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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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hoffte, Sie zu treffen. Wir haben wegen des Gutes seines Vaters Schreiben gewechselt. Wie Sie wissen, stand mein Vater mit seinem Vater auf sehr gutem Fuß – verzeihen Sie mir, wenn ich Sie an diese schlimmen Zeiten erinnere –, und Lord Kono ist wegen Fragen von Pacht und Steuern an mich herangetreten.«
    Â»Ich war immer der Ansicht, das Gut sei Shirakawa zugeschlagen worden.«
    Â»Rein rechtlich gesehen hat auch Shirakawa nach der Heirat Lord Fujiwara gehört, und daher gehört es nun seinem Sohn. Denn Shirakawa wird über die männliche Linie vererbt. Wenn Kono keinen Anspruch darauf hat, geht es an den nächsten männlichen Erben.«
    Â»An deinen ältesten Sohn Sunaomi«, sagte Takeo.
    Zenko neigte wortlos den Kopf.
    Â»Der Tod seines Vaters liegt sechzehn Jahre zurück. Warum taucht er ausgerechnet jetzt auf?«, fragte Takeo.
    Â»In der Hauptstadt vergeht die Zeit wie im Flug«, sagte Zenko. »In der göttlichen Anwesenheit des Kaisers.«
    Vielleicht hat ja auch irgendeine intrigante Person an Kono geschrieben, du oder deine Frau – mit großer Sicherheit deine Frau –, um über ihn mehr Druck auf mich auszuüben, dachte Takeo, der seine Wut verbarg.
    Der Regen hämmerte auf das Dach und vom Garten trieb der Duft feuchter Erde herein.
    Â»Er kann mich morgen aufsuchen«, sagte Takeo schließlich.
    Â»Ja. Das ist eine weise Entscheidung«, antwortete Zenko. »Zum Reisen ist es sowieso zu regnerisch.«
    Das Gespräch steigerte Takeos Beunruhigung und erinnerte ihn daran, wie sorgfältig man die Arai überwachen musste, weil ihr Ehrgeiz die Drei Länder wieder in einen Bürgerkrieg stürzen konnte. Der Abend verging recht angenehm. Takeo trank genug Wein, um seine Schmerzen vorübergehend zu betäuben, und die Jungen waren lebhaft und unterhaltsam. Kürzlich hatten sie in genau diesem Raum zwei der Fremden empfangen, und diese Begegnung sorgte immer noch für Aufregung: Sunaomi hatte sie in ihrer eigenen Sprache begrüßt, die er mit seiner Mutter geübt hatte, und mit ihren langen Nasen und buschigen Bärten hatten sie wie Kobolde gewirkt. Einer hatte schwarze Haare gehabt, der andere rote, doch Chikara hatte sich nicht gefürchtet. Sie befahlen den Dienern, einen der Stühle zu bringen, die man aus dem exotischen Teakholz für die Fremden getischlert hatte, Holz, das gemeinsam mit Jaspisschalen, Lapislazuli, Tigerfellen, Elfenbein und Jade in den Laderäumen der Schatzschiffe Teradas aus dem großen Handelshafen namens Duftender Hafen in die Städte der Drei Länder gebracht worden war.
    Â»Ziemlich unbequem«, sagte Sunaomi und führte es vor.
    Â»Aber wie der Thron des Kaisers«, sagte Hana lachend.
    Â»Sie haben nicht mit den Händen gegessen!«, sagte Chikara enttäuscht. »Das hätte ich gern gesehen.«
    Â»Sie lernen gute Manieren von uns«, erwiderte Hana. »Sie geben sich große Mühe und Lord João versucht sogar, unsere Sprache zu lernen.«
    Takeo konnte ein leises Schaudern nicht unterdrücken, wie immer, wenn er den Namen hörte, denn er klang so ähnlich wie der von Jo-An, dem Ausgestoßenen, den getötet zu haben ihn immer noch sehr belastete und der immer wieder in seinen Träumen auftauchte und zu ihm sprach. Die Fremden hatten einen ähnlichen Glauben wie die Verborgenen und beteten zum Geheimen Gott, doch sie taten es offen, was bei anderen oft für tiefe Verärgerung und Verlegenheit sorgte. Sie zeigten das geheime Symbol, das Kreuz, das an einer Gebetskette um ihren Hals hing und vorn auf ihrer unbequem wirkenden Kleidung lag. Selbst an den heißesten Tagen trugen sie enge Kleider mit hohen Kragen und Stiefel und sie hatten einen unnatürlichen Abscheu vor dem Baden.
    Die Verfolgung der Verborgenen gehörte der Vergangenheit an, obwohl es unmöglich war, den Menschen die Vorurteile per Gesetz auszutreiben. Jo-An war inzwischen eine Art Gott geworden, den man gelegentlich mit anderen Verkörperungen des Erleuchteten verwechselte. Man rief ihn um Beistand an, wenn es um Rekrutierungen und andere Pflichten oder um Abgaben ging. Er wurde von den Bettelarmen verehrt, den Verelendeten und Obdachlosen, und zwar auf eine Art, die er selbst als Ketzerei verabscheut hätte. Nur wenige wussten, wer ergewesen war, oder erinnerten sich an Einzelheiten aus seinem Leben, doch sein Name wurde mit jenen Gesetzen in

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