Der Clan der Vampire (Venedig 1 & 2)
ich dir etwas Geld bringen, um dir dafür zu danken, dass du mein Leben gerettet hast.“
Der Gondoliere warf ihm einen erstaunten Blick zu. „Aber, Signore, ich war nicht derjenige, der ins Wasser gesprungen ist, um Sie herauszuziehen.“
„Wer war es dann?“ Er starrte den Mann an, aber dieser zögerte plötzlich.
„Es tut mir leid, ich habe mich versprochen“, behauptete er.
Raphael erkannte eine Lüge, wenn sie ihm ins Gesicht sprang. Argwohn schlich sich seine Wirbelsäule hoch. Er erhob seine Stimme. „Wer sprang in den Kanal, um mich zu retten?“
Der Gondoliere senkte seinen Blick. „Die Signora.“
Der Schock rann durch Raphaels Körper. Isabella hatte dem kalten Wasser des Kanals getrotzt, um ihn zu retten? „Signora Tenderini?“
„Ja, Signore. Sie war diejenige, die Ihnen das Leben gerettet hat.“
***
Isabella seufzte tief. Sie hatte die Angelegenheit nicht durchziehen können. Mehr als alles andere hatte sie ihn um eine Affäre bitten wollen, eine sehr diskrete, sehr kurze Affäre, nur damit sie daran erinnert wurde, wie es sich anfühlte, die Arme eines Mannes im Schlaf um sich zu spüren. Aber der Gedanke, dass diese Affäre irgendwann entdeckt werden könnte, hatte sie davon abgehalten.
Massimo, der Vetter ihres verstorbenen Gemahls behielt sie im Auge, immer bedacht darauf, ihr das zu nehmen, was ihr Mann ihr hinterlassen hatte: seinen Warenhandel. Als einziger männlicher Verwandter hatte er erwartet, das Geschäft nach dessen Tod zu erben. Doch ihr geliebter Giovanni hatte andere Pläne gehabt. Er hatte sie immer als das gesehen, was sie war: eine starke und intelligente Frau, die mehr als fähig war, die Führung eines Geschäftes zu übernehmen. Sein Testament hatte dies bestätigt.
Nachdem Massimo nichts geerbt hatte, konnte er nicht aufhören, seine Nase in ihr Privatleben zu stecken. Er hoffte darauf, dort etwas zu finden, das ihren Ruf beschmutzen könnte. Es gab nichts zu finden. So tugendhaft, wie sie vor ihrer Ehe gewesen war, blieb sie auch nach Giovannis Tod. Wenn sie sich auch nur einmal zu etwas Unsittlichem hinreißen ließe, würde Massimo dies gnadenlos gegen sie verwenden. Er würde Gerüchte unter der venezianischen Gesellschaft verbreiten und dafür sorgen, dass diese nicht nur sie, sondern auch ihr Geschäft mieden. Sie kannte seinen Plan genau. Wenn sie erst einmal am Boden zerstört von der feinen Gesellschaft gemieden wurde, würde er ihr das Geschäft für einen Hungerlohn abnehmen.
Nein, niemals durfte sie sich gehen lassen und den Begierden nachgehen, die angefangen hatten, in ihr aufzukochen. Nur eine neue Ehe würde akzeptabel sein. Allerdings war sie seit Giovannis Tod keinem Mann begegnet, den sie auch nur im Entferntesten als Gemahl in Betracht zog.
Und der Schurke, der gerade ihr Haus verlassen hatte? Er war kein Mann, der um die Hand einer anständigen Frau wie ihr anhalten würde. Sie hatte es in seinen Augen gesehen: die Lust, die Leidenschaft, die Hitze. Alles, was er wollte, war, seine fleischlichen Gelüste mit ihr zu befriedigen. Und selbst wenn sie es nicht in seinen Augen gesehen hätte, hatten seine Worte es deutlich gemacht. Er hatte eine Affäre erwartet.
Ihr eigener Körper hätte sie beinahe verraten, als er vor ihr gestanden war. Sie hatte sich in seine Arme werfen wollen, um ihn zu bitten, sie zu Bett zu nehmen, sie unter seinen schönen nackten Körper zu bringen und sie wild zu machen. Seine harte Männlichkeit zu spüren, wie er sie füllte, sie befriedigte. Es hatte all ihrer Kraft bedurft, diesem Wunsch nicht nachzugeben. Ihr bisheriges Leben würde vorbei sein, wenn sie es täte.
Schon dass sie Raphael – oh, was für ein wunderbarer Name – in ihr Haus gelassen und ihn persönlich gepflegt hatte, war zu riskant gewesen. Sie konnte nur hoffen, dass Elisabetta sich ihre Drohung zu Herzen nehmen würde. Adolfo vertraute sie zu hundert Prozent. Er war ihr Verbündeter, der einzige ihrer Diener, der ihr gegenüber vollkommen loyal war. Elisabetta war eine neue Zofe und Isabella hoffte, dass sie von ihr eingeschüchtert war, damit sie es nicht wagte, ihrem strengen Befehl zuwiderzuhandeln. Sie hatte ihre Herkunft gründlich durchforscht, bevor sie sie angestellt hatte. Isabella hatte keine Verbindungen zu Massimo gefunden. Massimo hatte schon genug Spione in ihrem Haushalt.
Jetzt konnte sie nur hoffen, dass kein Wort von dem, was heute Abend in ihrem Haus vorgefallen war, an die Außenwelt gelangte.
5
Isabella
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