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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Doppelangriff rechnen, vom Süden und vom Osten.«
    Â»Deshalb habe ich Irie zu Noguchi geschickt und dessen Unterstützung gefordert. Und der Vater meiner Frau wird den Beistand von Kushimoto garantieren.«
    Â»Ich fürchte, nächstes Jahr wird zu bald sein«, sagte Matsuda. »Versuchen Sie Sadamu nicht zu einem frühen Angriff zu provozieren.«
    Â»Ich muss vorbereitet sein, aber ich darf ihn nicht provozieren«, sagte Shigeru lächelnd. »Beides zugleich ist nicht möglich.«
    Â»Wofür Sie sich auch entscheiden, meine Unterstützung haben Sie immer«, sagte Matsuda. »Und Lord Takeshi ist in Sicherheit, solange er bei uns bleibt.«
    Als Shigeru aufstand, um zu gehen, sagte der Ältere: »Lassen Sie uns eine Weile in den Garten gehen, es ist so ein schöner Tag.«
    Shigeru folgte ihm über den polierten Holzboden, der in dem schwachen Licht glänzte; Sonnenlicht ergosssich durch die offenen Türen am Ende des Korridors und er konnte den Holzrauch und die Kiefern von draußen riechen, ein Duft, in den sich Weihrauch aus der Haupthalle des Tempels mischte.
    Hinter dem Korridor überquerten sie einen kleinen Hof und traten in einen anderen großen Raum, dessen Türen alle auf den Garten dahinter geöffnet waren. Die Matten leuchteten golden. An jedem Ende stand ein bemalter Wandschirm aus Holz. Shigeru hatte beide häufig zuvor gesehen, doch ihre Schönheit berührte ihn jedes Mal. Als er zuerst zum Tempel gekommen war, hatten ihm die anderen Jungen die Legenden über ihren Schöpfer, den Künstler Sesshu, erzählt, der viele Jahre im Tempel gelebt hatte. Die schmucklose Holztafel war einst angeblich mit Vögeln bemalt gewesen, die so lebensecht waren, dass sie alle davonflogen, und die Gärtner hatten sich darüber beschwert, dass die von Sesshu gemalten Pferde nachts umherliefen, alles zertrampelten und die Feldfrüchte fraßen. Die Gärtner verlangten, so hieß es in der Legende, dass der Maler sie anband.
    Eine große Veranda öffnete sich zum Garten hin, sie lag Richtung Süden und war von der Herbstsonne gewärmt. Shigeru und Matsuda blieben auf den Dielen aus silbrigem Zypressenholz stehen, während ein Mönch Sandalen brachte, doch bevor Matsuda in seine schlüpfte, flüsterte der Mönch ihm etwas zu.
    Â»Ah«, sagte Matsuda, »anscheinend ist meine Anwesenheit ein paar Momente lang erwünscht. Wenn Sie mich entschuldigen, Lord Shigeru, werde ich später zu Ihnen kommen.«
    Shigeru hörte den Wasserfall in der Ferne und gingauf ihn zu, denn dort war einer seiner Lieblingsplätze im Garten. Links von ihm fiel das Gelände ab zum Tal drunten, die Hänge waren karmesinrot und golden, die Bergketten dahinter ragten hintereinander zum Himmel und waren schon dunstig im Nachmittagslicht. Rechts bildete der Berg den Hintergrund des Gartens, er war tiefgrün mit seinen Zedern, von denen sich Bambusstängel schlank und anmutig abhoben und der weiße Strahl des Wasserfalls wie lauter gesponnene Fäden über die glänzenden Felsen fiel. Shigeru kletterte ein Stück weit zwischen den Farnen hinauf und schaute dann zurück auf den Garten unter ihm. Von hier aus glichen die Steine Bergen, die Büsche Wäldern. Er konnte das ganze Mittlere Land in diesem kleinen Fleck Erde erkennen, seine Berge und Flüsse. Dann wurde die Illusion von einer Gestalt gebrochen, die zwischen den Büschen auftauchte – aber nicht, bevor sie einen Moment lang erschienen war wie eine Göttin, die durch ihre Schöpfung schreitet.
    Shigeru sah eine junge Frau von großer Schönheit, die ihn überraschte, denn niemand hatte ihm gesagt, dass sie schön war. Ihr Haar, lang und dicht, umrahmte ein bleiches Gesicht mit einem kleinen Mund und blattförmigen Augen. Sie trug ein Gewand in Gelb, der gleichen Farbe wie die fallenden Ginkgoblätter, bestickt mit goldenen Fasanen. Sie ließ sich nicht anmerken, dass sie ihn gesehen hatte, trat jedoch an den Rand des Bachs, wo eine Brücke mit Holzstufen über die Irisbeete führte, und schaute fort von ihm, hinaus über das Tal, als wollte sie die Vollkommenheit der Aussicht in sich aufnehmen.
    Trotz ihrer Schönheit – oder vielleicht sogar wegenihr, denn er hatte sie sich nur als Regentin vorgestellt, jetzt aber sah er sie als Frau, noch dazu als eine sehr junge – hatte er vor, wegzugehen, ohne mit ihr zu

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