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Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Seereise!« Sie verstummte kurz, dann sagte sie: »Liebst du mich, Sada?«
    Â»Was soll das heißen?«
    Â»Ich habe geträumt, dass du mich liebst. Aber ich weiß nie genau, ob ich es bin, die träumt, oder …«
    Â»Oder was?«
    Â»Oder die Katze.«
    Â»Was träumt die Katze denn so?«, fragte Sada beiläufig.
    Â»Tierträume.« Maya betrachtete die ferne Küste, die von Kiefern bekrönten Klippen, die sich unvermittelt aus dem dunkelblauen Wasser erhoben, die schwarzen Felsen mit ihren graugrünen Rändern und die weißen Wellen. In der Bucht, wo das Wasser ruhiger war, und weiter oben in der Flussmündung hatte man Seetang auf Holzgestellen zum Trocknen ausgebreitet und Fischerboote mit flachem Rumpf auf den Sand gezogen, auf dem büschelweise das Seegras wuchs. Am Ufer hockten Männer, flickten Netze und schürten die Feuer, über denen zur Salzgewinnung das Meerwasser verdampfte.
    Â»Ob ich dich liebe, weiß ich nicht«, neckte Sada sie. »Aber die Katze liebe ich auf jeden Fall!« Sie rieb Mayas Nacken, als kraulte sie eine Katze, und das Mädchen krümmte genüsslich den Rücken. Wieder meinte Sada, das Fell unter ihren Fingern spüren zu können.
    Â»Wenn du damit weitermachst, verwandele ich mich gleich in die Katze«, sagte Maya verträumt.
    Â»Das wäre bestimmt nützlich.« Sada klang nüchtern und pragmatisch. Maya grinste. »Darum liebe ich den Stamm so«, sagte sie. »Dort ist es egal, ob ich ein Zwilling oder von der Katze besessen bin. Alles, was nützlich ist, ist gut. Genauso denke ich auch. Ich werde nie mehr in einem Palast oder in einem Schloss leben. Ich werde beim Stamm bleiben.«
    Â»Mal abwarten, was Taku dazu meint!«
    Maya wusste, Taku war ein strenger Lehrer, der keine Sentimentalität kannte, aber sie befürchtete, seine Verpflichtung ihrem Vater gegenüber könnte dazu führen, dass er sie nachsichtiger behandelte als andere. Sie wusste nicht, was schlimmer wäre: von Taku akzeptiert zu werden, nur weil sie eine Tochter der Otori war, oder von ihm abgelehnt zu werden, weil sie nicht begabt genug war. Im einen Moment dachte sie, er würde sie fortschicken, weil er ihr nicht helfen konnte, im anderen, dass ihre Fähigkeiten und ihr Potenzial ihn verblüffen würden. Am Ende läge sein Verhalten wahrscheinlich irgendwo dazwischen und wäre weder völlig enttäuschend noch überwältigend schmeichelhaft.
    Die sandige Flussmündung war zu flach für das Schiff und daher ließ man sie an Tauen zu den kleinen, schmalen und schwankenden Fischerbooten hinunter. Der Bootsführer lachte, als Maya sich am Dollbord festklammerte, und als er sie flussaufwärts zur Stadt Maruyama stakte, versuchte er, Sada in zotige Gespräche zu verwickeln.
    Das Schloss stand oberhalb des Flusses auf einem niedrigen Hügel, um den sich die Stadt ausgebreitet hatte. Es war klein und hübsch, mit weißen Mauern und grauen Dächern und wirkte wie ein Vogel, der gerade gelandet war, um sich auszuruhen, die Flügel, rosa im Licht der sinkenden Sonne, aber noch ausgebreitet hatte. Maya kannte das Schloss gut, weil sie oft mit ihrer Mutter und ihren Schwestern dort gewesen war, doch an diesem Tag war es nicht ihr Ziel. Sie hielt den Blick gesenkt, sprach mit niemandem und war bereits halb bewusst dazu im Stande, ihre Züge so zu verändern, dass niemand sie erkannte. Sada herrschte sie ab und zu an,schalt sie wegen ihrer Trödelei und befahl ihr, nicht durch den Dreck zu schlurfen. Maya antwortete demütig mit »Ja, große Schwester, gewiss, große Schwester« und ging ohne Klage, obwohl der Weg weit und ihr Bündel schwer war, und als sie ein langes, niedriges Haus erreichten, das sich um eine Straßenecke erstreckte, war es schon fast dunkel. Die Fenster des Hauses waren mit Holzlatten verrammelt und das niedrige Ziegeldach lief in breiten Traufen aus. Auf einer Seite befand sich ein Laden, zu dieser Stunde still und geschlossen. Die andere Mauer hatte ein großes Tor. Davor standen zwei Männer, jeweils bewaffnet mit einem Schwert und einem langen, geschwungenen Speer.
    Sada sprach einen von ihnen an. »Rechnest du mit einer Invasion, Cousin?«
    Â»Hier gibt es Ärger«, antwortete er. »Was tust du hier? Und wer ist das Kind?«
    Â»Meine kleine Schwester. Erinnerst du dich nicht an sie?«
    Â»Das ist doch nie im

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