Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
Vom Netzwerk:
wird.«
    Â»Aber auf Hiroshi ist doch bestimmt Verlass?«, murmelte Sada.
    Â»Wenn nicht, könnte ich mir ebenso gut selbst die Kehle durchschneiden«, sagte Taku.
    Sada lachte. »Du würdest dir niemals das Leben nehmen, Cousin.«
    Â»Ich hoffe, niemals einen Anlass dazu zu haben. Allerdings könnte ich mich aus schierer Langeweile dazu gezwungen sehen, wenn ich mich noch länger mit Lord Kono abplagen muss.«
    Â»Wenn du die Langeweile fürchtest, wird Maya eine willkommene Abwechslung sein.«
    Â»Oder noch eine Verantwortung, auf die ich gut und gern verzichten könnte.«
    Â»Was hat dich so erstaunt, als du ihr in die Augen geschaut hast?«
    Â»Ich hatte ein Mädchen erwartet. Aber was ich gesehen habe, war kein Mädchen, sondern etwas Ungeformtes, das noch auf seine Gestalt wartet.«
    Â»Ist es ein männlicher Geist oder hat es etwas mit der Besessenheit durch die Katze zu tun?«
    Â»Ich habe keine Ahnung. Es wirkte anders. Sie ist einzigartig – und sehr mächtig, nehme ich an.«
    Â»Und gefährlich?«
    Â»Vermutlich schon. Am allermeisten für sich selbst.«
    Â»Du bist müde.« In Sadas Stimme schwang ein Ton mit, der Maya in einer Mischung aus Verlangen und Eifersucht erbeben ließ.
    Sada sagte noch leiser: »Komm, ich massiere dir die Stirn.«
    Ein Moment der Stille trat ein. Maya hielt den Atem an. Taku seufzte tief auf. Eine seltsame Art von Intensität breitete sich über dem Garten und dem Paar aus. Maya ertrug es nicht mehr zu lauschen und zog sich die Decke über den Kopf.
    Als sie schließlich Schritte auf der Veranda hörte, kam es ihr vor, als wäre viel Zeit vergangen. Taku sagte leise: »Das hatte ich nicht erwartet!«
    Â»Wir sind zusammen aufgewachsen«, erwiderte Sada. »Es muss keine Bedeutung haben.«
    Â»Sada, nichts zwischen uns kann bedeutungslos sein.« Er verstummte kurz, als wollte er noch viel mehr sagen, fügte dann aber nur hinzu: »Ich sehe dich und Maya morgen. Bring sie mittags zum Schloss.«
    Sada betrat leise das Zimmer und legte sich neben Maya. Diese tat so, als schliefe sie, und schmiegte sich an Sada, atmete ihren Geruch ein, der noch mit dem Takus vermischt war. Sie wusste nicht, wen von beiden sie mehr liebte. Am liebsten hätte sie beide zugleich umarmt. In diesem Moment hatte sie das Gefühl, für immer die ihre zu sein.
    Am nächsten Morgen weckte Sada sie früh, stutzte ihr Haar auf Schulterlänge und band es anschließend auf dem Kopf zu einem Knoten, rasierte ihr allerdings nicht die Stirn aus. Nun sah Maya aus wie ein noch nicht volljähriger Junge.
    Â»Du bist kein hübsches Mädchen«, sagte sie lachend. »Aber als Junge siehst du gut aus. Schau ein bisschen grimmiger drein und kneif die Lippen zusammen. Du darfst nicht zu schön sein! Sonst wird dich irgendein Krieger schnappen.«
    Maya versuchte, die Miene eines Jungen aufzusetzen, doch die Aufregung und das neuartige Gefühl des Haares und der Kleider sowie die Männerworte, die sie benutzte, ließen ihre Augen glänzen und ihre Wangen erröten.
    Â»Beruhig dich«, schalt Sada. »Du darfst keine Aufmerksamkeit erregen. Du bist einer der Diener Lord Takus. Und noch dazu einer der geringsten.«
    Â»Was muss ich tun?«
    Â»Sehr wenig, schätze ich. Lernen, mit der Langeweile klarzukommen.«
    Â»Wie Taku«, sagte Maya gedankenlos.
    Sada packte sie beim Arm. »Hast du gehört, wie er das gesagt hat? Was hast du noch gehört?«
    Maya wich vor ihr zurück. Sie schwieg eine Weile. Dann sagte sie: »Ich habe alles gehört.«
    Sada konnte ein leises Lächeln nicht unterdrücken. »Du darfst niemandem davon erzählen«, murmelte sie verschwörerisch. Sie zog Maya zu sich heran und umarmte sie. Maya erwiderte die Umarmung, spürte die Hitze von Sadas Körper und wünschte, sie wäre Taku.  

KAPITEL 24

    Manche Männer lieben die Liebe, doch Muto Taku gehörte nicht zu ihnen, und er war auch nie von jener Leidenschaft erfasst worden, die dazu führte, dass man sich ganz und gar einer einzigen Frau verschrieb. Extreme Gefühle dieser Art hatten ihn höchstens neugierig gemacht, manchmal sogar angewidert, und er hatte die in Liebe Entbrannten immer ausgelacht und sie offen für ihre Schwäche verachtet. Wenn Frauen behaupteten, ihn zu lieben, was oft geschah, entzog er sich ihnen. Er mochte Frauen und

Weitere Kostenlose Bücher