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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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interessiert, als diese Worte übersetzt wurden. »Dann könnte Lord Arai uns vielleicht helfen, auf Seine Kaiserliche Majestät zuzugehen?«
    Â»Mit dem größten Vergnügen«, antwortete Zenko, errötet aus Vorfreude und auch vom Wein.
    Die Frau, ihre Dolmetscherin, übersetzte dies und fügte noch einige Sätze hinzu. Don Carlo lächelte etwas betrübt, wie Hana dachte, und nickte zwei- oder dreimal.
    Â»Was hast du gesagt?«, fragte sie Madaren.
    Â»Vergeben Sie mir, Lady Arai. Ich habe Don Carlo etwas in einer religiösen Angelegenheit gesagt.«
    Â»Erzähl uns mehr darüber. Mein Mann und ich interessieren uns für die Sitten der Fremden und sind für ihren Glauben offen.«
    Â»Lord Otori beklagenswerterweise nicht«, sagte Don Carlo. »Ich hatte geglaubt, er wäre uns in dieser Hinsicht geneigt, und ich hatte große Hoffnungen darauf gesetzt, die Seele seiner schönen Frau zu retten, aber erhat uns verboten, öffentlich zu predigen oder eine Kirche zu errichten.«
    Â»Wir würden gern mehr über diese Dinge erfahren«, sagte Hana höflich. »Und im Gegenzug wüssten wir gern, wie viele Schiffe Ihr König jetzt bei den Inseln des Südens hat und wie lange sie bräuchten, um hierherzusegeln.«
    Â»Du heckst einen neuen Plan aus«, sagte Zenko, als sie abends allein miteinander waren.
    Â»Ich kenne den Glauben der Fremden ein wenig. Die Verborgenen waren so verhasst, weil sie keiner weltlichen Autorität, sondern nur ihrem Geheimen Gott gehorcht haben. Der Deus der Fremden ist genauso, auch er verlangt völlige Treue.«
    Â»Ich habe Takeo oft die Treue geschworen«, sagte Zenko. »Die Vorstellung, wie Noguchi als eidbrüchig zu gelten, gefällt mir nicht. Um dir die Wahrheit zu sagen: Das ist das Einzige, was mich noch zurückhält.«
    Â»Takeo hat Deus von sich gewiesen – das ist heute Abend im Gespräch deutlich geworden. Was, wenn Deus dich erwählt hätte, um ihn zu bestrafen?«
    Zenko lachte. »Wenn Deus mir auch Schiffe und Waffen verschafft, bin ich gern bereit, einen Handel mit ihm einzugehen!«
    Â»Wenn uns sowohl der Kaiser als auch Deus befehlen, Takeo zu vernichten, wer sind wir, dass wir dies in Frage stellen oder ungehorsam sein dürften?«, sagte Hana. »Wir sind im Recht und wir haben das entsprechende Werkzeug.«
    Ihre Blicke trafen sich, und beide wurden wieder von der unbeherrschbaren Fröhlichkeit gepackt.
    Â»Ich habe noch einen Plan«, sagte Hana später, als die Stadt still war und sie schläfrig und zufrieden in den Armen ihres Mannes lag.
    Er schlief schon fast. »Du bist eine Schatzkammer der guten Ideen«, murmelte er und streichelte sie träge.
    Â»Dank dir, mein Lord! Aber möchtest du sie nicht hören?«
    Â»Hat das nicht Zeit bis morgen?«
    Â»Manche Dinge sagt man besser im Dunkeln.«
    Er gähnte und wandte ihr das Gesicht zu. »Flüstere mir deinen Plan ins Ohr. Ich denke darüber nach, während ich träume.«
    Als sie es ihm gesagt hatte, lag er lange Zeit so still da, als schliefe er, doch sie wusste, er war wieder hellwach. Schließlich sagte er: »Ich gebe ihm noch eine Chance. Immerhin ist er mein Bruder.«

KAPITEL 35

    Trotz aller Bemühungen Sadas und Ishidas klebriger Salbe hinterließ die Wunde in Mayas Gesicht eine Narbe, eine blasslila Spur auf dem Wangenknochen wie der Schatten eines Schwarznesselblattes. Sie wurde auf mehrfache Weise für ihren Ungehorsam bestraft, musste die niedersten Arbeiten im Haushalt verrichten, durfte nicht sprechen, nicht essen, nicht schlafen, und sie ertrug all dies ohne Bitterkeit, denn sie verdiente es, weil sie ihren Vater angegriffen und verwundet hatte. Taku bekam sie eine ganze Woche lang nicht zu Gesicht, und obwohl sich Sada um ihre Wunde kümmerte, sprach sie weder mit ihr, noch schenkte sie ihr die Umarmungen und Zärtlichkeiten, nach denen Maya sich sehnte. Da sie die meiste Zeit allein war und von allen gemieden wurde, hatte sie oft Gelegenheit, über das nachzudenken, was geschehen war. Sie kehrte in Gedanken immer wieder zu der Tatsache zurück, dass sie in Tränen ausgebrochen war, als sie gemerkt hatte, um wen es sich bei ihrem Gegner gehandelt hatte. Sonst weinte sie nie, und sie konnte sich nur an ein anderes Mal erinnern, damals, als sie gemeinsam mit Miki und ihrem Vater in der heißen Quelle gebadet und ihm

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