Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers
Erwähnung von Fumio verdüsterte, und erinnerte sich daran, dass es Fumio gewesen war, der Zenkos Vater getötet hatte, indem er diesem im Moment des Erdbebens, als Arais Armee vernichtet worden war, eine Kugel in die Brust geschossen hatte. Er seufzte insgeheim und fragte sich, ob man den Wunsch nach Rache je aus dem Herzen eines Mannes verbannen konnte. Ãberdies gab Zenko ihm die Schuld, obwohl Fumio die Waffe abgefeuert hatte.
Zenko sagte: »Auch dort nehmen die Barbaren den Handel zum Vorwand, um im Land Fuà zu fassen. Dann schwächen sie das Land von innen durch ihre Religion und greifen von auÃen mit überlegenen Waffen an. Sie werden uns alle zu ihren Sklaven machen.«
Zenko konnte Recht haben, dachte Takeo. Die Fremden waren weitgehend auf Hofu beschränkt, und Zenko hatte häufiger mit ihnen zu tun als jeder andere seinerKrieger. Was eine Gefahr bedeuten konnte: Denn obwohl Zenko sie als Barbaren bezeichnete, beeindruckten ihn ihre Waffen und Schiffe. Wenn er sich im Westen mit ihnen verbündete â¦
»Du weiÃt, dass mir deine Meinung in dieser Sache wichtig ist«, antwortete er. »Wir werden die Fremden noch schärfer überwachen lassen. Wenn sich die Notwendigkeit ergeben sollte, weitere Männer zu verpflichten, werde ich dich darüber in Kenntnis setzen. Und Salpeter darf nur direkt beim Clan gekauft werden.«
Er beobachtete Zenko, als sich der jüngere Mann zögernd verneigte. Sein leicht geröteter Nacken war das einzige Anzeichen dafür, dass ihm der Tadel missfiel. Takeo dachte daran, wie er Zenko damals über den Hals seines Pferdes gehalten und ihm das Messer an die Kehle gesetzt hatte. Hätte er zugestochen, dann wäre ihm zweifellos viel Ãrger erspart geblieben. Doch Zenko war ein zwölfjähriges Kind gewesen. Takeo hatte nie ein Kind getötet und betete darum, nie eines töten zu müssen. Zenko gehört zu meinem Schicksal , dachte er. Ich muss ihn vorsichtig behandeln. Ich kann nichts anderes tun, als ihm zu schmeicheln und ihn zu zähmen.
Hana sprach mit ihrer sanften, zuckersüÃen Stimme. »Wir tun nichts, ohne zuvor Lord Otori um Rat zu fragen. Uns liegt nur das am Herzen, was in Ihrem Interesse, dem Ihrer Familie und dem des Wohlergehens der Drei Länder ist. Ich hoffe, Ihrer Familie geht es gut? Meiner ältesten Schwester, Ihren schönen Töchtern?«
»Ich danke dir â es geht allen gut.«
»Dass ich keine Tochter habe, betrübt mich tief«,fuhr Hana mit demütig gesenktem Blick fort. »Wir haben nur Söhne, wie Sie wissen.«
Worauf will sie jetzt hinaus? , fragte sich Takeo.
Zenko, weniger feinsinnig als seine Frau, sprach offener.
»Lord Otori sehnt sich bestimmt nach einem Sohn.«
Ah! , dachte Takeo und sagte: »Da bereits ein Drittel unseres Landes über die weibliche Linie vererbt wird, sehe ich darin kein Problem. Unsere älteste Tochter wird irgendwann über die Drei Länder herrschen.«
»Aber Sie sollten die Freude kennenlernen, einen Sohn im Haus zu haben«, rief Hana aus. »Nehmen Sie einen unserer Söhne an.«
»Wir möchten gern, dass Sie einen unserer Söhne adoptieren«, sagte Zenko offen und warmherzig.
»Das wäre uns eine Ehre und eine unbeschreibliche Freude«, murmelte Hana.
»Ihr seid überaus groÃzügig und aufmerksam«, erwiderte Takeo. Die Wahrheit war: Er wollte keine Söhne. Für ihn war es eine Erleichterung, dass Kaede keine weiteren Kinder bekommen hatte, und er hoffte, sie würde nicht noch einmal schwanger werden. Die Prophezeiung, die besagte, er würde durch die Hand seines Sohnes sterben, machte ihm zwar keine Angst, betrübte ihn aber tief. In diesem Moment betete er wie so oft darum, dass er wie Shigeru sterben würde und nicht wie jener andere Otorilord, Masahiro, dem von seinem unehelichen Sohn die Kehle mit einem Fischmesser durchgeschnitten worden war. Und dass er so lange lebte, bis seine Arbeit getan und seine Tochter alt genug war, um sein Land regieren zu können. Er wollte Zenko und Hana nicht beleidigen, indem er ihr Angebot umgehend ausschlug. Ja, es hatte sogar einiges für sich. Einen Neffen seiner Frau zu adoptieren, wäre völlig angemessen, vielleicht konnte er ihn sogar eines Tages mit einer seiner Töchter verheiraten.
»Bitte erweisen Sie uns die Ehre, unsere beiden ältesten Söhne zu empfangen«, sagte Hana, und als
Weitere Kostenlose Bücher