Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels
Kinder haben. Er wäre schon verheiratet, wenn in den Drei Ländern seit Yaegahara nicht solch ein Chaos herrschte. Die westlichen Allianzen sind auÃer sich vor Wut. Sie werden nicht gegen Iida kämpfen, aber sie werden versuchen, ihm das Leben schwer zu machen. Und er verlangt Zugeständnisse: Die Shirakawa müssen ihre älteste Tochter als Geisel geben. Die Maruyama haben die Tohan beleidigt durch ihre Weigerung, die Otori von Westen aus anzugreifen. Lady Maruyamas Ehemann starb im Herbst, gleich nach der Geburt seines Sohnes, und der Sohn starb kürzlich. Auch ihre Tochter wird als Geisel genommen.«
»Arme Frau«, sagte Shigeru nach kurzer Pause. Er war überrascht und dankbar für ihre Standhaftigkeit.
»Wenn sie ein Mann wäre, hätte sie für ihren Trotz mit dem Leben gezahlt, doch weil sie eine Frau ist, nimmt Sadamu sie nicht wirklich ernst. Ich nehme an, dass er entweder sie oder ihre Tochter heiratet, um die Domäne zu bekommen.«
»Aber ist er in seinem Alter nicht schon verheiratet?«
»Ja, verheiratet ist er, aber es gibt viele Möglichkeiten, eine Frau loszuwerden.«
Darauf antwortete Shigeru nicht, er erinnerte sich wieder schmerzhaft an die Zartheit der Frauen und an die Wochen, in denen er um Moe getrauert hatte.
»Verzeih mir«, sagte Kenji in verändertem Ton. »Ich hätte an deine Lage denken und so nicht sprechen sollen.«
»Es ist die Realität der Welt«, sagte Shigeru. »Iida ist ein Experte in dieser Art von Heiratspolitik. Ich wollte, mein Vater wäre ebenso geschickt gewesen.« Lady Maruyama wird Iida bestimmt nie heiraten, dachte er.
Am Morgen nach Kenjis Besuch ging Shigeru in Ichiros Zimmer und nahm eine frische Schriftrolle heraus. Es regnete weiter, wenn auch nicht so stark. Die Luft roch nach Moder und Feuchtigkeit.
Muto Yuzuru, schrieb er. Brauer in Hagi.
Muto Kenji, der Fuchs, Hersteller von Sojabohnenprodukten in Yamagata.
Muto Shizuka, seine Nichte, Konkubine und Spionin.
Zenko, ihr Sohn von Arai Daiichi.
Eine Zeit lang betrachtete er diese spärlichen Informationen. Dann fügte er hinzu:
Kikutafrau (Name unbekannt).
Ihr Sohn von Otori Shigemori (Name unbekannt).
Shigeru rollte das Pergament in eine Hülle und versteckte es im Boden einer Kiste.
KAPITEL 39Â
Der Regen hörte auf und die Sommerhitze folgte. Shigeru stand früh auf und verbrachte die Tage auf den Reisfeldern, wo er beobachtete, wie die Bauern die Pflanzen vor Insekten und Vögeln schützten. Niemand sprach je von der Gemeinschaft, die Kenji erwähnt hatte â der »Treue zum Reiher« â, doch er merkte, wie sein Wunsch nach Anonymität auf tiefes Verständnis stieÃ. Nur auf seinem eigenen Gut wurde er bei seinem Namen genannt, auÃerhalb von Hagi kannten ihn nur wenige vom Sehen und wenn er erkannt wurde, zeigte das niemand.
Dann wurde der Reis mit Sicheln geerntet, mit Flegeln und Stöcken enthülst und die Körner auf Matten in der Sonne getrocknet. Kleine Kinder bewachten sie ständig und machten dabei mit Glocken und Gongs viel Lärm. In den Gemüsefeldern schlugen die wassergetriebenen Wildscheuchen ihren ungleichmäÃigen Rhythmus. Das Fest des Webersterns wurde gefeiert und dann das Totenfest. Shigeru ging nicht wie im vergangenen Jahr nach Terayama, sondern besuchte die Gedenkfeier in Daishoin, wo so viele Otori seiner Generation ihren letzten Ruheplatz hatten und wo Moe und seine Tochter begraben waren. Der Brauch verlangte, dass auch seine Onkel bei dieser Zeremonie anwesend waren, und Shigeru grüÃte sie mit Ehrerbietung und Bescheidenheit, erwusste, dass er sie von seiner neuen Identität überzeugen musste, wenn er am Leben bleiben wollte. Er sagte nicht viel zu ihnen, sprach aber in ihrer Hörweite begeistert von der Ernte. Seine Mutter, die immer noch einige Kontakte zu den Bewohnerinnen der inneren Schlossräume hatte, versuchte einige Tage später im Gespräch mit ihm ihre Missbilligung zu verbergen.
Sie sagte: »Sie reden von dir als âºdem Bauernâ¹. Kannst du nicht wenigstens eine gewisse Würde bewahren, ein gewisses Selbstbewusstsein?«
Er reagierte mit dem offenen Lächeln, das ihm zur zweiten Natur geworden war.
»âºDer Bauer.â¹ Das ist ein guter Name, und es ist, was ich bin â kaum etwas, dessen man sich schämen muss.«
Lady Otori weinte heimlich und verspottete ihn, wenn sie mit ihm
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