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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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und ein Kaufmann enthüllte, Soldaten hätten große Mengen an Holzkohle, Holz, Salpeter und Schwefel beschlagnahmt. Zenko stockt Streitkräfte und Waffen auf , dachte Takeo. Ich muss mit ihm darüber reden .
    Er wollte schon Boten nach Kumamoto schicken, aber am nächsten Tag kam Arai Zenko, der die einstigen Ländereien seines Vaters im Westen erhalten hatte und außerdem Hofu kontrollierte, persönlich aus Kumamoto. Angeblich wollte er Lord Otori begrüßen, doch wie rasch deutlich wurde, hatte er in Wahrheit andere Motive. Seine Frau, Hana, die jüngste Schwester von Kaede, begleitete ihn. Hana sah ihrer älteren Schwester sehr ähnlich, und manch einer meinte sogar, dass sie diese in ihrer Jugend, vor dem Erdbeben und dem Brand, an Schönheit übertroffen habe. Takeo mochte sie nicht und er misstraute ihr. Im schwierigen Jahr nach der Geburt der Zwillinge, als Hana vierzehn geworden war, hatte sie sich eingebildet, in den Mann ihrer Schwester verliebt zu sein, und ständig versucht, ihn dazu zu verführen, sie zur zweiten Frau oder Konkubine zu nehmen, egal was. Hana war eine größere Versuchung, als Takeo sich eingestehen mochte, denn sie sah aus wie Kaede zu jener Zeit, als er sich in sie verliebt hatte und ihre Schönheit noch unversehrt gewesen war. Außerdem hatte sich Hana ihm in einer Zeit dargeboten, als seine Frau krank und unpässlich war. Seine beharrliche Weigerung, sie ernst zu nehmen, hatte sie verletzt und gedemütigt. Sein Wunsch, sie mit Zenko zu verheiraten, hatte sie rasend gemacht. Doch er hatte darauf bestanden, denn er sah darin eine Möglichkeit, zwei Probleme auf einen Schlag zu lösen. Daher hatte man die beiden verheiratet, als Zenko achtzehn und Hana sechzehn gewesen war. Zenko war überglücklich, denn diese Verbindung bedeutete eine große Ehre für ihn. Hana war nicht nur schön, sondern schenkteihm rasch drei Söhne, alles gesunde Kinder, und obwohl sie nie so tat, als liebte sie ihn, entwickelte sie ihn betreffend doch ein Interesse und einen Ehrgeiz. Ihre Liebe zu Takeo flaute bald ab und wich einem Groll gegen ihn und einer Eifersucht auf ihre Schwester. Dazu kam das tiefe Verlangen, gemeinsam mit ihrem Mann an die Stelle der beiden zu treten.
    Takeo wusste von diesem Verlangen. Seine Schwägerin enthüllte mehr von sich, als sie glaubte, und außerdem vergaßen die Arai wie viele andere oft, wie scharf sein Gehör war. So scharf wie mit siebzehn war es zwar nicht mehr, aber immer noch gut genug, um vertraulich geglaubte Gespräche mithören zu können und über alles Bescheid zu wissen, was um ihn herum vorging, wo sich jedes einzelne Mitglied des Haushalts aufhielt, was die Männer in der Wachstube und den Ställen taten, wer wen des Nachts besuchte und aus welchem Grund. Und zusätzlich hatte er sich eine Achtsamkeit antrainiert, die es ihm erlaubte, die Absichten anderer an deren Körperhaltung und Bewegungen zu erkennen, und diese Fähigkeit war so ausgeprägt, dass die Leute meinten, er könne in die geheimsten Winkel der Menschenherzen sehen.
    Nun musterte er Hana, die sich tief vor ihm verbeugte. Ihr Haar ergoss sich auf den Fußboden und teilte sich ein wenig, so dass man das vollkommene Weiß ihres Nackens sehen konnte. Obwohl sie drei Kinder geboren hatte, bewegte sie sich leichtfüßig und anmutig, und man hätte sie auf höchstens achtzehn geschätzt. In Wahrheit war sie so alt wie Zenkos jüngerer Bruder Taku – sechsundzwanzig.
    Ihr Mann sah mit seinen achtundzwanzig Jahren seinem Vater sehr ähnlich: groß, breit gebaut, sehr kräftig und ein Meister im Umgang mit Bogen und Schwert. Mit zwölf hatte er den Tod seines Vaters miterlebt, der vor seinen Augen mit einer Feuerwaffe erschossen worden war, erst der dritte Mensch in den Drei Ländern, der auf diese Weise ums Leben kam. Bei den anderen beiden hatte es sich um Banditen gehandelt, und auch ihren Tod hatte Zenko miterlebt. Arai war in dem Moment gestorben, als er seinen Treueschwur gegenüber Takeo gebrochen hatte. Takeo wusste, all dies hatte in Zenko eine Abneigung gegen ihn geweckt, die im Laufe der Jahre in Hass umgeschlagen war.
    Weder Gatte noch Gattin ließen sich ihre Feindseligkeit anmerken. Stattdessen hießen sie ihn übersprudelnd willkommen und erkundigten sich ausführlich nach seinem und dem Befinden seiner Familie. Takeo antwortete ebenso herzlich und

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