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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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weggerannt … Er merkte, wie seine Gedanken abschweiften. Konos letzte Sätze hatte er nicht mitbekommen. Er zwang sich zur Konzentration auf die Gegenwart.
    Es gab keinen Grund mehr, den Edelmann weiter im Westen festzuhalten. Ja, vielleicht war dies der beste Zeitpunkt, um ihn wieder nach Hause zu schicken, dennseine Eindrücke vom Wohlstand der Domänen, von der Treue der Seishuu – und von der Schönheit, Charakterstärke und Kraft seiner Tochter – waren noch frisch. Andererseits hätte er von Taku gern mehr Details über Konos Umtriebe im Westen und über das Verhältnis des Edelmannes zu Zenko und Hana erfahren.
    Die Festlichkeiten dauerten bis in den späten Abend. Musiker spielten die dreisaitige Laute und die Harfe, und die ganze Zeit hallten Getrommel und Gesang aus der Stadt über die stillen Wasser von Fluss und Schlossgraben. Takeo schlief unruhig, immer noch voller Sorge um seine Töchter, um Kaede und das ungeborene Kind, und als er in aller Frühe erwachte, spürte er die Schmerzen in seiner Hand und ein dumpfes Reißen im ganzen Körper. Er befahl, Minoru zu wecken, und während er Tee trank, ging er das Protokoll der Gespräche vom letzten Abend durch, überprüfte, ob alles getreulich aufgezeichnet worden war, denn Minoru war die ganze Zeit hinter einem Wandschirm verborgen gewesen. Da Kono die Erlaubnis zur Abreise erhalten sollte, musste man diese organisieren.
    Â»Soll Lord Kono auf See oder über Land reisen?«, fragte Minoru.
    Â»Mit dem Schiff, wenn er noch vor dem Winter ankommen soll«, antwortete Takeo. »Im Gebirge der Hohen Wolken liegt bestimmt schon Schnee. Er schafft es nicht mehr, bevor die Pässe dicht sind. Er kann auf der Straße nach Hofu reisen und sich von dort einschiffen.«
    Â»Dann wird er gemeinsam mit Lord Otori bis Yamagata reisen?«
    Â»Ja, ich denke schon. Dort müssen wir ihn noch einmal beeindrucken. Am besten, du setzt Lady Miyoshi gleich darüber in Kenntnis.«
    Minoru verneigte sich.
    Â»Minoru, du warst bei allen Treffen mit Lord Kono zugegen. Gestern Abend schien seine Haltung sich ein wenig verändert zu haben, findest du nicht auch?«
    Â»Er wirkte versöhnlicher«, antwortete Minoru. »Ihm ist sicher nicht entgangen, wie beliebt Lord Otori und wie treu und hingebungsvoll das Volk ist. In Yamagata wird Lord Miyoshi ihm bestimmt die Größe und die Stärke unserer Armeen vor Augen führen. Lord Kono muss in der Überzeugung zum Kaiser zurückkehren, dass die Drei Länder nicht so leicht in die Knie zu zwingen sind, und …«
    Â»Fahr fort«, ermutigte Takeo ihn.
    Â»Es steht mir nicht zu, dies zu sagen, aber Lady Shigeko ist unverheiratet, und Lord Kono wird mit Sicherheit lieber eine Heirat vermitteln als einen aussichtslosen Krieg anzetteln. Wenn er der Vermittler sein soll, muss er das Vertrauen und die Zustimmung des Brautvaters haben.«
    Â»Nun, wir werden ihm weiter schmeicheln und versuchen, ihn zu beeindrucken. Gibt es Nachrichten von Muto Taku? Ich hatte ihn schon gestern Abend erwartet.«
    Â»Er hat sich bei seinem Bruder entschuldigt und gesagt, er fühle sich unwohl – weiter nichts«, antwortete Minoru. »Soll ich mit ihm in Kontakt treten?«
    Â»Nein. Es muss einen wichtigen Grund für seinFernbleiben geben. Die Hauptsache ist die Gewissheit, dass er noch lebt.«
    Â»Hier in Maruyama würde es doch wohl niemand wagen, Lord Muto anzugreifen?«
    Â»Im Laufe seiner Arbeit für mich hat er viele Menschen gegen sich aufgebracht«, sagte Takeo. »Keiner von uns beiden kann sich jemals wirklich in Sicherheit wiegen.«
    Die Banner der Maruyama, der Otori und der Seishuu flatterten über dem Reitplatz vor dem Schloss. Im Graben lagen dicht an dicht flache Kähne, in denen Zuschauer saßen. Für die Angehörigen der höheren Schichten hatte man Pavillons aus Seide errichtet, und von den Dächern und den Stangen, die rund um die Pavillons im Boden steckten, hingen mit Troddeln geschmückte Wappen. In einem dieser Pavillons, dessen Fußboden von Kissen und Teppichen bedeckt war, saß Takeo auf einem Podest. Rechts von ihm saß Kono, links von ihm Zenko und dicht dahinter Hana.
    Vor ihnen saß Hiroshi auf dem fahlgrauen Pferd mit der schwarzen Mähne und dem schwarzen Schweif, das Takeo ihm vor vielen Jahren geschenkt hatte, und wartete so reglos wie eine Statue. Hinter

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