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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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auch.«
    Â»Kommen Sie näher«, sagte er zu Takeo. »Lassen Sie mich sehen, wo sie Sie erwischt hat.«
    Â»Wir sollten hineingehen«, erwiderte Takeo. »Besser, wir reden unter vier Augen.«
    Nachdem Taku den Mägden befohlen hatte, frisches Wasser und Tee zu bringen, führte er Takeo zum kleinen Zimmer am Ende der Veranda. Er faltete die Schlafmatten zusammen und schob sie in eine Ecke. Eine Lampe brannte noch, daneben standen ein Krug mit Wein und eine Trinkschale. Takeo nahm die Szene schweigend in Augenschein.
    Â»Eigentlich hatte ich erwartet, dich schon früher zu sehen«, sagte er mit kalter Stimme. »Ich hätte nicht gedacht, meiner Tochter auf diese Weise zu begegnen.«
    Â»Dafür gibt es keine Entschuldigung«, erwiderte Taku. »Aber lassen Sie mich erst Ihre Wunde versorgen. Setzen Sie sich hierhin und trinken Sie dies.« Er goss den letzten Wein in die Schale und reichte sie Takeo.
    Â»Du schläfst nicht allein, aber du trinkst allein?« Takeo leerte die Schale auf einen Zug.
    Â»Sada mag keinen Wein.« Zwei Mägde erschienen in der Tür, eine mit Wasser, eine mit Tee. Taku nahm die Schüssel mit Wasser und begann, Takeos Wange zu waschen. Die Kratzer brannten.
    Â»Bring mehr Wein für Lord Otori«, befahl Taku einer der beiden Mägde. »Ziemlich viel Blut«, murmelte er. »Die Krallen haben tiefe Wunden geschlagen.«
    Als die Magd mit einem neuen Krug zurückkehrte, verstummte er. Sie füllte die Trinkschale und Takeo leerte sie.
    Â»Gibt es hier einen Spiegel?«, fragte er sie.
    Sie nickte. »Ich hole ihn für Lord Otori.«
    Sie kam mit einem Gegenstand zurück, der in mattbraunen Stoff gehüllt war, fiel auf die Knie und reichte ihn Takeo. Er wickelte ihn aus. Einen solchen Spiegel hatte er noch nie gesehen: Er war rund, hatte einen langen Griff und die Spiegelfläche glänzte. Takeo hatte sein Spiegelbild selten gesehen – und niemals so deutlich – und war erstaunt. Er hatte nicht gewusst, wie er aussah – ganz ähnlich wie Shigeru, als er diesen zum allerletzten Mal gesehen hatte, allerdings dünner und älter. Die Krallenspuren auf seiner Wange waren tief, ihre Ränder scharlachrot und dort, wo das Blut trocknete, etwas dunkler.
    Â»Woher stammt dieser Spiegel?«
    Die Magd warf Taku einen Blick zu und murmelte: »Aus Kumamoto. Ein fahrender Händler liefert uns ab und zu Waren, ein Mann der Kuroda, Yasu. Wir kaufen Messer und Werkzeuge von ihm – er hat diesen Spiegel mitgebracht.«
    Â»Kennst du diesen Spiegel?«, wollte Takeo von Taku wissen.
    Â»Diesen hier nicht. Aber ich habe ähnliche in Hofu und Akashi gesehen. Sie sind inzwischen recht beliebt.« Er tippte auf die Oberfläche. »Das ist Glas.«
    Die Rückseite bestand aus einem Metall, das Takeo nicht sofort erkannte, und hatte ein geschnitztes oder gegossenes Muster aus ineinander verwobenen Blumen.
    Â»Er ist in Übersee hergestellt worden«, sagte er.
    Â»Sieht ganz so aus«, stimmte Taku zu.
    Takeo betrachtete noch einmal sein Spiegelbild. Irgendetwas an diesem fremdartigen Spiegel beunruhigte ihn. Er versuchte, das Gefühl zu verdrängen.
    Â»Es wird lange dauern, bis diese Spuren verblassen«, sagte er.
    Â»Hm-hm«, pflichtete Taku bei und tupfte die Wunde mit einem sauberen Stück Papier trocken. Dann bestrich er sie mit der klebrigen Salbe.
    Takeo reichte der Magd den Spiegel zurück. Als sie gegangen war, sagte Taku: »Wie sah sie aus?«
    Â»Die Katze? So groß wie ein Wolf. Sie besaß den Kikutablick. Hast du sie noch nie gesehen?«
    Â»Ich habe sie in Maya gespürt. Und vor ein paar Nächten haben Sada und ich sie kurz gesehen. Sie kann durch Wände schlüpfen. Sie ist sehr mächtig. In meinem Beisein hat Maya ihr Widerstand geleistet, obwohl ich sie überreden wollte, ihre Gestalt anzunehmen. Maya muss lernen, sie zu beherrschen – im Moment scheint sie immer dann Besitz von ihr zu ergreifen, wenn sie nicht ganz wachsam ist.«
    Â»Und wenn sie allein ist?«
    Â»Wir können sie nicht die ganze Zeit im Auge behalten. Sie muss gehorsam sein und die Verantwortung für ihre Taten übernehmen.«
    Takeo wurde plötzlich zornig. »Ich hatte nicht erwartet, dass die beiden Menschen, denen ich meine Tochter anvertraut habe, am Ende miteinander schlafen!«
    Â»Das hatte ich auch nicht erwartet«, sagte Taku leise.

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