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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Lord Otoris verdient haben.«
    Â»In Miyako gibt es keine Familien des Stammes«, erwiderte Takeo. »Dort brauche ich sie tatsächlich nicht. Aber wie du weißt, Minoru, hat mein Vertrauen in sie gelitten – nicht weil sie irgendwie versagt hätten, sondern weil ich weiß, dass ihre Treue immer erst dem Stamm gehört.«
    Â»Ich glaube, Sie sollten ihnen mehr Vertrauen schenken«, sagte Minoru.
    Â»Ja, aber vielleicht bewahre ich sie davor, eine schmerzhafte Entscheidung treffen zu müssen, und dafür werden sie mir eines Tages dankbar sein«, sagte Takeo leichthin, obwohl er seine zwei Leibwächter vermisste und sich ohne sie nackt und ungeschützt fühlte.
    Vier Tage nach dem Aufbruch aus Inuyama rittensie an Hinode vorbei, dem Dorf, in dem er am Morgen nach der Flucht vor Iida Sadamus Soldaten, die das Dorf Mino in Brand gesteckt hatten, mit Shigeru gerastet hatte.
    Â»Mein Geburtsort liegt eine Tagesreise entfernt von hier«, sagte er zu Gemba. »In dieser Gegend war ich zum letzten Mal vor achtzehn Jahren. Ich frage mich, ob es das Dorf noch gibt. Dort hat mir Shigeru das Leben gerettet.«
    Dort wurde meine Schwester Madaren geboren , rief er sich ins Gedächtnis, dort wurde ich als einer der Verborgenen großgezogen.
    Â»Ich frage mich wirklich, wie ich es wagen kann, vor dem Kaiser zu erscheinen. Alle werden mich für meine Herkunft verachten.«
    Gemba und er ritten nebeneinander auf dem schmalen Pfad, und er sprach so leise, dass niemand mithören konnte. Gemba warf ihm einen Blick zu und sagte: »Du weißt doch, ich habe aus Terayama alle Dokumente mitgebracht, die deine Herkunft belegen: dass Lord Otori Shigemori dein Großvater und dass deine Adoption durch Shigeru rechtmäßig war – und vom Clan unterstützt wurde. Die Legitimität deiner Herrschaft kann niemand in Frage stellen.«
    Â»Aber der Kaiser hat es bereits getan.«
    Â»Du trägst das Otorischwert und bist von allen Zeichen des himmlischen Wohlwollens gesegnet worden.« Gemba lächelte. »Du hast bestimmt nicht gemerkt, wie erstaunt man in Hagi war, als Shigeru dich mit nach Hause brachte – du sahst Takeshi unglaublich ähnlich.Es glich einem Wunder: Takeshi hatte vor seinem Tod einige Zeit bei unserer Familie gelebt. Er war der beste Freund meines Bruders Kahei. Es war, als verlören wir einen geliebten Bruder. Doch unsere Trauer war nichts im Vergleich mit der Lord Shigerus und es war der letzte von vielen Schicksalsschlägen.«
    Â»Ja, Chiyo hat mir die Geschichte all seiner Verluste erzählt. Sein Leben scheint von Trauer und unverdientem Unglück erfüllt gewesen zu sein. Trotzdem hat er sich das nie anmerken lassen. Ich weiß noch, was er an dem Abend sagte, als ich Kenji zum ersten Mal begegnet bin: Ich bin nicht für Verzweiflung geschaffen . An diese Worte denke ich oft, genau wie an seinen Mut, als wir – begleitet von Abe und seinen Männern – nach Inuyama geritten sind.«
    Â»Du musst dir das Gleiche sagen: Du bist nicht für Verzweiflung geschaffen.«
    Takeo sagte: »So muss ich nach außen wirken, aber wie vieles in meinem Leben ist auch dies nur eine Täuschung.«
    Gemba lachte. »Ein Glück, dass auch das Anpassen und Nachahmen zu deinen vielen Fähigkeiten gehören. Unterschätze dich nicht. Dein Wesen ist vielleicht dunkler als das Shigerus, aber nicht weniger mächtig. Denk nur daran, was du erreicht hast: sechzehn Jahre des Friedens. Du und deine Frau habt alle verfeindeten Lager der Drei Länder miteinander versöhnt. Gemeinsam haltet ihr das Wohl des Reiches im vollkommenen Gleichgewicht. Deine Tochter ist deine rechte Hand, zu Hause genießt du die uneingeschränkte Unterstützungdeiner Frau. Du solltest Vertrauen in sie haben. Du wirst den Hof des Kaisers auf eine Art beeindrucken, zu der nur du im Stande bist. Glaub mir.« Gemba verstummte, und kurz darauf nahm er sein geduldiges Brummen wieder auf.
    Diese Worte waren mehr als tröstlich. Sie stellten eine Erleichterung dar, und auch wenn sie die Furcht nicht ganz vertreiben konnten, halfen sie Takeo, diese zu beherrschen und schließlich zu überwinden. Diese Beruhigung von Geist und Körper sprang auch auf das Pferd über: Tenba senkte den Kopf und griff weiter aus, als sie täglich Meile um Meile zurücklegten.
    Takeo spürte, wie seine Sinne erwachten. Sein Gehör wurde

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