßt sich eine Tendenz erkennen, daß eben diese Qualitäten ähnliche Ansätze in den Söhnen unterdrücken. So war es auch mit Loren Hardeman, dem Gründer von Bethlehem-Motors. Sein Sohn und sein Enkel wurden wie er Loren Hardeman getauft, und es wurde Brauch, ihn Nummer eins zu nennen, den Sohn Nummer zwei und den Enkel Nummer drei.
Es mag sein, daß Nummer eins gelegentlich darüber nachdachte, was wohl aus Nummer zwei hätte werden können, wäre er nicht so total in seinem eigenen Schatten gestanden. Aber so wurde dieser jedenfalls ein schwacher und wankelmütiger Mann. Als heimlicher Homosexueller wurde er erpreßbar. 1952 beging er Selbstmord. Nummer drei seinerseits erwies sich als erfolgsneidisch und eifersüchtig, mit einer Neigung zu Manipulationen, und hat inzwischen mehr als einmal vergeblich versucht, dem alten Mann das Steuer von Bethlehem-Motors aus der Hand zu nehmen.
Nummer eins, der sich nach einem Mann umsah, der ihm für Bethlehem-Motors einen rassigen und verkaufsträchtigen Sportwagen bauen sollte — den nach seiner Ur-Enkelin getauften Betsy —, holte sich dafür einen jungen Mann, den er schon kannte, seit dieser ein Kind war: Angela Perino. Angela Perino war inzwischen Diplomingenieur und besaß exakt dieselbe Leidenschaft für das Automobilbauen wie der Alte selbst. Und was noch schwerer wog, er hatte auch denselben Mumm wie er. Er hatte bereits eine fünfjährige Karriere als Rennfahrer hinter sich, die ihn bis auf den zweiten Platz der Weltrangliste brachte, war dann bei einem Unfall in seinem brennenden Auto fast ums Leben gekommen. Er hatte eigenes Geld aus den Rennen, und er war risikofreudig.
Um den Betsy zu bauen, mußte aber der erbitterte Widerstand von Loren Hardeman III. überwunden werden, der alles tat, was er nur konnte, das Projekt zu torpedieren — sicher, auch aus Neid und Eifersucht, aber ebenso wegen seiner festen Überzeugung, Bethlehem-Motors müsse sich früher oder später aus dem Automobilbau zurückziehen und sich auf das Gebiet konzentrieren, auf dem das Werk schon jetzt weitaus mehr verdiente: auf die Zubehör- und Zuliefererproduktion.
Die erbitterte Auseinandersetzung zog sich drei Jahre lang hin. Als Nummer drei sah, daß er verlieren würde, schreckte er nicht einmal mehr davor zurück, den experimentellen Wagen zu sabotieren. Als auch das fehlschlug, heuerte er tatsächlich Schläger an, die Angela Perino überfielen und halb totprügelten ...
Nummer drei hatte Thurman zwar verklagt, war aber rasch abgewiesen worden und mußte die Kosten des Verfahrens tragen.
»Thurman hat einfach zu viele Interna mitgeteilt«, sagte Betsy, »als daß er nicht zwangsläufig Insider-Informationen haben mußte.«
»Ja, aber nicht von mir «, sagte Angelo mit Bestimmtheit. »Das heißt das noch lange nicht. Ich kann jeden Eid schwören, daß ich Thurman nie im Leben persönlich gesehen habe. Und ich habe auch niemals mit ihm geredet oder korrespondiert.«
»Mich mußt du nicht überzeugen«, sagte Betsy. »Ihnen mußt du es klarmachen. Versuch das mal. Ich sage nur, mein Schatz: sei vorsichtig. Dreh ihnen nie den Rücken zu. Sie sind imstande ...« Sie brach ab und meinte dann achselzuckend: »Ach, was, zum Henker damit. Als hätten wir nichts
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