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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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ließ sie tränen, die Flüssigkeit lief ihm ungebremst über die Wangen und das frisch rasierte Kinn.
    Als die Zeremonie vorbei war und er aufstand, merkte er, dass viele Leute leise in die Höhle gekommen waren und mit gesenkten Köpfen rund um ihn knieten oder standen. Er glaubte, dass sie nicht wussten, wer er war, doch sie hatten offensichtlich eine gewisse Sympathie für seinen Kummer und sahen in ihm einen einsamen Krieger, jetzt herrenlos, der um seine toten Gefährten und Freunde trauerte.
    Er hielt diese Sympathie nicht für gespielt – wenn, dann war es kunstvoll und grausam zugleich – und war gerührt und verwirrt, weil er erkannte, dass Charakter und Sitten der Stammesangehörigen eine Tiefe und Vornehmheit hatten, die ihre Rollen als Spione und Attentäter zunächst nicht ahnen ließen.
    Er ging zurück zu ihrer Unterkunft, Kenji war einige Schritte hinter ihm.
    Â»Es war gut von so vielen, dass sie mit mir gebetet haben«, sagte Shigeru. »Sei so freundlich und danke ihnen dafür. Aber warum haben sie es getan?«
    Â»Sie sind gewissermaßen Otori«, sagte Kenji. »Ihre Heimat ist das Mittlere Land. Inzwischen haben sie von der Schlacht gehört, von schweren Verlusten. Vielleicht waren unter den Toten Freunde, sogar Verwandte. Niemand weiß es bis jetzt.«
    Â»Aber wem glauben sie Treue zu schulden? Wem gehört dieses Land? Wem zahlen sie Steuern?«
    Â»Das sind interessante Fragen«, sagte Kenji freundlich und wechselte gähnend das Thema. »Vielleicht hast du bei Matsuda gelernt, ewig ohne Schlaf zu überleben. Ich muss jetzt schlafen. Übrigens, wie steht es mit deinem Kopf? Ich kann dir den gleichen Trunk geben, den ich dir damals für Matsuda gegeben habe.«
    Shigeru lehnte ab. Sie benutzten den Abort auf der anderen Seite des Dorfs, wo der Unrat direkt auf die Felder darunter geworfen werden konnte. Als sie zurück in der Höhle waren, zog Shigeru seine Oberbekleidung aus und schlüpfte unter die Hanfdecke, seine Waffen legteer unter die Matratze. Es roch nach Rauch und nach einem Kraut, das er nicht identifizieren konnte. Er schlief fast unverzüglich ein, erwachte aber schwitzend und unerträglich durstig. Es war hell, er dachte, es müsse schon Morgen sein, wurde von einem schrecklichen Gefühl der Dringlichkeit übermannt, wollte aufstehen und tastete nach seinem Schwert.
    Kenji erwachte sofort und stöhnte. »Schlaf weiter.«
    Â»Wir müssen gehen«, erwiderte Shigeru. »Es ist längst Tag.«
    Â»Nein, in einer Stunde wird es dunkel. Du hast kaum geschlafen.« Er rief die Frau, die mit Wasser und einer Tasse von dem Weidenrindentee kam, den der Fuchs Shigeru bei ihrer ersten Begegnung gegeben hatte.
    Â»Trink das, sei so gut«, sagte Kenji verärgert. »Dann können wir beide ein bisschen Schlaf bekommen.«
    Shigeru stürzte das Wasser hinunter, die süße Kälte tat seinem ausgetrockneten Mund und der Kehle gut. Dann trank er langsamer den Tee. Die Weidenrinde betäubte den Schmerz und unterdrückte eine Zeit lang das Fieber. Als er wieder aufwachte, war es dunkel. Er konnte den tiefen Atem der anderen Schlafenden hören. Er musste urinieren und stand auf, um zum Abort zu gehen, doch die Beine gehorchten ihm nicht, sie knickten unter ihm ein, sodass er stürzte.
    Er hörte, wie Kenji aufwachte, und versuchte sich zu entschuldigen, er war überzeugt, dass die Frau Chiyo war, die alte Dienerin seiner Mutter, und fing an, ihr etwas zu erklären, vergaß aber fast sofort, was. Die Frau brachte einen Topf und sagte ihm, er solle hineinpinkeln, genau wie Chiyo es getan hatte, als er ein Kind gewesenwar. Sie brachte in kaltes Wasser getauchte Lumpen und Kenji und sie kühlten abwechselnd seinen Körper, während der Schweiß aus ihm strömte. Später ließ ihn das Fieber wieder frösteln, die Frau legte sich neben ihn und wärmte ihn mit ihrem Körper. Er schlief ein, und als er erwachte, glaubte er, sie sei Akane und er befinde sich in dem Haus unter den Kiefern in Hagi vor der Schlacht, vor der Niederlage.
    Beide waren entschlossen, ihn nicht sterben zu lassen. Sein Fieber war hoch, aber kurz, und als die Kopfwunde heilte, war es vorbei. Nach zwei Tagen erholte er sich langsam, wünschte sich verzweifelt, nach Hagi zurückzukehren, war aber vernünftig und sah ein, dass er wieder zu Kräften kommen musste, bevor

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