Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers
Willenskraft und lieà sie in Wellen in den Raum strömen. Er spürte, wie sich eine Ruhe auf alle senkte. Er saà mit halb geschlossenen Augen da.
»Alter Hexer.« Akio brach die Stille mit einem Wutschrei. »Du alter Fuchs. Du kannst mich mit deinen Geschichten und Lügen nicht hinters Licht führen. Du sagst, der Hund tue Gutes! Die Menschen seien zufrieden! Aber all das hat den Stamm noch nie interessiert. Du bist genauso weich geworden wie Gosaburo. Was ist bloà mit euch alten Männern los? Verfault der Stamm von innen? Wenn nur Kotaro noch lebte! Aber der Hund hat ihn getötet â er hat das Oberhaupt der Familie getötet, obwohl sein Leben in Kotaros Hand lag. Du warst doch Zeuge: Du hast gehört, was er in Inuyama geschworen hat. Diesen Schwur hat er gebrochen. Dafür hätte er den Tod verdient gehabt. Stattdessen hat er Kotaro, den Meister der Kikuta, ermordet â mit deiner Hilfe. Vergebung oder einen Waffenstillstand kann er nicht mehr bekommen, das ist vorbei. Er muss sterben!«
»Ich werde mich mit dir nicht über Recht oder Unrecht seiner Taten streiten«, erwiderte Kenji. »Er hat damals getan, was ihm das Beste erschien, und als ein Otori war sein Leben bisher gewiss sinnvoller, als wenn er es als Kikuta geführt hätte. Aber das ist Vergangenheit. Ich könnte an dich appellieren, deinen Feldzug gegen ihn einzustellen, damit die Kikuta in die Drei Länder zurückkehren können â dann kann Gosaburo sein Geschäft wiederhaben! â, damit sie ihr Leben genieÃen können, wie wir es inzwischen tun, aber diese einfachen Freuden scheinen dir nichts zu bedeuten. Ich kann dir nur sagen: Gib auf. Es wird dir nie gelingen, ihn zu töten.«
»Jeder Mensch kann sterben«, antwortete Akio.
»Aber durch deine Hand wird er nicht sterben«, sagte Kenji. »Ganz egal, wie sehr du dir dies wünschst. Das kann ich dir versichern.«
Akio starrte ihn aus zusammengekniffenen Augen an.»Auch du schuldest dein Leben den Kikuta. Dein Verrat am Stamm muss gesühnt werden.«
»Ich beschütze meine Familie und den Stamm. Du wirst es sein, der ihn zerstört. Ich bin unbewaffnet als Bote hierhergekommen. Und ich werde auf die gleiche Art zurückkehren und Lord Otori deine bedauerliche Botschaft überbringen.«
Seine Macht war so groÃ, dass Akio ihm gestattete, sich zu erheben und den Raum zu verlassen. Als Kenji an Hisao vorbeikam, der drauÃen kniete, sagte er: »Ist dies der Sohn? Ich glaube, er besitzt keine Stammesfähigkeiten. Er soll mich bis zum Tor begleiten. Komm, Hisao.« Er drehte sich um und sagte in die Dunkelheit des Raumes: »Du weiÃt, wo du uns finden kannst, wenn du deine Meinung änderst.«
Sieh an , dachte er, als er von der Veranda trat und die Menge sich teilte, um ihn durchzulassen, offenbar habe ich doch noch ein bisschen zu leben! Denn sobald er im Freien und auÃer Sichtweite Akios war, konnte er sich unsichtbar machen und in den Bergen untertauchen. Aber konnte er den Jungen mitnehmen?
Akios Ablehnung des Waffenstillstandsangebotes überraschte ihn nicht. Doch er war froh, dass Gosaburo und die anderen es gehört hatten. Abgesehen vom Haupthaus machte das Dorf einen verarmten Eindruck. Das Leben hier war bestimmt hart, vor allem in den bitteren Wintern. Viele der Bewohner sehnten sich mit Sicherheit genau wie Gosaburo nach dem angenehmen Leben in Matsue und Inuyama zurück. Er hatte das Gefühl, als gründete sich Akios Führung eher auf Angst alsauf Achtung. Gut möglich, dass sich andere Angehörige der Kikutafamilie seiner Entscheidung widersetzten, zumal dadurch das Leben der Geiseln zu retten war.
Als Hisao ihn einholte und neben ihm ging, war sich Kenji der Anwesenheit eines weiteren Wesens bewusst, das Geist und Blickfeld des Jungen zur Hälfte besetzte. Hisao runzelte die Stirn und presste ab und zu die Fingerspitzen auf seine linke Schläfe.
»Hast du Kopfschmerzen?«
»Hmhm.« Hisao nickte.
Sie hatten schon den halben Weg durch das Dorf hinter sich. Wenn sie es bis zum Rand der Felder schafften und am Graben entlang bis zu den Bambusgehölzen rannten â¦
»Hisao«, flüsterte Kenji. »Ich möchte, dass du mit mir nach Inuyama kommst. Triff mich dort, wo wir uns vorhin getroffen haben. Tust du das?«
»Ich kann hier nicht weg! Ich kann meinen Vater nicht im Stich lassen!« Dann schrie
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