Der Clan
authentische Nachkommin und, wenn es denn einmal dazu kommen sollte, ein sehr viel beachtlicherer Gegner als ihr Vater. »Bis jetzt hast du die dunklen Seiten der Hardemans noch nicht gezeigt«, log er. »Noch nicht zeigen müssen.«
Sie tranken zusammen eine Flasche schweren ungarischen Weins mit kleinen fleischgefüllten und mysteriös gewürzten Pastetchen als
Appetithäppchen. Als sie sich vorbeugte, um ihnen beiden Wein nachzuschenken, ließ sie ihn demonstrativ in ihren tiefen V-Ausschnitt sehen. Morgen traf sie sich also mit Roberta, dachte Angelo und starrte auf ihre bloßen Brüste unter dem Kleid. Das würde wohl eine echte Konfrontation werden. Im Vergleich mit diesen beiden konnte man Loren jederzeit getrost vergessen, falls es wirklich einmal gefährlich werden sollte.
»Tust du mir einen Gefallen?« fragte Betsy.
»Sicher. Meine Güte, ich sage, sicher, ohne zu wissen, was du tatsächlich willst.«
»Du hast mein Auto noch immer nicht gebaut. Der Stallion ist ja erfolgreich, aber mich würden keine zehn Pferde in das Ding reinkriegen. Was ist aus dem Betsy geworden?«
»Ach, weißt du«, sagte er, »ich war ja nur die ganze Zeit so ein klein wenig damit beschäftigt, die Pleite deiner Firma zu verhindern. Und damit, aufzupassen, daß mir dein lieber Vater nicht das Messer in den Rücken rammt.«
»Ich will meinen Wagen haben, Angelo! Auch wenn du ihn nicht Betsy taufen kannst. Aber ich möchte, daß du ein Auto baust, auf das du stolz sein kannst, und ich auch. Der Stallion ist gut dafür, das Geld hereinzubringen, das dafür nötig ist. Insofern ist er meinetwegen auch prima.«
»Ich bin stolz auf den Stallion, Betsy!«
»Ja, sicher doch. Und mit gutem Grund, zugegeben. Aber jedesmal, wenn man ihn fährt, muß man die Zähne zusammenbeißen. Da stand ein Artikel in der Financial Times< in der Richtung: Cindy hat den ihren zwei Wochen lang gefahren und will sich nun aber nie mehr in ihn hineinsetzen. Sie fährt einen Porsche. Wo ist unser Porsche, Herr Doktor Ingenieur Perino?«
»Ich kann schließlich dem Vorstand der Firma keinen Sportwagen mit dem Bulldozer reinwürgen.«
»Ach, was«, sagte sie. »Was Angelo will, kriegt Angelo, das weiß doch jeder. Auch die liebe Betsy. Ich will einen Wagen unseres eigenen Werks hier in Europa fahren und sagen können: >So, ihr Blödmänner, schaut euch das mal an, was meine Firma kann! Das hat meine Firma gebaut, und zwar mein Liebhaber Angelo Perino! So wie sie es auf die mittelalterlichen Kunstwerke
immer geschrieben haben: AP fecit. Angelo Perino hat es gemacht.
Na?<«
»Könnte einen reizen«, sagte Angelo. »Bei Shizoka arbeiten sie mit neuen Materialien: Epoxidharze. Damit kann man extrem stabile und zugleich extrem leichte Karosserien bauen. Ein Muskelauto braucht keinen Muskelmotor, wenn er nicht Tonnen von Stahl schleppen muß.«
»Ich will einen Porsche oder Ferrari auf der Corniche überholen können, das will ich! Kriegst du das fertig?«
Er nickte. »Das kann ich.«
»Dann tu’s!«
Er seufzte. »Himmel, Betsy! Gerade erst habe ich einen Erfolg hingelegt und ...«
»Das ist eben dein Leben, du wunderbarer Bettbursche, du! Du bist doch keiner, der sich hinsetzt und sich auf seinen Lorbeeren ausruht, du doch nicht! Du tust immerzu etwas, das ist doch der springende Punkt! Du tust etwas! Und Betsy will auf jedem Schritt dabeisein, gleich hinter dir. Angelo, und wenn ich meinen Vater umbringen müßte, damit er dir aus dem Weg ist .«
»Also, Betsy, um alles in der Welt!«
»Ach, du weißt ganz genau, was ich meine und wie ich das meine.«
»Betsy ...«
»Mein Sohn«, erklärte sie nachdrücklich, »wird Nummer vier, da gibt es keine Diskussion. Er wird gut genug dafür ausgebildet. Zu den Dingen, die ihn gut genug machen, gehört, daß er weiß, was er an dir hat und dich deine Autos bauen läßt, so wie du sie bauen willst, ohne daß dir einer dreinredet. Alles, was wir dazu tun müssen, ist Nummer drei aus dem Weg zu schaffen. Das sollte doch wohl für Leute wie dich und mich nicht schwieriger sein, als eine Fliege mit der Klatsche zu treffen. Kann ja sein, daß ich doch nie mit dir verheiratet sein werde, mein Liebling. Aber wir beide werden diese Firma jedenfalls führen und lenken. Was für Skrupel du auch immer dabei haben magst, ich werde diejenige sein, die sie dir aus dem Weg räumt. Ich habe schon mal etwas getan. Ich kann auch noch einmal etwas tun.«
»Was meinst du damit: schon mal was getan? Großer Gott,
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